App "Map of Life"

50 Säugetiere und 222 Vogelarten im Umkreis

Ein Mann schaut auf das Display eines Smartphones.
Per Handy mehr über die Natur in der Umgebung erfahren: Die App "Map of Life" macht's möglich. © picture alliance / dpa
Von Marko Pauli · 10.03.2016
Ein digitales Bestimmungsbuch, das über Tiere und Pflanzen Auskunft gibt - wo auch immer man sich aufhält: Die App "Map of Life" zeigt an, was rund um den eigenen Standort kreucht und fleucht. Die Nutzer können sogar die Wissenschaft voran bringen.
Ich stehe in einem Park in Hamburg und möchte wissen, was für Tiere es hier gibt. Mein Standort lässt sich mit der App automatisch ermitteln – mach ich nur ungern, aber wie soll's sonst gehen - und da wird mir auch schon eine Liste angezeigt: Da steht unter anderem, dass es hier 50 Säugetiere, 29 Hummeln, 75 Schmetterlinge und sage und schreibe 222 Vogelarten geben soll. Wenn ich mich hier im Park umschaue, seh' ich bloß eine Taube. Der Biologe Walter Jetz, deutscher Professor an der Uni Yale in Connecticut, ist Leiter des „Map of Life“-Teams.
"Wenn man jetzt drauf schaut, welche Arten gibt's um mich rum, ist die Aussage für einen 50-Kilometer-Radius, das heißt, die Arten die man angezeigt bekommt, die würde man nicht unbedingt um sich herum sehen. In einer Straßenschlucht zum Beispiel würde man keine Enten im 100 Meter Umkreis erwarten."
Der 50-Kilometer-Radius um Hamburg reicht im Westen beinahe bis zur Elbmündung und im Osten bis in die Holsteinische Schweiz. Zu jeder der hier vorkommenden Tierarten gibt es einen Steckbrief mit Informationen und Fotos. Aus den fünf Taubenarten, die laut App im Umkreis herumfliegen, identifiziere ich auch jene, die da vorhin auf dem Ast saß: die typische Stadttaube, die eigentlich "Felsentaube" heißt.
Sie gehöre zu den erfolgreichsten Vögeln der Erde, steht hier, und ist abgesehen von Arktis und Antarktis weltweit verbreitet. Wenn da jetzt ein Vogel wäre, den ich nicht kenne, dann müsste ich tatsächlich alle 222 Vogel-Steckbriefe durchblättern um herauszufinden, was das für einer ist. Das soll mit dem geplanten Update der App einfacher werden, sagt Walter Jetz.
"Die nächsten Schritte, die wir einbauen werden: ein noch kleinerer Radius. Da würden Satellitenkarten noch mit reingenommen: Okay, du stehst mitten in der Stadt, es gibt kein Wasser um dich rum. Sehr schnell würde da ein Filter passieren, der die zu erwarteten Arten noch präziser macht, dort wo man steht."

Ein Weg, der Jugend die Natur näher zu bringen?

Die App ist auf dem Weg zum digitalen Bestimmungsbuch, das in Zukunft über Tiere und Pflanzen Auskunft geben soll - wo auch immer man sich aufhält.
"In Deutschland gibt's nicht so große Unterschiede, aber das ist auf jeden Fall der Fall, wenn man jetzt woanders hingeht. Speziell in den Tropen, wo es hunderte von Arten gibt, die innerhalb von ein paar hundert Kilometern sich völlig austauschen."
Klickt man sich innerhalb der App in einen der Hotspots der Biodiversität nahe des Äquators in Afrika werden 715 Vogelarten angezeigt. Apps wie die Map of Life seien vielleicht ein Weg, der Handy-vernarrten Jugend die Natur näherzubringen.
"Wenn man was Schönes sieht, das ist gut, aber wenn man noch sagt: Ah, das ist das, man kann mehr drüber lernen, man sieht die Karte: Wo kommt das sonst noch vor, das Tier oder Pflanze, das stellt eine besondere Verbindung her."

Nutzer werden zu Citizen Scientists

Die Map-of-Life-App ist in Zusammenarbeit mit der Frankfurter Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung entstanden. Jedes Mal, wenn über sie berichtet wird, gibt es einen sprunghaften Anstieg der Downloads und einige der neuen Nutzer verwenden dann auch die Funktion, des Einreichens von Beobachtungen von Arten.
"Wir waren zum Beispiel in Al Jazeera Global News und plötzlich hatten wir zehntausende von Leuten in Indonesien und Südasien, die angefangen haben, zu schauen, was gibt's um mich herum. Und wir haben für einige Arten Identifizierungen bekommen, die die ersten oder zweiten Beobachten sind überhaupt für die Art. Die Arten sind zwar beschrieben, und man weiß ungefähr, wo sie vorkommen, aber es fehlt noch an diesen genauen Punktdaten, wo jemand wirklich gesagt hat: Die Art ist hier, ich hab sie hier gesehen."
So werden die Nutzer zu sogenannten Citizen Scientists, die mit ihren Beobachtungen zu wichtigen wissenschaftlichen Erkenntnissen beitragen können. Ob ich die Taube von vorhin melden soll?
Mehr zum Thema