Agrarexperte warnt vor Auswirkungen der Finanzkrise auf Entwicklungsländer
Der Leiter des Berliner Büros der Zukunftsstiftung Landwirtschaft, Benedikt Härlin, hat auf mögliche Folgen der Wirtschaftskrise auf die Nahrungsmittelversorgung der Entwicklungsländer hingewiesen. Die von der EU-Kommission angekündigte Wiederaufnahme der Exportsubventionen für Milchprodukte sei ein Skandal, sagte Härlin.
Jürgen König: Die Grüne Woche ist vorbei, und allenthalben macht man sich daran, den Ertrag dieser Veranstaltung zu bemessen. Es hat ja am Rande der Grünen Woche ein Treffen von Landwirtschaftsministern aus aller Welt gegeben. Unsere Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner hatte es initiiert, will so ein Treffen als feste Institution einrichten. Von einem Davos der Landwirtschaft sprach sie, was nicht ganz frei von Zynismus ist, trifft man sich doch im wirklichen Davos ausdrücklich unter Ausschluss der Entwicklungsländer. Zu einem Gespräch über die Ergebnisse dieses Treffens und über die dramatische Situation der weltweiten Ernährungslage begrüße ich den Leiter des Berliner Büros der Zukunftsstiftung Landwirtschaft, Benedikt Härlin, guten Tag!
Benedikt Härlin: Grüß Gott!
König: Auf dem Treffen wurde wieder einmal über die Abschaffung von Exportfördermaßnahmen und sonstiger Landwirtschaftssubventionen gesprochen. Kurz zuvor aber hatte die EU-Landwirtschaftskommissarin Mariann Fischer-Boel angekündigt, dass die EU ihre Exportsubvention für die Milchbauern wieder einführen will. Wie geht das alles zusammen?
Härlin: Das müssen Sie Frau Fischer-Boel fragen, das ist wirklich ein Skandal. Ich erkenne ja einige sehr gute Ansätze in dem gemeinsamen Papier der Agrarministerinnen und Agrarminister, aber wenn das die Taten sind, die ihren Worten folgen, dann kann ich nur sagen, ist das Papier nicht wert, auf dem die Erklärungen geschrieben werden. Die Milchexportsubventionen sind ein klassisches Beispiel dafür, wie sowohl in Europa die kleinen Bauern kaputt gemacht werden, nämlich dadurch, dass die Milchquote erhöht wird, dass die Großbetriebe, die fabrikartig Milch herstellen, bevorzugt werden und dann der notwendigerweise sinkende Milchpreis durch Steuermittel so runtersubventioniert wird, dass die Überschüsse in Länder gehen können wie beispielsweise Burkina Faso, was ja auch in Berlin vertreten war und dort die lokale Milchproduktion wieder kaputt macht. Das ist absolut absurd, das nützt weder den Bauern hier in Europa, und es schadet ganz heftig den Bauern in den Entwicklungsländern.
König: Der Landwirtschaftsminister von Burkina Faso, Laurent Sedogo, hat gesagt, das bringt unsere Landwirtschaft um, dann gehen wir in die Knie. Das heißt, die Folge sind Armut und Hunger, also die Folgen dieser Politik, und die Weltwirtschaftskrise verstärkt noch diesen Prozess, vermute ich.
Härlin: Die Weltwirtschaftskrise verstärkt diesen Prozess des Drucks auf vor allen Dingen jene Entwicklungsländer, die vom Import von Lebensmitteln abhängig sind. In diesem Jahr, schätzt die FAO, wird die Importrechnung für solche Entwicklungsländer um 35 Prozent steigen, während sie für Industrieländer nur um 18 Prozent steigt. Und das bedeutet, die Staatshaushalte geraten unter Druck, und diese Staatshaushalte geraten natürlich ohnehin durch die Finanzkrise ganz massiv unter Druck. Und das heißt, auch jene Regierungen, die das Beste unternehmen wollen, um ihre Bevölkerung vor Hunger zu schützen, kommen in große Schwierigkeiten. Also von der Seite her hat die Finanzkrise ein unmittelbare Auswirkung auf den Hunger in der Welt, ja.
König: Nun liest man aber auch, dass nach dem Zusammenbruch der globalen Finanzmärkte die Spekulationsblasen an den Agrarmärkten geplatzt seien und dass dadurch Getreide heute um mehr als 40 Prozent günstiger zu haben wäre als noch vor einem Jahr. Das könnte doch auch oder sollte man meinen, dass das die Lage der armen Menschen verbessert?
Härlin: Das ist richtig. Es gab im vergangenen Jahr eine unglaubliche, teilweise Vervierfachung von Grundnahrungspreisen gegenüber von vor zwei Jahren, und diese Blase ist geplatzt. Aber das bedeutet nicht, dass Lebensmittel jetzt wieder billig wie nie wären, sondern es bedeutet, dass der langfristige Trend zu einer Steigerung der Kosten von Lebensmitteln wieder sozusagen im Lot ist. Das heißt, im Vergleich zu vor zwei Jahren sind die Preise nach wie vor um mehr als 50 Prozent höher. Also von daher hat diese Spekulationsblase sich zwar gelegt, aber der langfristige Trend, dass der Einkauf von Lebensmitteln teurer wird/bleibt, ist ungebrochen.
König: Bei den Vereinten Nationen heißt es, dass in den Entwicklungsländern jeder Rückgang des Wachstums um ein Prozent bedeute, dass weitere 20 Millionen Menschen unter die Armutsgrenze rutschen. Gibt es Industrieländer, die diese Gefahr nicht nur sehen und darüber sprechen, sondern sie auch für das eigene Handeln mit einkalkulieren, berücksichtigen?
Härlin: Die Industrieländer kümmern sich im Moment in allererster Linie um ihre eigenen Probleme und nehmen dabei so gut wie keine Rücksicht auf die speziellen Probleme der Entwicklungsländer. Und das führt unter anderem beispielsweise dazu, dass ihre Aufwendungen für Krisen- und Hungerhilfe tendenziell zurückgehen. Wer Milliarden zur Rettung der Banken aufbringen muss, wird seinen Beitrag zur Linderung von unmittelbarer Katastrophenhilfe, also von unmittelbaren Krisen, eher zurückfahren.
König: Deutschlandradio Kultur im Gespräch mit Benedikt Härlin, er ist Leiter des Berliner Büros der Zukunftsstiftung Landwirtschaft. Herr Haerlin, kommen wir auf einen Aspekt des Ernährungsthemas, der uns unmittelbar betrifft. Sie haben während der Grünen Woche in einem Interview der "Frankfurter Rundschau" gesagt, ein Drittel aller Lebensmittel landen bei uns im Müll. Das klingt schockierend. Wie kommen Sie auf diesen Wert?
Härlin: Dieser Wert wurde nicht hier in Deutschland erhoben, es gibt leider Gottes hier in Deutschland keine belastbaren Studien. Solche Studien wurden in England durchgeführt, dort kommt man auf 33 Prozent aller Lebensmittel, die hergestellt werden, werden nicht konsumiert, sondern in irgendeiner Form vernichtet. Davon ist ein sehr großer Teil tatsächlich das, was wir Verbraucher wegwerfen, aber dazu gehört natürlich auch beispielsweise, was die Bäckerei wegwirft an altem Brot, was der Supermarkt aussortiert an überlagerten Artikeln und so weiter, und so fort. In den USA gibt es eine Studio, die sogar sagt, es sind 50 Prozent. Und es gibt Zahlen von der Gesellschaft für Konsumforschung hier in Deutschland, die sagt, 25 Prozent aller Milch- und Eierprodukte in Deutschland werden originalverpackt weggeworfen.
König: Unglaublich. Nun haben Sie in besagtem Interview auch gesagt, es gebe eine Chance, dass wir durch die Wirtschaftskrise, die wir erleben, wieder lernen könnten, Lebensmittel mehr wertzuschätzen. Wie könnte das gehen?
Härlin: Das könnte einfach so gehen – und das ist übrigens eine unmittelbare Reaktion gewesen auf die Steigerung der Lebensmittelpreise im vergangenen Jahr –, dass wir nur noch das einkaufen, was wir auch tatsächlich verzehren. Das könnte so gehen, dass wir nicht einfach wegwerfen, was uns nicht mehr gefällt, und von daher einfach bewusster umgehen mit dem Einkauf. Es könnte auch so gehen, dass wir eine Wertschätzung, eine bessere Wertschätzung von Lebensmitteln insgesamt haben, auch in Mark und Pfennig oder Euro und Cent, und dadurch auch Anreize dafür schaffen, dass beispielsweise in der Produktion und im Handel mit diesem wertvollen Gut sorgsamer umgegangen wird.
Man kann insgesamt sagen, dass wenn Lebensmittel zu billig sind – und wir hier in Deutschland geben mittlerweile weniger als zehn Prozent unseres Einkommens im Durchschnitt, arme Leute mehr, reiche weniger, aus für Lebensmittel –, dass dann auch einfach der Respekt und die Wertschätzung vor diesem Lebensmittel sinkt. Und das hat ja nicht nur ökonomische Auswirkung, also etwa 400 Euro im Jahr wird im Durchschnitt von einem Haushalt in Deutschland einfach weggeworfen, sondern das hat ja auch Klimaauswirkungen, das hat Umweltauswirkungen. Unsere Lebensmittelproduktion ist beispielsweise für fast ein Drittel der gesamten CO2- oder Klimaemissionen verantwortlich.
König: Andererseits, führt nicht gerade die Wirtschaftskrise dazu, dass die Billig-Discounter bei uns mehr Zulauf finden, dass lieber billig gekauft wird, gekauft werden muss und dass also der Wert der Nahrungsmittel weiterhin eher geringgeschätzt wird, dass – um es gleich zu vollenden – die Bauern wiederum unter den stagnierenden oder den sinkenden Preisen leiden? Damit schließt sich der Kreis unseres Gesprächs, sie sind auf Subventionen angewiesen, und diese Subventionen machen wiederum, wie geschildert, die Landwirtschaft der Dritten Welt kaputt. Ist das nicht so ein in sich geschlossener Teufelskreis?
Härlin: Das ist ein sich geschlossener Teufelskreis, wenn wir ihn mitmachen. Wir haben als Verbraucherinnen und Verbraucher hier wirklich die Möglichkeit einzugreifen, hier die Möglichkeit etwas zu verändern. Und wenn man zum Beispiel sieht, dass bei dem Milchstreik im vergangenen Jahr sehr viele Verbraucher und Verbraucherinnen gesagt haben, wir sind bereit, für einen Liter Milch zehn Cent mehr zu bezahlen, wenn der auch bei den Bauern ankommt, dann ist das ein Indiz dafür, dass doch sehr viele von uns mittlerweile verstanden haben, dass billig-billig letztlich uns teuer zu stehen kommt.
König: Subventionen für die Landwirtschaft bei uns machen die Landwirtschaft der Dritten Welt kaputt. Ein Gespräch mit dem Leiter des Berliner Büros der Zukunftsstiftung Landwirtschaft, Benedikt Haerlin. Vielen Dank!
Härlin: Vielen Dank auch, tschüss!
Benedikt Härlin: Grüß Gott!
König: Auf dem Treffen wurde wieder einmal über die Abschaffung von Exportfördermaßnahmen und sonstiger Landwirtschaftssubventionen gesprochen. Kurz zuvor aber hatte die EU-Landwirtschaftskommissarin Mariann Fischer-Boel angekündigt, dass die EU ihre Exportsubvention für die Milchbauern wieder einführen will. Wie geht das alles zusammen?
Härlin: Das müssen Sie Frau Fischer-Boel fragen, das ist wirklich ein Skandal. Ich erkenne ja einige sehr gute Ansätze in dem gemeinsamen Papier der Agrarministerinnen und Agrarminister, aber wenn das die Taten sind, die ihren Worten folgen, dann kann ich nur sagen, ist das Papier nicht wert, auf dem die Erklärungen geschrieben werden. Die Milchexportsubventionen sind ein klassisches Beispiel dafür, wie sowohl in Europa die kleinen Bauern kaputt gemacht werden, nämlich dadurch, dass die Milchquote erhöht wird, dass die Großbetriebe, die fabrikartig Milch herstellen, bevorzugt werden und dann der notwendigerweise sinkende Milchpreis durch Steuermittel so runtersubventioniert wird, dass die Überschüsse in Länder gehen können wie beispielsweise Burkina Faso, was ja auch in Berlin vertreten war und dort die lokale Milchproduktion wieder kaputt macht. Das ist absolut absurd, das nützt weder den Bauern hier in Europa, und es schadet ganz heftig den Bauern in den Entwicklungsländern.
König: Der Landwirtschaftsminister von Burkina Faso, Laurent Sedogo, hat gesagt, das bringt unsere Landwirtschaft um, dann gehen wir in die Knie. Das heißt, die Folge sind Armut und Hunger, also die Folgen dieser Politik, und die Weltwirtschaftskrise verstärkt noch diesen Prozess, vermute ich.
Härlin: Die Weltwirtschaftskrise verstärkt diesen Prozess des Drucks auf vor allen Dingen jene Entwicklungsländer, die vom Import von Lebensmitteln abhängig sind. In diesem Jahr, schätzt die FAO, wird die Importrechnung für solche Entwicklungsländer um 35 Prozent steigen, während sie für Industrieländer nur um 18 Prozent steigt. Und das bedeutet, die Staatshaushalte geraten unter Druck, und diese Staatshaushalte geraten natürlich ohnehin durch die Finanzkrise ganz massiv unter Druck. Und das heißt, auch jene Regierungen, die das Beste unternehmen wollen, um ihre Bevölkerung vor Hunger zu schützen, kommen in große Schwierigkeiten. Also von der Seite her hat die Finanzkrise ein unmittelbare Auswirkung auf den Hunger in der Welt, ja.
König: Nun liest man aber auch, dass nach dem Zusammenbruch der globalen Finanzmärkte die Spekulationsblasen an den Agrarmärkten geplatzt seien und dass dadurch Getreide heute um mehr als 40 Prozent günstiger zu haben wäre als noch vor einem Jahr. Das könnte doch auch oder sollte man meinen, dass das die Lage der armen Menschen verbessert?
Härlin: Das ist richtig. Es gab im vergangenen Jahr eine unglaubliche, teilweise Vervierfachung von Grundnahrungspreisen gegenüber von vor zwei Jahren, und diese Blase ist geplatzt. Aber das bedeutet nicht, dass Lebensmittel jetzt wieder billig wie nie wären, sondern es bedeutet, dass der langfristige Trend zu einer Steigerung der Kosten von Lebensmitteln wieder sozusagen im Lot ist. Das heißt, im Vergleich zu vor zwei Jahren sind die Preise nach wie vor um mehr als 50 Prozent höher. Also von daher hat diese Spekulationsblase sich zwar gelegt, aber der langfristige Trend, dass der Einkauf von Lebensmitteln teurer wird/bleibt, ist ungebrochen.
König: Bei den Vereinten Nationen heißt es, dass in den Entwicklungsländern jeder Rückgang des Wachstums um ein Prozent bedeute, dass weitere 20 Millionen Menschen unter die Armutsgrenze rutschen. Gibt es Industrieländer, die diese Gefahr nicht nur sehen und darüber sprechen, sondern sie auch für das eigene Handeln mit einkalkulieren, berücksichtigen?
Härlin: Die Industrieländer kümmern sich im Moment in allererster Linie um ihre eigenen Probleme und nehmen dabei so gut wie keine Rücksicht auf die speziellen Probleme der Entwicklungsländer. Und das führt unter anderem beispielsweise dazu, dass ihre Aufwendungen für Krisen- und Hungerhilfe tendenziell zurückgehen. Wer Milliarden zur Rettung der Banken aufbringen muss, wird seinen Beitrag zur Linderung von unmittelbarer Katastrophenhilfe, also von unmittelbaren Krisen, eher zurückfahren.
König: Deutschlandradio Kultur im Gespräch mit Benedikt Härlin, er ist Leiter des Berliner Büros der Zukunftsstiftung Landwirtschaft. Herr Haerlin, kommen wir auf einen Aspekt des Ernährungsthemas, der uns unmittelbar betrifft. Sie haben während der Grünen Woche in einem Interview der "Frankfurter Rundschau" gesagt, ein Drittel aller Lebensmittel landen bei uns im Müll. Das klingt schockierend. Wie kommen Sie auf diesen Wert?
Härlin: Dieser Wert wurde nicht hier in Deutschland erhoben, es gibt leider Gottes hier in Deutschland keine belastbaren Studien. Solche Studien wurden in England durchgeführt, dort kommt man auf 33 Prozent aller Lebensmittel, die hergestellt werden, werden nicht konsumiert, sondern in irgendeiner Form vernichtet. Davon ist ein sehr großer Teil tatsächlich das, was wir Verbraucher wegwerfen, aber dazu gehört natürlich auch beispielsweise, was die Bäckerei wegwirft an altem Brot, was der Supermarkt aussortiert an überlagerten Artikeln und so weiter, und so fort. In den USA gibt es eine Studio, die sogar sagt, es sind 50 Prozent. Und es gibt Zahlen von der Gesellschaft für Konsumforschung hier in Deutschland, die sagt, 25 Prozent aller Milch- und Eierprodukte in Deutschland werden originalverpackt weggeworfen.
König: Unglaublich. Nun haben Sie in besagtem Interview auch gesagt, es gebe eine Chance, dass wir durch die Wirtschaftskrise, die wir erleben, wieder lernen könnten, Lebensmittel mehr wertzuschätzen. Wie könnte das gehen?
Härlin: Das könnte einfach so gehen – und das ist übrigens eine unmittelbare Reaktion gewesen auf die Steigerung der Lebensmittelpreise im vergangenen Jahr –, dass wir nur noch das einkaufen, was wir auch tatsächlich verzehren. Das könnte so gehen, dass wir nicht einfach wegwerfen, was uns nicht mehr gefällt, und von daher einfach bewusster umgehen mit dem Einkauf. Es könnte auch so gehen, dass wir eine Wertschätzung, eine bessere Wertschätzung von Lebensmitteln insgesamt haben, auch in Mark und Pfennig oder Euro und Cent, und dadurch auch Anreize dafür schaffen, dass beispielsweise in der Produktion und im Handel mit diesem wertvollen Gut sorgsamer umgegangen wird.
Man kann insgesamt sagen, dass wenn Lebensmittel zu billig sind – und wir hier in Deutschland geben mittlerweile weniger als zehn Prozent unseres Einkommens im Durchschnitt, arme Leute mehr, reiche weniger, aus für Lebensmittel –, dass dann auch einfach der Respekt und die Wertschätzung vor diesem Lebensmittel sinkt. Und das hat ja nicht nur ökonomische Auswirkung, also etwa 400 Euro im Jahr wird im Durchschnitt von einem Haushalt in Deutschland einfach weggeworfen, sondern das hat ja auch Klimaauswirkungen, das hat Umweltauswirkungen. Unsere Lebensmittelproduktion ist beispielsweise für fast ein Drittel der gesamten CO2- oder Klimaemissionen verantwortlich.
König: Andererseits, führt nicht gerade die Wirtschaftskrise dazu, dass die Billig-Discounter bei uns mehr Zulauf finden, dass lieber billig gekauft wird, gekauft werden muss und dass also der Wert der Nahrungsmittel weiterhin eher geringgeschätzt wird, dass – um es gleich zu vollenden – die Bauern wiederum unter den stagnierenden oder den sinkenden Preisen leiden? Damit schließt sich der Kreis unseres Gesprächs, sie sind auf Subventionen angewiesen, und diese Subventionen machen wiederum, wie geschildert, die Landwirtschaft der Dritten Welt kaputt. Ist das nicht so ein in sich geschlossener Teufelskreis?
Härlin: Das ist ein sich geschlossener Teufelskreis, wenn wir ihn mitmachen. Wir haben als Verbraucherinnen und Verbraucher hier wirklich die Möglichkeit einzugreifen, hier die Möglichkeit etwas zu verändern. Und wenn man zum Beispiel sieht, dass bei dem Milchstreik im vergangenen Jahr sehr viele Verbraucher und Verbraucherinnen gesagt haben, wir sind bereit, für einen Liter Milch zehn Cent mehr zu bezahlen, wenn der auch bei den Bauern ankommt, dann ist das ein Indiz dafür, dass doch sehr viele von uns mittlerweile verstanden haben, dass billig-billig letztlich uns teuer zu stehen kommt.
König: Subventionen für die Landwirtschaft bei uns machen die Landwirtschaft der Dritten Welt kaputt. Ein Gespräch mit dem Leiter des Berliner Büros der Zukunftsstiftung Landwirtschaft, Benedikt Haerlin. Vielen Dank!
Härlin: Vielen Dank auch, tschüss!