Anke Stelling: "Freddie und die Bändigung des Bösen"

Halte Dich an Deinen Freunden fest

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Das Bild zeigt das Cover des neuen Buchs von Anke Stelling. Es heißt "Freddie und die Bändigung des Bösen".
Der neue Roman von Anke Stelling ist ein großartiges Stück Jugendliteratur für alle, die sich mit dem Thema Freundschaft auseinander setzen wollen. © cbj Kinderbücher / Deutschlandradio
Von Kim Kindermann  · 10.03.2020
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Was macht eine guten Freund aus? Freddie hält immer, wirklich immer zu Mattis und muss deshalb oft dessen Schandtaten ausbaden. Ist das richtig? Anke Stelling hat einen starken Jugendroman über Identität, Solidarität und Freundschaft geschrieben.
Freddie will vor allem eins: ein guter Freund sein! Und macht es deswegen allen immer recht: seiner alleinerziehenden Mutter, seinem Vater und dessen neuer Frau. Und vor allem seinem Freund Mattis.
Den kennt er seit der Kita und seitdem sind die beiden dicke Freunde, machen alles zusammen, sehen sich jeden Tag, gehen in eine Klasse. Weil aber Mattis mit seiner großen Klappe und seinen schrägen und frechen Ideen oft für Ärger sorgt, ist Freddie fast ausschließlich damit beschäftigt, Mattis Unsinn und seine Gemeinheiten auszubügeln.

Dafür hat man doch Freunde?

Oft denkt Freddie sogar schon im Voraus darüber nach, was schief laufen könnte, beschwichtigt oder übernimmt anstelle von Mattis die Verantwortung. Denn Mattis darf auf keinen Fall von der Schule fliegen. Das wäre das Schlimmste, glaubt Freddie.
Mattis wiederum hält das alles für selbstverständlich. Er bemerkt Freddies Bemühungen noch nicht mal wirklich oder will sie gar nicht bemerken. Warum auch? Mit seiner Tour kommt er bei den anderen Kids gut an, weil viele seine Frechheit mit Coolness und Lässigkeit verwechseln. Und tatsächlich hat Mattis oft auch die tollsten Ideen und feiert die besten Partys. Warum also aufregen? Läuft doch.

Die Frage nach Identität

Anke Stelling hat einen großartigen, berührenden Roman für Kinder ab 8 Jahre geschrieben. Ein Buch, das einen lange nicht loslässt.
Geschickt vermengt die Berliner Autorin die Gefühlslage des anfangs noch elfjährigen Freddies mit den Fragen nach Identität, nach Solidarität und der Frage nach Freundschaft. Wo fängt was an, wo hört was auf? Ist Mattis wirklich böse? Und warum springt Freddie ihm immer wieder bei?
Das beobachtet die Autorin sehr fein und genau, sie trifft perfekt den Ton und legt den Finger in jede Wunde, wirklich jede. Man verzweifelt förmlich an Freddies Art, und liebt ihn gleichzeitig dafür, weil er treu ist, im besten Sinne.

Eine allwissende Erzählerin

Erzählt ist das alles aus der Perspektive der allwissenden Erzählerin, die sich mitunter auch ganz konkret in ihre Geschichte einmischt.
Am Anfang etwa fragt die Erzählerin Mattis, was er an Freddie mag ("Was weiß ich, keine Ahnung!", so dessen flapsige Antwort). Oder sie taucht in Momenten auf, in denen etwas ganz blöd läuft - und man Freddie schütteln möchte, aus Unglauben über seine, ja was, Naivität?
Ein kluger Zug, denn oft stellt Stelling genau die Fragen, die man selbst beim Lesen hat. Zugleich lässt sie die Geschichte aber weiter laufen, ändert sie nicht, auch nicht zu Gunsten Freddies. Und macht damit deutlich: Niemand kann Gefühle eines anderes von außen steuern. Erst wenn Freddie sich entscheidet, ist es vorbei.
Halt Dich an Deiner Liebe fest, singt Rio Reiser. Und ein bisschen ist das auch so bei Freddie: Er hält an Mattis fest. Egal, was alle anderen sagen. Er hält fest.
"Er ist mein Freund", sagt Freddie. "Und ich mag ihn." So einfach ist das. Und so schwer.

Anke Stelling: "Freddie und die Bändigung des Bösen"
cbj, München 2020
256 Seiten, 13 Euro

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