Archäologe Zahi Hawass

Sind Ägyptens Kulturschätze sicher vor Zerstörung?

Der Ägyptologe Zahi Hawass am 19.11.2013 in der Nürnberger Ausstellung "Tutanchamun - Sein Grab und die Schätze"
Der ägyptische Archäologe Zahi Hawass sieht die Kulturschätze seines Landes in sicheren Händen. © dpa / picture alliance / Daniel Karmann
Von Thomas Migge · 05.09.2015
Er ist der berühmteste Archäologe Ägyptens: Zahi Hawass hat in Italien sein aktuelles Buch "Magie der Pyramiden" präsentiert. Eine gute Gelegenheit ihn zu fragen, wie sicher die ägyptischen Kulturschätze vor einer Zerstörung durch Islamisten sind.
"Das macht uns alle sehr traurig, das der IS im Irak und in Syrien Kulturgüter zerstört. Die Arabische Liga und die Vereinten Nationen müssen endlich etwas unternehmen, um dieses Vorgehen zu stoppen."
Zahi Hawass präsentierte gestern im toskanischen Cortona sein jüngstes Buch "Magie der Pyramiden, meine archäologischen Abenteuer". Ägyptens bekanntester und wegen seines autokratischen und selbstherrlichen Führungsstils auch umstrittener Altertumsforscher ist oft in Italien: Er pflegt engste Beziehungen zu italienischen Kollegen, die ihm seit Jahrzehnten in seinem Heimatland wissenschaftlich zur Seite stehen.
In der Gunst von Präsident Sisi
Hawass, dessen Einfluss nach dem Sturz des ägyptischen Präsidenten Mubarak zunächst wankte, steht heute wieder in der Gunst des neuen Machthabers Abd al-Fattah as-Sisi. In ihm sieht er den einzigen Garanten für den Schutz der antiken Monumente Ägyptens vor islamistischem Furor:
"Ägypten ist in diesem Punkt heute ein komplett sicheres Land. Wir verfügen jetzt über eine entschiedene Regierung, einen starken Präsidenten, und Ägypten ist das stärkste Land der Region. Das bedeutet, dass unsere historischen Monumente in sicheren Händen sind."
Beschönigt Zahi Hawass die Situation in Ägypten? Oder schätzt er sie richtig ein? Herrscht mit dem sich 2013 an die Macht geputschten Militärchef tatsächlich Ruhe? Anscheinend haben seine Regierung und sein Polizei- und Militärapparat das Land soweit unter Kontrolle, dass islamistische Terrorganisationen bis jetzt keine nennenswerten Anschläge auf antike oder andere Kulturgüter verüben konnten.
"So zwischen 9 und und 9.30 Uhr ist auf einem der Parkplätze, Sie haben es angesprochen, außerhalb des Tempels eine Bombe explodiert, offenbar getragen von einem der Attentäter, offenbar also ein Selbstmordattentäter..."
Vor knapp drei Monaten - wie hier das deutsche Fernsehen berichtete – gab es etwa 500 Meter vom Karnak-Tempel in Luxor ein Attentat bei dem nur die Terroristen selbst umkamen und keine antiken Stätten zu Schaden kamen. Bis jetzt gelingt es der Militärregierung in Kairo den Einfluss islamistischer Gruppierungen wie Al-Kaida und IS bis auf den ägyptischen Sinai beschränkt zu halten, eine Gegend, die wegen ihrer Größe schwer zu kontrollieren ist.
Die Bewachung wurde verstärkt
Hawass: "Nach einem Anschlag wie diesem ist Ägypten noch sicherer als vorher, denn jetzt gibt es ja noch mehr Bewachung."
Ägyptologen bezweifeln das. Vor allem italienische Archäologen, die seit mehr als 150 Jahren in den Museen des Landes und auf Grabungsstätten tätig sind. Wie etwa Giuseppina Capriotti, Ägyptologin an der römischen Hochschule La Sapienza:
"Wir versuchen seit Langem, die ägyptische Kultur zu verstehen. Giovanni Battista Belzoni aus Padua, er starb 1823, war der erste italienische Ägyptologe. In Turin befindet sich das nach Kairo zweitwichtigste ägyptische Museum der Welt. Wie Sie sehen ist Italien dort sehr involviert und wir haben wirklich Angst, dass sich dort eine Art Palmyra wiederholen könnte, nehmen Sie nur die Tempel von Karnak, großflächige Ziele für Attentäter."
Capriotti und ihre italienischen Kollegen sind davon überzeugt, dass Zahi Hawass recht hat wenn er sagt, dass der Mann, der derzeit in Ägypten die Macht hat, das einzige Bollwerk gegen islamistischen Kultur-Wandalismus sei.
Das 1939 in Rom gegründete Nationale Restaurierungsinstitut ist eine Einrichtung, die international Ansehen genießt. Dort werden auch junge Restauratoren aus Ägypten ausgebildet und es gibt eine enge Zusammenarbeit mit dem ägyptischen Institut für Altertümer in Kairo.
Zurückgehender Tourismus als Gefahr
Gisella Capponi ist Direktorin des römischen Restaurierungsinstituts:
"Es ist unser aller Wunsch, dass dort nichts passiert, denn Archäologen aus Italien, aus Deutschland und Großbritannien haben in Ägypten Herkulesaufgaben bewältigt und immer noch alle Hände voll zu tun. Seit einiger Zeit bricht der Tourismus weg. Und damit eine der Haupteinnahmequellen des Landes. Deshalb befürchten wir, dass die Regierung weniger Geld zum Erhalt und zum Schutz der vielen Kulturgüter bereitstellen könnte. Das wäre verheerend für die Sicherheit der Monumente."
Doch Zahi Hawass wischte solche Bedenken in Cortona mit einer ausladenden Armbewegung vom Tisch. Auf Italienisch sagte er:
"L'Egitto è sicuro!, dovete credermi!" - "Ägypten ist sicher, Ihr müsst es mir glauben!"
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