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Spaltet der Machtkampf die AfD?

Frauke Petry und Jörg Meuthen verlassen einen Raum im Stuttgarter Landtag
Die beiden Co-Parteichefs der AfD, Frauke Petry und Jörg Meuthen © dpa / Christoph Schmidt
Von Stefan Maas · 09.07.2016
Der Ausschluss eines AfD-Abgeordneten aufgrund von Antisemitismusvorwürfen hat sich zum Machtkampf zwischen den Parteispitzen Jörg Meuthen und Frauke Petry ausgewachsen. Das demoralisiere nicht nur die Mitglieder, sondern verschrecke auch potenzielle Wähler, kommentiert Stefan Maas.
Was die AfD-Mitglieder derzeit präsentiert bekommen, ist ein Trauerspiel in mehreren Akten. In den Hauptrollen: Die Parteivorsitzenden. Dabei hätten Frauke Petry und Jörg Meuthen Anfang dieser Woche eigentlich Grund gehabt zum Feiern. Da war es genau ein Jahr her, dass Petry auf einem Parteitag in Essen, auf dem die Luft nicht nur wegen der Temperatur in der Halle brannte, Bernd Lucke als Parteichefin abgelöst hat.
Gemeinsam mit Meuthen, der zunächst ihr Stellvertreter war, hat sie die AfD mit dem Versprechen, die Partei einen zu wollen, recht unaufgeregt und professionell durch eine Spaltung und ein Umfragetief geführt. Beides Anlässe, die viele Beobachter schon über das baldige Ende der jungen Partei spekulieren ließen.
Ein neues Dream-Team schien geboren – und mit ihm kam der Erfolg.
Wenngleich auch eher durch das Lavieren der anderen Parteien in der Flüchtlingskrise gestärkt als durch eigenes Vermögen, sitzt die Partei inzwischen in acht Landesparlamenten, in manchen als stärkste Oppositionsfraktion.
Doch statt sich zu beglückwünschen, schenken sich Petry und Meuthen längst nichts mehr. Jeder Schritt des anderen wird beobachtet, ob sich eine Gelegenheit bietet, dem Kontrahenten in aller Öffentlichkeit ein weiteres Messer in den Rücken zu rammen. Für das genüssliche Umdrehen stehen Meuthen seine Verbündeten Alexander Gauland und Björn Höcke jederzeit zur Seite.

Ein Alptraum in Raten für die Partei

Damit beschert das ehemalige Traumpaar Petry/Meuthen seiner Partei einen Alptraum in Raten. Denn die Erinnerung, wie sehr ein solcher Machtkampf nicht nur die Mitglieder demoralisieren sondern auch potenzielle Wähler verschrecken kann, ist noch frisch im kollektiven Gedächtnis der AfD – immerhin ist der letzte gerade einmal gut ein Jahr her.
Spalten wird dieser aktuelle Konflikt die Partei zwar nicht. Aber gerade mit weiteren Landtagswahlen vor der Tür und einer sehr entscheidenden Bundestagswahl zumindest in Sicht, beschädigen die beiden Parteichefs nicht nur ihr eigenes Werk sondern auch die Arbeit all jener, die sich für die Partei engagieren. Den Ärger darüber dürften die beiden Parteichefs beim nächsten Parteitag zu spüren bekommen. Der bisherige, aber sicher nicht letzte Tiefpunkt beim knallharten Ringen um Macht und Einfluss:
Da wird in einer Hinterzimmerrunde mit Journalisten Petry die Eignung abgesprochen, die Partei als Spitzenkandidatin in die nächste Bundestagswahl zu führen. Petry fährt dafür unangemeldet nach Stuttgart, als sich die dortige Landtagsfraktion zerlegt – ihren Co-Chef und die Seinen trifft sie dabei nicht. Nur die anderen. Um den Streit um den Abgeordneten Wolfgang Gedeon und den richtigen Umgang mit Antisemitismus in der AfD, der Auslöser für die Spaltung war, geht es nur noch vordergründig. Petry präsentiert sich als Schlichterin – eigentlich aber sagt sie damit: Ich kann führen. Jörg Meuthen muss sein Heil in der Flucht suchen.
Und: Petry hat Recht – zumindest formal. Auch wenn der Bundesvorstand die Gruppe um Gedeon mit einem Bannstrahl belegt und die neu gegründete Gruppe um Meuthen anerkennt. Ganz so einfach werden die gewählten AfD-Abgeordneten der alten Fraktion das Feld nicht räumen.

Verhältnis zu extremen politischen Positionen bleibt ungeklärt

Der Parteichef selbst hat seiner Partei ein wahrscheinlich langes Gezerre vor den internen Schiedsgerichten beschert – spätere juristische Fortsetzung nicht ausgeschlossen. Und ob seine neue Fraktion am Ende doch als solche anerkannt werden wird – ungewiss bis unwahrscheinlich. Moralisch hat der baden-württembergische AfD-Chef zwar diese Woche gewonnen. Eine Niederlage ist es trotzdem. Auch wenn seine Verbündeten sich redlich mühen, sie in einen Sieg umzudeuten.
Zu Meuthens Scheitern hat beigetragen, dass die AfD ihr Verhältnis zu extremen politischen Positionen immer noch nicht richtig – und aufrichtig geklärt hat. Und der Parteichef kann sich da nicht ausnehmen.
So klar auch Meuthens moralischer Kompass im Fall Gedeon und beim Thema Antisemitismus ihm den Kurs gewiesen hat, so sehr lässt er ihn im Stich – oder ignoriert ihn bewusst, wenn es etwa darum geht, dass führende Parteimitglieder sich wiederholt und gezielt Naziterminologie bedienen.
Statt sich abzugrenzen, verteidigt Meuthen den Thüringischen Landeschef Björn Höcke, tritt bei seinen Veranstaltungen auf und hat sich mit ihm und Parteivize Alexander Gauland zusammengetan, um Petry abzuservieren. Jenes Duo, das auch Petry schon gegen Lucke geholfen hat. Nach dem Fall Gedeon sollte Meuthen noch einmal sehr genau prüfen, mit welchen Kräften er sich einlässt.

Stefan Maas arbeitet seit 2013 als Deutschlandradio-Korrespondent im Hauptstadtstudio zu den Themenschwerpunkten Verbraucher-, Sozial- und Wirtschaftspolitik. Die AfD beobachtet er fast von der ersten Stunde an.

© Deutschlandradio / Bettina Straub
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