Spießbürger aufgespießt

Ups, er hat es wieder getan: Morrissey, einst mit den Smiths in die Dachetage des Pantheons für Gitarren-Pop eingezogen, verfolgt seit einem Viertel Jahrhundert eine Solokarriere, die ihm ebenso heiligengleiche Verehrung wie abgrundtiefe Hasstiraden bescherte.

Der Sohn irischer Einwanderer aus Manchester wusste stets mit scharfzüngigen Sprüchen zu provozieren und mit Charisma und großer Lyrik zu begeistern. Fünf Jahre nach seinem letzten Album "Years of Refusal“ hat er in keiner dieser Disziplinen nachgelassen. "Bigmouth strikes again."

Die neuen Songs des Albums "World Peace Is None Of Your Business“ dienen dem 55-Jährigen mehr denn je als klangvolle Inszenierung seiner Lyrik. Nicht ohne Grund gab es die Texte schon vor Erscheinen seines zehnten Solo-Albums in Videoform zu hören – als schlichte Gedicht-Rezitate, vorgetragen vom Meister persönlich.

Die Register von Melodramatik, Weltschmerz und Sarkasmus beherrscht Morrissey in Songs wie "I’m not a Man“ oder "Earth Is The Loneliest Planet“ noch immer wie kein Zweiter. Als Moralist bezieht er gewohnt unverblümt Stellung, etwa, wenn er das Abschlachten von Stieren in Spanischen Arenen anprangert oder seiner Verachtung freien Lauf lässt – sei es gegen kleine Spießbürger, gierige Ehefrauen oder die Auswüchse des Kapitalismus.

Musikalisch geht es entgrenzt zur Sache wie schon lange nicht mehr: von portugiesischen Fado-Klängen über amerikanischen Seventies Rock zeigt sich "World Peace Is None Of Your Business“ durch und durch eklektisch.

Doch ob getragen oder dynamisch im Sound: es bleibt immer unverkennbar Morrissey, nicht zuletzt durch seine einzigartige Stimme. Unverkennbar auch, weil auf "World Peace Is None Of Your Business“ ein großer Lyriker am Werk ist, der die perfekte Balance zwischen poetischem Inhalt und musikalischem Ausdruck ansteuert.