Am liebsten a capella

Von Sigrid Brinkmann · 14.08.2009
Die Bandbreite reicht von "Halleluja" bis "Hungriges Herz" von Mia: Der Cottbuser Chor "PopKon" interpretiert verschiedenste Stücke - und zwar am liebsten ohne begleitende Instrumente.
Die Choristen stehen im Kreis, manche barfuß oder auf Socken. Luft wird gepumpt und zischelnd der Start einer Rakete und ihr Zerplatzen nachgeahmt. "Warum musste ich mir auf den Finger hauen?", ruft Ilja Panzer in die Runde und lässt die Sänger lautstark Silben heulen. Danach erst dürfen sie wirklich loslegen.

Ilja Panzer: "I’ll see you when you get there, if you wanna get there, I’ll see you. Sehr gut. Jeder sucht sich einen Partner - 5,4,3,2,1 (Lachen). "

"Es gibt ab und zu mal eine Wunschliste, aber ich habe natürlich schon so meinen Plan, was ich für Stücke haben möchte: so erdige, die ganz großen Sound aufspannen und nicht nur so Plänkel-Plänkel-Pop. Aber die Bandbreite ist vielfältig."

Ilja Panzer leitet den Chor seit vier Jahren. Sein Verstand hat ihm diktiert: Studier ein Fach, das dir finanzielle Unabhängigkeit sichert. Er will Physiker werden und macht nebenbei Musik, obwohl er das Musizieren als "Hauptsache" seines Lebens empfindet. In diesem Jahr war sein Chor schon mehrfach zu regionalen Festivals eingeladen. "PopKon" tritt auch bei Dorffesten auf, spielt auf Geburtstags- und Hochzeitsfeiern oder gibt Hauskonzerte. Iris singt im Sopran. Sie gehört zu den Gründungsmitgliedern.

"Also mir gefällt am besten, wenn wir Popsongs singen in dieser A-capella-Version – wo ein Wiedererkennungswert da ist, das finde ich sehr interessant, zum Beispiel unsere Engel-Version, die ja viele auch von Scala kennen […] oder 'Purple Rain', 'Komplimente', 'Hungriges Herz'"."

Ilja: ""Ich wollte dir nur mal eben sagen, dass du das – und weg – Größte für mich bist!"

Anja unterrichtet Mathematik und Englisch an einer Berufsschule. Das Singen ist als Ausgleich zur Arbeit für sie wichtig geworden.

"Ich war damals noch Schulleiterin, hatte ein Bewerbungsgespräch und einen ganz schönen Mann bei mir im Büro und der redete und redete. Und so schönen Männern hört man ja gern zu und der sprach die ganze Zeit über Musik und da sagte ich: Ach, ich würde ja auch gern singen, und da hat er mich auf diesen Chor gebracht. Und dann bin ich auch tatsächlich hingegangen, habe bei Ilja vorgesungen und bin total glücklich, dass ich das so gemacht habe."

Ilja: "‚Lift your head up high’ machen wir als nächstes, ok?. Könnt Ihr vorher ein bisschen den Groove machen, damit wir zusammen sind"

"Inzwischen sind wir so, dass wir kleine Trüppchen bilden und Extraübungen machen","

sagt Sören Petow. Er ist 37 Jahre alt. Der biologisch-technische Assistent singt im Bass. Zu seinen Favoriten gehört das Lied "Halleluja".

Sören: ""Das liegt mir sehr am Herzen, weil das eine große Bandbreite an Emotionen beinhaltet. Das ist natürlich nicht ganz einfach, weil es nicht reicht vom Kopf her zu sagen: Hier muss ich sanft singen, hier muss ich traurig singen. Der effektivste Weg ist eigentlich, tief in einem die Emotion zu aktivieren und das versuchen nach außen zu bringen. Das bringt viel mehr, als wenn man vom Kopf sagt: Hier ist die Stimme so, und dort ist die Stimme so."

"Halleluja" wird geprobt, "Purple Rain", "Hungriges Herz", ein Stück aus dem Musical "Der König der Löwen" und noch mehr. Die Arme greifen aus, ständig werden Plätze gewechselt. Dass ein Sopran neben einem Bass singen muss, schärft das Ohr.

Ilja: "Vor zwei Jahren habe ich mir gesagt: Das reicht, ich möchte nicht immer nur spielen und parallel winken müssen und den Chor animieren. Deswegen lassen wir das mit dem Klavier weg, und jetzt haben wir fast nur noch A-capella-Titel im Programm. Ja, es ist ein bissel mehr Arbeit, ein ordentliches Stück."

Eine wichtige Etappe auf dem steilen Erfolgsweg hat "PopKon" im Mai genommen: Der Chor trat im dänischen Aarhus auf, wo das größte Chorfestival Skandinaviens stattfindet, und geht 2010 ins Rennen um einen wichtigen Titel. Dann findet in Dortmund der Deutsche Chorwettbewerb statt. Auf "PopKon" wartet die große Bühne.

Immer mehr Menschen in Deutschland singen im Chor. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Chorverbände (ADC) stellt Deutschlandradio Kultur jeden Freitag um 10:50 Uhr im Profil Laienchöre aus der ganzen Republik vor: Im "Chor der Woche" sollen nicht die großen, bekannten Chöre im Vordergrund stehen, sondern die Vielfalt der "normalen" Chöre in allen Teilen unseres Landes: mit Sängern und Sängerinnen jeden Alters, mit allen Variationen des Repertoires, ob geistlich oder weltlich, ob klassisch oder Pop, Gospel oder Jazz und in jeder Formation und Größe.