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Bildungsbericht
Digitales Lernen - Deutschland im OECD-Schnitt abgeschlagen

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) kritisiert die unzureichende Ausstattung deutscher Schulen mit digitalen Lernplattformen. Positiv hoben die Experten die berufliche Ausbildung in Deutschland hervor.

08.09.2020
Eine Junge löst zu Hause seine Schulaufgaben am Ipad, Tablet PC
Schüler am Tablet - Deutschland stattet seine Schülerinnen und Schüler schlecht mit digitalen Lernplattformen aus (Imago images / Sven Simon)
Das deutsche Bildungssystem schneidet im internationalen Vergleich nur teilweise gut ab. Das geht aus dem Bericht "Bildung auf einen Blick" hervor, den die OECD am Dienstag in Berlin vorgestellt hat. Die OECD wies daraufhin, dass sich das digitale Lernen in Deutschland während der Corona-Pandemie als schwierig erwiesen habe.
Schulen in Deutschland drei Wochen länger dicht
Die langen Schulschließungen seien zwar notwendig gewesen, ihre Kosten für die Einzelnen und die Gesellschaft aber sehr hoch. Bis Ende Juni seien die Schulen in Deutschland 17 Wochen, im Durchschnitt der OECD-Länder jedoch nur 14 Wochen geschlossen gewesen. Darunter hätten in Deutschland vor allem jene Schülerinnen und Schüler gelitten, die zu Hause wenig Unterstützung bekamen.
In einem Klassenzimmer sitzen Kinder die an Tablets arbeiten.
Kein einheitliches Online-Konzept für Schulen in Deutschland
Bund und Länder wollen die Digitalisierung an Schulen voranbringen – und dafür 500 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Doch bevor das Geld fließt, müssen Schulen sogenannte Medienkonzepte vorlegen. Die Vorgaben und Handreichungen sind dabei unterschiedlich.
Mangelhaft sei die digitale Ausstattung an deutschen Schulen. Laut Selbstauskunft der Schulleiter hatten nur ein Drittel der Schülerinnen und Schüler im Jahr 2018 Zugang zu einer digitalen Lernplattform. Im OECD-Schnitt waren es 54 Prozent, in Ländern wie Dänemark und Singapur gar 90 Prozent.
Neben dem digitalen Unterricht sei der hohe Anteil an Lehrkräften, die in den nächsten zehn Jahren das Ruhestandsalter erreichen, eine weiteres Problem für den Bildungsstandort Deutschland. Nach Angaben der Organisation waren 2018 41 Prozent der Primar- und Sekundarschullehrer über 50 Jahre alt, nur sieben Prozent dagegen unter 30.
Mit der Mund- und Nasen-Bedeckung als ständigem Begleiter geht eine junge Frau an aufgestapelten Papierrollen entlang. Der Hintergrund ist unscharf. 
Corona und Azubis - alles auf den Kopf gestellt
August startet traditionellerweise das neue Ausbildungsjahr. Aber in diesem Sommer ist alles anders und für so manchen Azubi platzen Träume. Denn durch die Pandemie ist der Weg zum Ausbildungsvertrag schwieriger geworden.
Lob für duale Berufsbildung
Als positiv wertete die OECD hingegen die überdurchschnittlich hohen Bildungsausgaben, 13.500 Dollar pro Kopf, und die starke berufliche Bildung in Deutschland, mit ihrem Alleinstellungsmerkmal, einem guten Zusammenspiel von schulischer und betrieblicher Bildung.
"Berufliche Bildung ist eine der Stärken des deutschen Bildungssystems", schreiben die Autorinnen und Autoren, ein Abschluss darin komme fast einer Jobgarantie gleich. Sie prophezeien, dass dieser Bereich eine Schlüsselrolle nach der coronabedingten Wirtschaftsflaute spielen werde und eine entscheidende Absicherung gegen Arbeitslosigkeit sei.
 Auszubildende in Metallberufen hier bei der Grundausbildung, Berufsbildungszentrum der Remscheider Metall- und Elektroindustrie
OECD-Studie: "Stark bei der beruflichen Bildung"
Bei der beruflichen Bildung habe Deutschland stark abgeschnitten, sagte Dlf-Korrespondentin Christiane Habermalz. Das werde noch eine Schlüsselrolle bei den Folgen der Corona-Pandemie spielen.
Große Durchlässigkeit, große Einkommensunterschiede
Auch sei das Bildungssystem durchlässiger geworden. Man kann mit einer Berufsausbildung in Deutschland heute leichter ein Studium aufnehmen, berichtet unter Korrespondent Manfred Götzke von der Vorstellung des Berichts. Allerdings nutze das kaum jemand, anders als etwa in der Schweiz.
Auffällig sind laut der Studie die Einkommensunterschiede nach Bildungsabschluss. Wer einen Studienabschluss hat, verdient demnach 61 Prozent mehr als jemand mit einem berufsbildenden Abschluss. Entsprechend hält der Trend zum Studium in Deutschland an.