Agentenfilme aus dem Kalten Krieg

Die Berliner Mauer in Kreuzberg, 1962
Die Berliner Mauer in Kreuzberg, 1962 © Deutschlandradio
Von Wolfgang Martin Hamdorf · 01.06.2011
Als Initiative des Goethe-Instituts in London zeigt das Zeughaus-Kino im Deutschen Historischen Museum in Berlin von heute an bis zum 22. Juni die Filmreihe "The Celluloid Curtain". Es geht in zwölf Filmen um Agenten aus Ost und West im Kalten Krieg.
O-Ton - Film "For eyes only": "Scheinangriffe Helmstedt Berlin, Lübeck – Berlin, gleichzeitig umgekehrt Durchbruch von West- nach Ostberlin. Ziel: Vereinigung mit den im Raum Potsdam und südlich Berlin abgesetzten Luftlandeeinheiten. Hauptstoß entlang der tschechischen und polnischen Grenze. Aufrollen nach Westen."

Der Angriff auf die DDR steht bevor: Ein Stasi-Topspion kommt in Frankfurt am Main geheimen Plänen der NATO auf die Spur: Ein begrenzter Krieg soll dem Arbeiter- und Bauernstaat den Garaus bereiten. Aber am Ende siegt der Weltfrieden, und der erfolgreiche Doppelagent darf seinen Sohn wieder in die Arme schließen. FOR EYES ONLY, eine DEFA Produktion aus dem Jahre 1963 war einer der erfolgreichsten DDR-Spionagefilme.

Die zwölf Filme der Reihe "The celluloid curtain" zeigen Agenten hinter dem Eisernen Vorhang: Neben dem DEFA-Klassiker Spionagegeschichten aus Rumänien, Polen, Bulgarien, der Tschechoslowakei und der Sowjetunion. Dabei überrascht die stilistische Vielfalt des Genres in Ost und West – vom tragischen Heldendrama, über die Komödie bis hin zur Parodie. Jörg Friess, der Leiter des Zeughaus Kinos des Deutschen Historischen Museums in Berlin.

Jörg Friess: "Also 'Die gestohlene Bombe', unser Eröffnungsfilm, der rumänische Beitrag, ist eine Komödie, ist ein komödiantischer Umgang, eine Burleske. Der bulgarische Beitrag ist ein Film, der ganz nah an den westeuropäischen neuen Wellen, an der Nouvelle Vague dran ist. Der sowjetische Film 'Skvorets i lira' ist ein Film, den ich auch so erwartet hätte, da ist aber auch wieder ganz überraschend, ähnlich, wie bei 'For eyes only', dass er eben so ganz deutlich ein Unterhaltungsfilm ist, der nach bestimmten stereotypen Mustern funktioniert."

Während im Osten der ideologische Krieg publikumswirksam aufgearbeitet wurde, wurden im Westen auf der Flamme des Kalten Krieges die ersten Europuddings gekocht. Mit internationalen Koproduktionen nach guten alten Genrerezepten wollte man in den Kinosälen auch der aufkommenden Konkurrenz des Autorenfilms zu Leibe rücken. Dabei sind die Motive und Jagdobjekte der Agenten sehr unterschiedlich: So strebt in Fritz Langs 'Die 1000 Augen des Dr. Mabuse' aus dem Jahre 1960 ein Epigone des berühmten Verbrechers nach der Weltherrschaft und benutzt dazu ein System alter Überwachungskameras aus der Nazizeit:

O-Ton - Film "Die 1000 Augen des Dr. Mabuse": "Wäre ich in den Besitz ihrer atomaren Werke gekommen, ich hätte mit den Raketen ihrer Versuchsstation die Welt in ein Chaos gestürzt. Der berühmte Druck auf den Knopf. Ich hätte es getan..."

Oft jagen die Agenten in den Filmen von 1960 bis 1974 mit fast kindlicher Freude neuen Forschungen hinterher, von der Rakete bis zur Formel für Massenvernichtungswaffen. In erster Linie geht es um neue Erfindungen, sagt Oliver Baumgarten, einer der beiden Kuratoren der Reihe.

Oliver Baumgarten: "Das kommt sehr oft vor im westeuropäischen Kino, dort gab es dann immer irgendwelche Wissenschaftler, die ganz besondere Dinge erfunden haben. Also beispielsweise eine neue Stahllegierung, wie es in den 'Sechs Pistolen für Professor Z' vorkommt, wo sich alle Mächte draufstürzen können, weil sie natürlich sehr für jeden zum Vorteil gereichen würden.

Ansonsten sind die Geheimnisse, das muss man auch sagen, in vielen dieser Filme, die wir ausgesucht haben, tatsächlich eine Art McGuffin, weil sie gar nicht so wahnsinnig wichtig sind. Also, was am Ende dort von einer Seite auf die andere Seite transportiert werden soll, ist relativ unwichtig, unerheblich, weil es doch mehr um die Action geht und die Interaktion zwischen den Figuren und den Seiten auch."

Im Zentrum der Geschichte steht der Agent, oft Opfer und Täter gleichzeitig, manchmal zynisch, manchmal desillusioniert oder vom idealistischen Feuer verzehrt. Auch hier sieht Nicolaj Nikitin, Ko-Kurator der Reihe, Unterschiede zwischen Ost und West.

Nicolaj Nikitin: "Also, man kann schon sagen, dass der osteuropäische Spion ideologisch viel einwandfreier ist, also, er ist viel zurückhaltender, was irgendwelche Verfehlungen angeht, was auch Verlockungen angeht, sei es des weiblichen Geschlechtes oder auch des alkoholischen Genusses, er kämpft immer viel mehr für die Ideologie, für den Werteerhalt, will eine Remilitarisierung verhindern, will einen Dritten Weltkrieg, oder wie im Falle des DDR-Beitrages 'For eyes only', den Einmarsch der Amerikaner in die DDR verhindern. Man muss aber auch sagen, auch im osteuropäischen Spionagefilm gibt es Filme, die sich ganz klar an James Bond anlehnen - also, da ist auch ein weites Genregeflecht vorhanden."

O-Ton - Film "Der Spion der aus der Kälte kam": "Mr. Leamas, go back please, to your own side Mr. Leamas, Schüsse."

Die besten Agentengeschichten gehen schlecht aus: Wenn Richard Burton, alias Alec Leamas, 1965, als 'Der Spion, der aus der Kälte kam' an der Berliner Mauer stirbt, verdeutlicht das noch den menschenverachtenden Zynismus im Kampf zweier Systeme in der heißen Phase des Kalten Krieges. Die Agenten nach dem Ende des Kalten Krieges sind einsame Einzelkämpfer, von der Arbeitslosigkeit bedroht oder zur Industriespionage verdammt.