Aquakultur: Futter auf Tauchgang

Von Udo Pollmer · 03.05.2009
Argwöhnisch beobachten viele Menschen die Aquakultur. Schließlich werden hier viele Tiere auf engem Raum gehalten, was den Einsatz von Medikamenten erfordert. Dazu kommen die Umweltschäden, insbesondere wenn auch noch wertvolles Fischmehl verfüttert wird. Ein aktuelles Forschungsprojekt aus Baden-Württemberg soll nun die Aquakultur umweltfreundlicher machen.
Wo setzen die schwäbischen Forscher an? Als sparsame Menschen natürlich beim Futter. Inzwischen ist es ja gelungen, die Nährstoffgehalte und die Verdaulichkeit so zu verbessern, dass die Ausscheidungen minimiert werden konnten. Das aktuelle Ziel der Forscher ist ein stabiler und schwimmfähiger Kot. In sogenannten Kreislaufanlagen, in denen die Fische in geschlossenen Systemen gemästet werden, ist es notwendig, den Kot der Tiere mit Filteranlagen abzutrennen. Da sich dieser im Wasser gleichmäßig verteilt, ist das Abfiltrieren mit erheblichem Aufwand verbunden. Aber wenn der Kot zusammenhält und auch noch oben auf schwimmt, geht das alles viel effektiver. Die mechanischen Eigenschaften von Forellendung lassen sich inzwischen mit dem Zusatzstoff Guarkernmehl verbessern, so dass die Behörden den Zusatzstoff den Fischmästern empfohlen haben. An der Schwimmfähigkeit wird derzeit mit Hochdruck gearbeitet.

Gibt das nicht Probleme mit dem Futter, das ja auch im Wasser schwimmt? Natürlich. Und deshalb arbeiten andere Experten daran, wie man das Futter zum Abtauchen kriegt. Denn nicht alle Fische schnappen sich die Pellets von der Wasseroberfläche. Bei Käfig- oder Netzhaltungen besteht die Gefahr, dass sich an der Wasseroberfläche vor allem die Möwen bedienen. Als "Taucherausrüstung" für die Futterpellets hat sich eine kompaktere Struktur und eine hydrophile Oberfläche bewährt.

Es heißt ja immer, die Tiere in den Aquakulturen würden mit Fischmehl gemästet? Ist das nicht eine Verschwendung? Als Deutsche sollten wir da ausnahmsweise etwas bescheidener sein, schließlich war es unsere Idee, wertvolles Tiermehl in Flammen aufgehen zu lassen – aus der irrationalen Angst, davon BSE zu bekommen. Natürlich suchen auch die Betreiber von Aquakulturen nach nahrhaften und zugleich billigen Rohstoffen. Hier finden nicht nur die Abfälle der Fischverarbeiter, sondern auch der Geflügelindustrie reges Interesse. Denken Sie nur an Federmehl. Das liefert Eiweiß. Ein ganz wichtiger Nährstoff ist Hühnermist. Er hat sich vor allem bei den immer beliebteren Tilapien – einer Buntbarschart - bewährt, die ja als Pflanzenfresser mit so was gut zurechtkommen. Etwas überspitzt formuliert: Das Fischmehl wird dem Hühnerfutter beigemischt und erst das Resultat zum Fischefüttern verwendet.

Wie macht man mit den Ausscheidungen der Fische Kohle? In der Shrimpsmast! In Südostasien hat die Produktion von Black-Tiger-Shrimps durch einen neuen Krankheitserreger namens Vibrio harveyi schwer gelitten – vermutlich eine Folge der teilweise extremen Produktionsbedingungen. Inzwischen hat man das Problem gelöst: Es zeigte sich, dass das Abwasser aus Tilapienteichen in Shrimpsfarmen Wunder wirkt. Seither hängt man einfach Käfige mit Tilapien in die Shrimpsteiche. Ihre Ausscheidungen halten den Krankheitserreger in Schach! Zudem sorgen die Fische für eine bessere Wasserqualität, weil sie auch Shrimpskot und herumschwirrendes Shrimpsfutter fressen.

Da lob ich mir den Biofisch. In Asien gilt die genannte Methode als "grüne" Aquakultur und wird auch für Ökofisch praktiziert. Dann allerdings muss auch der Dünger von Biohennen kommen. Wir dürfen nicht vergessen: Durch den Hühnermist verbessert sich die Ökobilanz der Aquakultur enorm. Qualitativ sind die Produkte völlig in Ordnung, wenn die Tiere gesund sind und in geeigneter Weise geschlachtet, transportiert und gelagert werden.

Zum Abschluss: Wird sich die Aquakultur durchsetzen? Auf lange Sicht bleibt uns nichts anderes übrig, wenn die Menschheit mehr Fisch essen will. Dazu ist es allerdings auch notwendig, Futtermittel zu verwenden, die keine Nahrungskonkurrenz für den Menschen darstellen. Dies ist bei den Tilapien zweifelsfrei gelungen. Ansonsten ist es wie bei Fleisch und Wurst, da setzen wir ja auch auf Mastanlagen. Wer Appetit auf Braten oder Wiener Würstchen hat geht zum Metzger, und rennt nicht in die städtischen Grünanlagen, um sich ein Karnickel zu schießen.

Literatur:
Pressetext pte/26.03.2009: Schimmender Fischkot macht Aquakulturen umweltfreundlicher. Forscher arbeiten an innovativen Futterzusätzen.
Brinker A: Improving the mechanical characteristics of fecal waste in rainbow trout. Aquaculture Nutrition 2009; 15: early view.
Ewos Ltd.: A method for improving the sinkability of fish food pellets. WO 98/33393
Li K et al: Replacing fish meal with rendered animal protein ingredients in diets for malabar grouper, Epinephelus malabaricus, reared in net pens. Journal of the World Aquaculture Society 2009; 40: 67-75
Cruz PS et al: Tilapia-shrimp polyculture in Negros Island, Philippines: A Review. Journal of the World Aquaculture Society 2008; 39: 713-725
Milstein A et al: Culture of organic tilapia to market size in periphytonbased ponds with reduced feed inputs. Aquaculture Research 2009; 40: 55-59