Afrikanische Lebenssituationen

Von Elisabeth Nehring · 11.04.2013
Zum ersten Mal zeigt das Movimentos-Tanzfestival in der Wolfsburger Autostadt eine Tanzkompanie aus Afrika: Jant-Bi Jigeen wurde von der senegalesischen Choreografin Germaine Acogny gegründet. In "Afro-dites / Kaddu Jigeen" zeigen die starken Performerinnen Szenen aus dem afrikanischen Alltag.
Erst tanzten in diesem Ensemble nur Männer, im Stück "Afro-dites / Kaddu Jigeen" ('Stimme der Frauen'), das jetzt in Wolfsburg präsentiert wird, dagegen ausschließlich Frauen. Neun Tänzerinnen auf der Bühne zeigen Situationen ihres Lebens – zwischen modern-urbanem und traditionsverhaftetem Leben. In 12 Tableaus präsentieren sie Themen wie Konsum, Spaß, Liebe, Familie, Prostitution, die Praxis des Hautbleichens (die helle Haut als Schönheitsideal für Afrikanerinnen), aber auch Erfahrungen wie Vergewaltigung.

Während das Stück optisch verlockend, aber auch etwas Klischee beladen beginnt – farbenprächtig korrespondieren T-Shirts und Taschen; selbstbewusste, auch provozierende junge Frauen scheuen sich nicht, ihre Reize zur Schau zu stellen – wächst im Laufe der Aufführung Ernsthaftigkeit, Komplexität und Konzentration.

Tradition und Gegenwart wechseln sich ab
Nach einer Gewaltszene – die sich nur in ihrer Wirkung (Zittern, Schreien, Außer-sich-Sein, Waschen), nicht im Gewaltakt selbst zeigt – finden sich die Frauen zu einem Kreis und reinigenden Ritual zusammen. Sie tanzen sich in Raserei und Ekstase, stampfen zu aufpeitschenden Trommelwirbeln, lassen ihre Extremitäten impulsiv in alle Richtungen fliegen. Meditative Stille und explosionsartige Ausbrüche wechseln in dieser Szene ab, genau wie im Stück Elemente traditioneller Tänze (mit u.a. deutlichem Bezug zur Natur- und Tierwelt) mit zeitgenössischen Ansätzen.

Die Tänzerinnen - starke Performerinnen mit ungeheurer Energie und Tanzlust - machen die eher schwachen Gruppenkonstellationen der Choreografin Germaine Acogny wett.

Afro-dites / Kaddu Jigeen
Künstlerische Leiterin: Germaine Acogny
Choreografie: Germaine Acogny und Patrick Acogny
Musik: Fabrice Bouillon-Laforest
Movimentos Festwochen in der Autostadt Wolfsburg
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