Anwesenheitspflicht im Büro trotz Corona

"Viele Arbeitgeber handeln strafbar"

08:22 Minuten
Zwei Arbeitnehmer mit Mundschutz, die während der Pandemie im Büro am Schreibtisch arbeiten.
Ihrer Erfahrung nach sei die häufigste Begründung für eine Anwesenheitspflicht im Büro, dass Vorgesetzte nicht glauben, dass zu Hause tatsächlich gearbeitet werde, sagt Laura Sophie Dornheim. © Getty Images / Digital Vision / Luis Alvarez
Laura Sophie Dornheim im Gespräch mit Dieter Kassel · 07.01.2021
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Arbeitgeber sind angehalten, die Belegschaft ins Homeoffice zu schicken, doch eine Pflicht dazu besteht nicht. Die Grünen-Politikerin Laura Sophie Dornheim ist damit nicht einverstanden: Viele Unternehmen vernachlässigten gerade ihre Fürsorgepflicht.
Wer kann, soll laut aktueller Corona-Verordnung der Bundesländer möglichst ausschließlich im Homeoffice arbeiten. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind dazu angehalten, Möglichkeiten für das Arbeiten zu Hause zu schaffen.
Das ist aber kein Muss. "Ich habe das Gefühl, das alles, was Privat-, Sozialleben oder Kultur ist, total heruntergeschnitten und sanktioniert wird. Und alles, was Arbeit und Wirtschaft ist, darf eigentlich mehr oder weniger fröhlich weiter vor sich hinmachen", sagt die Grünen-Politikerin Laura Sophie Dornheim, die hauptberuflich als Managerin eines Tech-Unternehmens tätig ist.

Kontrollwahn und Präsenzpflicht

Ihrer Erfahrung nach sei die häufigste Begründung für eine Anwesenheitspflicht im Büro, dass Vorgesetzte nicht glaubten, dass zu Hause tatsächlich gearbeitet werde. "Unser Vorgesetzter hält Homeoffice für Urlaub", zitiert Dornheim einen Satz, den sie immer wieder hört. Auch erhöhte Kosten für Fernzugänge sowie die Vermeidung leerstehender Büroräume werden ihr zufolge als Gründe gegen das Homeoffice angeführt.
Laura Sophie Dornheim ist Gast in einer Talkshow im Jahr 2012 in Hamburg.
Laura Sophie Dornheim war zunächst bei den Piraten politisch aktiv, bevor sie den Grünen beitrat.© picture alliance / radio tele nord / Patrick Becher
Die Grünen-Politikerin, die sich im September um ein Bundestagsmandat bewirbt, spricht von einem "Beharren auf der Präsenzpflicht". Dennoch findet sie es auch verständlich, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einer Anwesenheit im Büro das derzeit stark eingeschränkte Privatleben kompensieren wollten.
"Wenn ich mich nicht einmal mehr mit jemandem zum Kaffeetrinken treffen darf, außer auf einem Spaziergang, dann habe ich total Verständnis dafür, wenn das die einzige Möglichkeit ist, andere Gesichter zu sehen", sagt Dornheim. Genauso verstehe sie Eltern, die lieber ins Büro führen als zu Hause mit Job und Kinderbetreuung durchzudrehen.

Sanktionen für uneinsichtige Arbeitgeber

Dornheim versteht aber nicht, warum Restaurants mit bis zu 10.000 Euro Bußgeld rechnen müssen, wenn sie öffnen, Arbeitgebern aber keine Strafen drohen, wenn sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ins Großraumbüro zitieren. "Einerseits steckt dahinter das Hochpriorisieren von wirtschaftlicher Tätigkeit, andererseits steht es in Behörden und Verwaltungen aus technischen und kulturellen Gründen derzeit nicht zum Besten", so die 37-Jährige, die zu Beginn ihrer politischen Karriere in der Piratenpartei aktiv war.
Schon lange gebe es politische Forderungen, das Recht auf Homeoffice durchzusetzen, betont sie: "Die Regierung bremst das aber immer ab." So werde der deutsche "Kontrollwahn" und das "absolut mangelnde Vertrauen" in die Mitarbeiter zementiert.
Wenn die Chefetage auf Anwesenheit im Büro bestehe, müsse es Sanktionen geben, fordert Dornheim. "Viele Arbeitgeber handeln strafbar, weil sie ihre Fürsorgepflicht den Mitarbeitern gegenüber vernachlässigen." Und eine Straftat anzuzeigen sei kein Denunziantentum. Wenn es keine anderweitigen Vorgaben aus der Politik gebe, sehe sie derzeit keinen anderen Weg als diesen.
(lsc)
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