"Alice im Wunderland"

03.03.2010
Der Meister des fantastischen Kinos verfilmt einen Klassiker der fantastischen Literatur - Lewis Carolls "Alice im Wunderland" - und bedient sich dabei auch bei Motiven aus dem zweiten Buch "Alice hinter den Spiegeln". Als Projektionsfläche seiner Lesart stand Tim Burton dabei das moderne 3-D-Format zur Verfügung, was in der Summe einen überwältigenden Film hätte ergeben müssen und es doch nicht tut, wenn man den Erlebnisrausch von "Avatar" noch im Auge hat.
Alice ist nicht mehr das kleine Mädchen. In einer trotz der 3-D-Raumtiefe blass bleibenden Eröffnung flieht sie vor der Hochzeit mit einem adligen Schnösel wieder ins "Wunderland". Bei Tim Burton ist das eine düstere, ausgedörrte Unterwelt, in der die vom Meister skurril-morbide ausgestatteten Wesen von ihr die Einlösung einer Prophezeihung erwarten. Ist sie wirklich die einzige, einzigartige Alice, die schon als Kind hier war und sie alle von der roten Königin befreien wird?

Auf diesem losen Handlungsgerüst wird Alice Station für Station, Begegnung für Begegnung mit den Utensilien einer Weltenretterin ausgestattet. Sie bekommt das Schwert und die Kampfgefährten, um für die weiße Königin (Anne Hatheway) gegen den Feuerdrachen in die Schlacht zu ziehen und letztlich, zurückgekehrt in die reale Welt, ihr Leben selbst zu bestimmen.

Für diesen episodisch angelegten Weg zum Erwachsenwerden kombiniert Tim Burton verschiedene Techniken. Das Motion Capture-Verfahren läßt die Bewegung realer Schauspieler zu den 3-D-Figuren Diedeldum und Diedeldei werden, der Drache oder die grinsende Katze sind reine Computeranimationen, Johnny Depp als verrückter Hutmacher und Kumpel an Alice Seite oder der groteske Riesenkopf für Helena Bonham Carter als rote Königin sind Wunder der Maskenbildner.

Ohne Brüche werden diese Kreationen zueinander und in eine dreidimensionale Unterwelt gefügt. So staunt man über den Einfallsreichtum und die Wunder moderner Kinotechnik, man sieht den Aufwand und die Mühe im Detail, doch eine poetische Bezauberung findet nicht statt. Auch nicht durch Mia Wasikowska, die als zuckersüße Alice mit Empirekleidchen und nackten Schultern mehr die Projektion einer Lolita denn ein eigener Charakter ist.

Diese "Alice im Wunderland" ist kein verspielt-fantastisches Märchen, sondern eine symbolbeladene, alptraumhafte Gegenwelt, in der sich kleine Kinder im Kino nicht sonderlich wohlfühlen dürften.

USA 2010. Regie: Tim Burton. Darsteller: Johnny Depp, Mia Wasikowska, Helena Bonham Carter, Anne Hathaway, Crispin Glover, Matt Lucas, Stephen Fry. 108 Minuten, ab 6 Jahren

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