Anya Steiner: "Mutter, Spender, Kind"

Ratgeber für Single-Frauen mit Kinderwunsch

Eine Samenprobe wird am 06.02.2013 im Zentrum für Reproduktionsmedizin in Münster (Nordrhein-Westfalen) gezeigt.
Es gibt diverse Modelle, wenn sich Frauen für einen Samenspender als Kindesvater entscheiden. © picture alliance / dpa / Friso Gentsch
Von Susanne Billig · 25.03.2015
In "Mutter, Spender, Kind" liefert Anya Steiner Berichte von Single-Frauen, die Kinder mithilfe einer Samenspende zur Welt gebracht haben. Die Autorin gibt auch medizinischen oder pädagogischen Rat, nur die Kinder kommen leider nicht zu Wort.
Auf einmal ist sie Ende 30, die letzte Liebe ging in die Brüche, weit und breit zeigt sich kein Mann (oder keine Frau) für eine Familiengründung. In ihrem Buch "Mutter, Spender, Kind" stellt Anya Steiner Singlefrauen vor, die sich auf moderne Weise zu helfen wussten – per Samenspende.
Fast immer geht der künstlichen Zeugung eine lange Phase sorgfältigen Nachdenkens voraus: Die Frauen suchen Lektüre, sprechen mit Freundinnen, surfen nächtelang durchs Internet, bevor sie sich für einen Samenspender als Kindesvater entscheiden. Denn es gibt diverse Modelle: Viele der Frauen reisen nach Belgien, da sich in Deutschland nur wenige Ärzte gegen ihre Berufsordnung stellen, die eine künstliche Insemination alleinstehender Frauen untersagt und der Zugang zur Samenspende in den Niederlanden schwierig geworden ist. Andere suchen privat nach einem Spender, der sich väterlich einbringt oder es gegen Geld tut oder auch nicht – die Varianten sind zahlreich. Manche Frauen geben es nach zermürbenden Hormonbehandlungen schließlich auf, nehmen ein Kind in Pflege oder freuen sich über Besuche der Nachbarskinder.
Zwischen den Erfahrungsberichten erklärt die Autorin medizinische Verfahren und die rechtliche Situation und gibt pädagogischen Rat, wie Kinder über ihre Zeugungsumstände aufgeklärt werden sollten. Denn nicht immer funktionieren die Konstruktionen reibungslos. Während viele Kinder sich offenbar klaglos in ihrer Situation zurechtfinden, stellen sich andere quer. Ein kleines Mädchen konnte kaum sprechen, als sie sich auf das Wort "Papa" kaprizierte. Überall sucht sie ihren Vater, umarmt auf der Straße wildfremde Männer und spricht im Kita-Alter ihre Mutter konsequent als "Papa" an.
Erwachsene kreisen einsam um ihre Sehnsüchte
Gern hätte man von solchen Schmerzpunkten mehr gelesen als erwachsene Leserin, die durchaus weiß, dass alle Familienmodelle punktuell schmerzbehaftet sind. Doch die Autorin, selbst alleinstehende Mutter eines Samenspende-Kindes, bleibt optimistisch. Genau darin besteht auch das Manko ihres Buches: Außer den betroffenen Frauen kommt fast niemand zu Wort. Die aus Spendersamen gezeugten Kinder der Single-Mütter seien noch zu klein für Interviews, erklärt die Autorin im Nachwort, die Schlagseite ihres Buches wohl erkennend. Doch ist das wirklich wahr? Es gibt sie doch längst – auch im jugendlichen und jungen Erwachsenenalter – die Kinder aus Samenspenden, die Kinder mit Vater und ohne Papa, mit Mama und Mutti, mit Papa und Papi und Co-Erziehenden aller Art. Haben die alle nichts zu erzählen, was für ein solches Buch relevant gewesen wäre?
So lässt "Mutter, Spender, Kind", bei aller Sympathie für unorthodoxe Familienmodelle und so gut es sich als Ratgeber für Single-Mütter mit Kinderwunsch eignen mag, unwillentlich doch auch die traurigen Seiten der modernen Zeugungsarrangements erkennen: Einsam kreisen die Erwachsenen um ihre Sehnsüchte und Wünsche und versäumen es, denen genau ins Gesicht zu sehen, die es in erster Linie angeht: ihren Kindern!
Anya Steiner: Mutter, Spender, Kind - Wenn Singlefrauen Familien gründen
Christoph Links Verlag, Berlin 2015
222 Seiten, 16,90 Euro

Mehr zum Thema