Altkanzler Schröder wird 75

"Ich wollte immer meine eigene Situation verbessern"

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Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) ist bei der "Cinema for Peace Gala" der Berlinale im Februar 2019
Altkanzler in Feierlaune: Gerhard Schröder (SPD) lässt sich bei der "Cinema for Peace Gala" der Berlinale im Februar 2019 sehen. © Britta Pedersen / dpa
Von Katrin Brand · 07.04.2019
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Von den Deutschen verlangte er mehr Eigenverantwortung und proklamierte die Agenda 2010. Heute ist Altkanzler Schröder zum fünften Mal verheiratet, pflegt seine Freundschaft zum russischen Präsident Putin und ärgert die SPD mit seinen Kommentaren.
Da, ein Ball auf saftig grünem Rasen. Ein Fernsehteam hat ihn da hingelegt. Gerhard Schröder kann es nicht lassen: "Pass auf! Das war 'ne Flanke für'n Kopfball."
Da ist er wieder, der junge Fußballer: schnell, kopfballstark, Kampfname "Acker". Auf dem Platz ist nicht wichtig, dass der Junge aus einer bitterarmen Familie kommt und seinen Vater nie gesehen hat.
"Meine Mutter hat uns sehr liebevoll allein aufgezogen, obwohl sie wegen Arbeit – sie hat lange als Putzfrau gearbeitet – nur wenig Zeit hatte. Wir waren also sehr früh auf uns selbst angewiesen."

"Meine eigene Situation verbessern"

Die Familie lebt auf dem Land, im Nordosten des heutigen Nordrhein-Westfalen. Gerd, der am 7. April 1944 auf die Welt kommt, lernt Kaufmann, macht sein Abi nach, studiert, wird Rechtsanwalt. Und verspricht Mutter Erika: "Vielleicht schaffe ich das dann noch, dass ich dich mal mit 'nem Mercedes abholen kann."
Was ihn antreibt?
"Ich wollte immer meine eigene Situation verbessern, vor allen Dingen über Bildung und über Wissen. Aber ich wollte es eben nicht nur für mich, ich wollte es auch für andere. Und deshalb bin ich zur Politik gegangen."
In die SPD. Schröder hat Spaß an der Macht. Er wird Abgeordneter, er rüttelt am Zaun des Kanzleramtes: "Ich will da rein." Aber da sitzt Helmut Kohl jahrelang. Schröder macht einen Umweg und wird Ministerpräsident in Niedersachsen.
"Ich habe nie gesagt, dass das einfach ist mit den Grünen in Niedersachsen zu regieren. Aber wenn es einfach wäre, könnte es ja auch ein anderer machen."
Selbstbewusst, laut und schlagfertig, so fasziniert er die Medien. Und immer hat er die passende kluge Frau an seiner Seite. Die Journalistin Doris Köpf etwa. Sie über ihn:
"Sehr romantisch und sehr zugewandt und sehr aufmerksam. Auf der anderen Seite musste sich alles seinem politischen Amt, seiner Tätigkeit, unterordnen."

"Mehr Eigenleistung von jedem Einzelnen"

1998 stürzt er Kohl, wird Kanzler und regiert fortan im Krisenmodus, schon allein, weil mit dem 11. September 2001 die Welt aus den Fugen gerät. Daheim macht er sich daran, fünf Millionen Arbeitslose in Arbeit zu bringen. Er nennt es Agenda 2010:
"Wir werden, meine sehr verehrten Damen und Herren, Leistungen des Staates kürzen, Eigenverantwortung fordern, mehr Eigenleistung von jedem Einzelnen abfordern müssen."
Das muss der Machtmensch mit seinem Amt büßen. Im Mai 2005 wird die SPD-Regierung in NRW abgewählt. Schröder nimmt es persönlich, stellt die Vertrauensfrage und bekommt Neuwahlen. Doch im Herbst gewinnt nicht er, sondern Angela Merkel von der CDU. Der Verlierer steht am Wahlabend völlig neben sich.
"Glauben Sie im Ernst, dass meine Partei auf ein Gesprächsangebot von Frau Merkel bei dieser Sachlage einginge, indem sie sagt, sie möchte Bundeskanzlerin werden. Ich meine, wir müssen die Kirche doch auch mal im Dorf lassen."
Diesen Auftritt findet er später suboptimal.
Heute ist Schröder zum fünften Mal verheiratet, pflegt seine Freundschaft zu Putin und ärgert die SPD mit seinen Kommentaren.
Ob die Partei ihn eines Tages so verklären wird wie Willy Brandt und Helmut Schmidt? Sieht im Moment noch nicht danach aus.
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