All das, was man nicht wissen muss

Rezensiert von Vanja Budde · 03.03.2006
Jahrelang hat der ehemalige "ZEIT"-Redakteur und Internet-Autor Christian Ankowitsch nutzloses Wissen gesammelt. Die Speisefolge beim letzten Abendmahl ebenso wie die Wetterlage bei historischen Ereignissen und alle deutschen Wörter, die auf "nf" enden. 2005 erschien das Kompendium gänzlich überflüssigen aber interessanten Wissens in Buchform. Jetzt gibt es "Dr. Ankowitschs Kleines Konversations-Lexikon" auch als Hörbuch.
"Womit beginnt man? Mit dem Paradies?"

Kurz danach: mit den drei Söhnen von Adam und Eva. Aber dann geht es in der inszenierten Lesung mit dem Kabarettisten Michael Quast munter und chaotisch weiter. Von den Anfängen berühmter Balladen über die vollständige Liste aller Hochzeitsjubiläen zur korrekten Aufzählung sämtlicher Weltmeere.

Ein Ordnungssystem gibt es nicht im gesammelten Wissen des Christian Ankowitsch, gebürtiger Österreicher und Doktor der Kunstgeschichte. Es sind funkelnde Bildungssplitter, die der 46-Jährige in den unendlichen Weiten des Internets und anderswo eingesammelt hat. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

"Die Lebenserwartung einiger Haustiere: … Papagei: 70 Jahre!"

Zugegeben: das muss man nicht wissen. Aber es macht Spaß, so etwas zu lernen. Schon Friedrich Schlegel hatte verlangt, Lexika sollten witzig sein. Und es macht sich schick, wenn Sie demnächst das lähmende Schweigen bei einer im Wolkenbruch untergehenden Grillparty auflockern mit der lässigen Bemerkung, schon am Tag, als die Französische Revolution ausbrach, habe es heftig gewittert. Und jedes dröge Geschäftsessen gewinnt mit dem Filmzitate-Spiel.

"Ich erblickte das Licht der Welt in Form einer 60 Watt-Glühbirne: Die Blechtrommel…
Männer und Frauen können nicht befreundet sein: Harry und Sally."

Wissensrosinen zum Einstreuen in den Smalltalk, Nebensächlichkeiten mit Aha-Effekt: Ob Dr. Ankowitsch sich von dem ganz ähnlich gestrickten britischen Ben "Schotts Sammelsurium" hat beeinflussen lassen, ist nicht bekannt, aber auch egal. Denn unnützes Wissen kann man gar nicht genug anhäufen. Zumal wenn es von Michael Quast so herrlich lautmalerisch vorgetragen wird, wie die Definitionen der Windstärken nach Beaufort.

"Windstärke eins…. Windstärke 6, starker Wind, lässt Drahtseile pfeifen. Etwas Gischt."

Solche Passagen des Konversations-Lexikons haben natürlich regelrecht nach einer Vertonung geschrien.
Mit Michael Quast hat der Eichborn Verlag ein besonders glückliches Händchen gehabt. Quast wurde in den achtziger Jahren einem breiten Publikum als Kabarettist bekannt, der allein ganze Hörspiele simulieren kann.

"Windstärke sieben: …. Windstärke acht…."

Eines von Quasts Soloprogrammen hieß "Die Wüste lebt": Er mimte einen Radiomoderator und dessen Gesprächspartner und sorgte gleichzeitig für die Geräuschkulisse.

"Windstärke 11: Sturm! Windstärke 12. Orkaaaan
Verwüüüstungen Keine Fernsicht meehhhhhhr!"
(fällt vom Studiostuhl)

"Dr. Ankowitschs Kleines Konversations-Lexikon" als inszenierte Lesung mit Michael Quast: ebenso lehrreich wie vergnüglich. Im kommenden April soll bei Goldmann die Taschenbuchausgabe von Dr. Ankowitschs Kleinen Konversations-Lexikon erscheinen. Aber ohne die menschlichen Stimmlagen aus dem Kabarettisten-Munde. Ein Verlust.

(in den jeweiligen Stimmlagen singend)
"Sopran, Mezzosopran, Alt, Tenor, Bariton, Bass."

Dr. Ankowitschs Kleines Konversations-Lexikon
Inszenierte Lesung von Michael Quast, 1 CD
Eichborn Lido Verlag, 59 Minuten, 14,95 Euro