Anwältin: Einbürgerungstest schließt Menschen ohne Bildung aus

16.06.2008
Bei dem ab September geltenden, bundeseinheitlichen Einbürgerungstest haben Menschen mit niedrigem Bildungsniveau nach Ansicht der Anwältin für Ausländerrecht, Ilkur Baysu, keine Chance. Sie halte es für problematisch, die Staatsbürgerschaft an intellektuelle Fähigkeiten zu koppeln.
Um ein politisches System zu verstehen, müsse man abstrahieren können und eine gewisse Bildung haben, sagte Baysu im Deutschlandradio Kultur. Ungebildete, Ältere oder Frauen seien dazu aber oft nicht in der Lage: "Menschen, die keinen Grundschulabschluss haben, die gerade mit 'Ach und Krach' lesen können - für die ist eine Einbürgerung bei diesen Voraussetzungen eigentlich ausgeschlossen."

Deutschkenntnisse sollten Voraussetzung für eine Einbürgerung bleiben, sagte die Anwältin. Es gebe jedoch Beispiele von Menschen, die Deutsch sprächen, im alltäglichen Leben zurecht kämen, denen es aber dennoch an der Fähigkeit mangele für einen derartigen Test zu lernen. Die Frage sei jedoch: "Warum soll ein Analphabet nicht Deutscher werden können?""

Baysu sprach sich für ein flexibles Vorgehen aus. Die Fragen des Einbürgerungstests seien sinnvoll für Menschen, "die das intellektuelle Zeug dazu haben". Man solle aber "im individuellen Fall schauen, ob ein Mensch, der diesen Test nicht bestanden hat, nicht vielleicht trotzdem eingebürgert werden kann, weil die sonstigen Umstände stimmen". Denn möglicherweise sei jemand nicht deswegen durchgefallen "weil er nicht willig ist, die deutsche Gesellschaftsordnung und das Rechtssystem zu kennen, sondern einfach weil er dazu intellektuell nicht fähig ist".

Das vollständige Interview mit Ilkur Baysu können Sie mindestens bis zum 16. November 2008 in unserem Audio-on-demand-Angebot nachhören. ( MP3-Audio )