Alltagskultur in Nairobi

Und am Wochenende einen Schwarzgebrannten oder zwei

Eine Changaa-Produzentin in ihrem Hinterhof im Slum Kibera in Nairobi.
Eine Changaa-Produzentin in ihrem Hinterhof im Slum Kibera in Nairobi: Aus Changga wird ein gefährlicher Schnaps gebrannt, der blind machen kann. © dpa/ picture-alliance/ Elizabeth McSheffrey
Von Linda Staude  · 08.02.2016
Kenianer lieben das Trinken und sie lieben Bier. Ob aus Stress oder Spaß: Die Bars in Nairobi sind immer voll. Und Bars gibt es an jeder Ecke. Aber einiges ist unter den kenianischen Liebhabern geistiger Getränke doch deutlich anders, als wir das kennen.
Ja, die Kenianer lieben das Trinken. Genau:
"Nach einem ganzen Tag auf der Arbeit braucht der Mensch eine Erfrischung."
Ein Fläschchen Bier, eisgekühlt – das passt bei knapp 30 Grad im Schatten. Aber genau da hört die Ähnlichkeit mit dem deutschen Biergarten auch schon auf.
Der kenianische Kneipier verkauft das meiste Bier lauwarm. Warmes Bier? Beim ersten Mal habe ich das noch für einen Witz gehalten. Einen ziemlich schlechten. Aber nein:
Kenianern schmeckt Bier so einfach besser. Naja, ein Selbstversuch hat ergeben: 1a Qualität, wenn man Spülwasser mag. Oder wenn man Bier als Medizin trinkt – zur Vorbeugung gegen Erkältung oder Mandelentzündung. Die Angst vor Bazillen muss groß sein hierzulande – genau wie das Stehvermögen. Denn in Kenia trinkt man nicht, man säuft – bis in die frühen Morgenstunden. Speziell jeden Mittwoch zur Ladies Night für die Damen und am Freitag für die Herren der Schöpfung zum so genannten Membersday.
Nachts lauert die Polizei mit Alkohol-Tests
Mit ein paar Drinks intus kann man dann auch mit ein paar Freunden über Politik reden. Und die ist angesichts des kenianischen Alkoholproblems für hartgesottene Trinker eigentlich nur sturzbesoffen zu ertragen. Die Regierung hat einige anti-alkoholische Gemeinheiten auf Lager: Sperrstunde ist schon um elf. Alkohol für zu Hause gibt’s erst ab fünf Uhr nachmittags zu kaufen. Und nachts lauert die Polizei auf der Straße – mit Alko-Tests.
Pusten, Autoschlüssel nehmen und nach Hause fahren – nicht gerade die Polizeianweisung, die Straßen sicher macht vor Alkoholsündern. Vor allem, weil der kluge Trinker ohnehin nüchterne Spione aussendet, um Polizeifallen aufzuspüren. Und dann - gut aufgewärmt von ein paar Litern lauem Bier – einen anderen Weg nimmt.
Kenias Changaa-Trinker sind nicht verrückt, nur pleite
Saufen ist notwendig, jeden Mittwoch und jeden Freitag – wenn das Geld dafür da ist. Wenn nicht, gibt es immer noch selbstgebrannten Schnaps. Changaa – ein brandgefährlicher Stoff, der einen umbringen oder zumindest blind machen kann.
Changaa-Trinker sind nicht verrückt, nur pleite. Und wenn nicht im Krankenhaus, dann im Knast, weil die Regierung neuerdings auch mit aller Macht gegen den gepanschten Fusel vorgeht. In diesem Fall verzichte ich dann doch dankend auf einen Selbstversuch.
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