Andres Veiel über Uwe Bolls Hanau-Film

"Er will Provokation durch blutrünstiges Abbilden"

10:10 Minuten
Regisseur Uwe Boll hat eine Strickmütze auf und zeigt die Handflächen.
Regisseur Uwe Boll behauptet, mit seinem Film über die Morde von Hanau zur Aufklärung beitragen zu wollen. © picture alliance / dpa / Privat
Andres Veiel im Gespräch mit Vladimir Balzer · 16.03.2021
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Uwe Boll bekam bereits die "Goldene Himbeere" als schlechtester Regisseur für sein Lebenswerk. Jetzt hat er einen Film über die rassistischen Morde von Hanau gedreht. Keine gute Idee, meint Filmemacher Andres Veiel.
Uwe Boll ist ein äußerst umstrittener Filmemacher. Seine Trash-Filme beschäftigen sich ausgiebig mit Gewalt, Krieg und Horror. Der von einigen als "schlechtester Regisseur aller Zeiten" bezeichnete 55-Jährige schreckt dabei vor expliziten Szenen nicht zurück.
Und nun also Hanau. Bolls neuer Film beschäftigt sich mit dem rassistischen Anschlag vom 19. Februar 2020, bei dem neun Menschen getötet wurden, bevor der Täter erst seine Mutter und dann sich selbst erschoss. Der Film sei fertig gedreht, ließ Boll verlauten.

Ein Brief der Hinterbliebenen

Auch ein offener Brief der Familien der Anschlagsopfer konnte den Regisseur nicht dazu bringen, von seinem Vorhaben abzulassen. Er wolle mit dem Film zur Aufklärung der Ereignisse beitragen, so Boll, aber die Hinterbliebenen sollten ihn sich besser nicht ansehen.
"Eine Gewalttat einfach noch mal abzubilden in ihrer ganzen Grausamkeit und Obszönität, hat überhaupt nichts Aufklärerisches", widerspricht Andres Veiel.
Der Regisseur Andres Veiel schaut nachdenklich.
Andres Veiel glaubt nicht an die aufklärende Wirkung schockierender Bilder.© Imago / Reiner Zensen
Auch Veiel hat sich in seinem Film "Der Kick" mit rassistischer Gewalt beschäftigt. "Wir haben uns für ein komplettes Abbildungsverbot entschieden. Wir wollten keinerlei Bilder der Tat zeigen."
Aber man müsse Fragen zu der Tat haben: "Was hat eigentlich den Täter dazu gebracht, diese Tat zu begehen? Inwieweit war es sein Umfeld? Inwieweit war es Social Media? Was hat diese Tat genährt?"

Billig und brutal

Dazu muss man recherchieren, sagt Veiel und das brauche Zeit: "Dann kann ich vielleicht irgendwann versuchen, in ein, zwei, drei, vier Jahren mit Angehörigen zu sprechen." Aber diesen Anlauf spare sich Boll, meint Veiel, und gehe direkt aufs Ziel: "Er will genau diese Art von Provokation durch ein billiges, brutales, blutrünstiges Abbilden."
Dadurch könnte solch ein Film neue Gewalt hervorbringen: "Meistens haben solche Täter ja selbst Bilder, auf die sie sich beziehen. Es ist auf eine zynische Weise Lernen am Modell." Mit Schockwirkung sei keine Aufklärung zu erzielen, betont Veiel: "Letztlich erreicht man nichts anderes, als dass die Leute nicht weiter nachdenken."
(beb)
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