Ägyptens Präsident im Porträt

Die "Sisi-Mania" hält an

Im vornehmen Stadtteil Kairos, Garden City, werden am 18.12.2013 in einer Konditorei Pralinen mit dem Konterfei des Oberbefehlshaber Ägyptens, Abdel Fattah al-Sisi, verkauft
Ein Beispiel für den Personenkult um Abdel Fattah al Sisi: Pralinen mit seinem Konterfei © picture alliance / dpa / Sebastian Backhaus
Von Peter Steffe · 02.06.2015
Die Zustimmungswerte für Ägyptens Staatschef Sisi sind auch nach einem Jahr im Amt hoch. Der Ex-General schaffte es, große Hoffnungen im Land zu wecken: mit riesigen Infrastrukturprojekten und trotz heftig kritisierter Menschenrechtsverletzungen.
Noch immer hängen in einigen Bezirken der ägyptischen Hauptstadt Wahlplakate mit dem Bild von Abdel Fattah al Sisi. Es sind die Überreste der Präsidentschaftswahl von vor einem Jahr. Die damals herrschende "Sisi-Mania" hält bis heute an, jedenfalls bei seinen Anhängern. Während des Wahlkampfes gab es Torten mit dem Konterfei des ehemaligen Oberkommandierenden der ägyptischen Streitkräfte, nach ihm benannte Schokolade, es wurde sogar Unterwäsche mit seinem Bild zum Kauf angeboten.
Sisi, am 19. November 1954 in Kairo geboren, ist praktizierender sunnitischer Moslem. Er soll ein Verehrer von Gamal Abdel Nasser sein. Der zweite Präsident der Republik war selbst hoher Militär, ein Nationalist, der mittels Militärputsch die Monarchie in Ägypten beendete. Nasser lehnte die Vermischung von Staat und Religion ab. Eine mögliche Erklärung für das Gegensteuern von Sisi, der mit der Amtsenthebung des islamistischen Präsidenten Mursi im Juli 2013 das politische Projekt der Muslimbrüder "Islamisierung der ägyptischen Gesellschaft" scheitern ließ.
Al-Sisi hält eine Rede. 
Abdel Fattah al Sisi ist der fünfte Präsident Ägyptens, der aus dem Militär kommt.© dpa / Sisi Campaign Handout
Gegner reden noch heute von Putsch
Während Sisis Gegner noch heute von Putsch reden, legt der Feldmarschall a.D., der auf über 40 Jahre Militärkarriere zurückblicken kann, größten Wert darauf, dass die Veränderung zum Wohle des Volkes vollzogen wurden:
"Wir haben als Militärs aus unserer nationalen und historischen Verantwortung heraus gehandelt. Wir haben Gespräche mit nationalen und politischen Kräften, auch mit der Jugend des Landes geführt. Alle Beteiligten haben dem Plan für eine starke und geeinte ägyptische Gesellschaft zugestimmt. Niemand soll dabei ausgeschlossen werden, den Konflikt und die Spaltung überwinden zu helfen."
De facto ist aber die inzwischen als terroristische Vereinigung eingestufte Muslimbruderschaft von diesem Prozess ausgeschlossen. Noch immer laufen zahlreiche Gerichtsverfahren gegen die Islamisten, viele wurden bereits verurteilt, bekamen sogar die Todesstrafe. In einem Fernseh-Interview nahm Sisi dazu Stellung:
"Ich weiß, wie die westliche Kultur und Denkweise solchen Urteilen gegenübersteht. Ich kann das sogar nachvollziehen. Solche Urteile muss man im Rahmen der Unabhängigkeit der Justiz verstehen, wenn wir dabei sind, einen Rechtstaat aufzubauen. Es ist sehr zu schätzen, dass man sich für die Rechtmäßigkeit dieser Urteile interessieren, auf der anderen Seite sollten aber auch die Opfer und die Opferzahlen interessieren."
Sisi gibt sich als moderner Visionär
Ungeachtet der Menschenrechtsverletzungen, die von nationalen und internationalen Organisationen aber auch von westlichen Regierungen äußerst kritisch gesehen werden, geht Sisi unbeirrt seinen Weg.
Er gibt sich als Visionär für ein modernes Ägypten. Der Kampf gegen den Terror, der Aufbau politisch-demokratischer Strukturen, Bekämpfung von Armut und Arbeitslosigkeit sowie Wirtschaftswachstum stehen bei ihm im Fokus:
"Wir brauchen Maßnahmen, um die Wirtschaft schnell anzukurbeln und viel frisches Geld in ihre Adern zu injizieren. Damit können wir eine Verbesserung erzielen, was die Bürger im Alltag sofort spüren, dies führt zu innerer Stabilität und somit kann in Ägypten eine neue Ära beginnen."
Trotz eines maroden Staatshaushaltes, der nur durch milliardenschwere Finanzhilfen von den Golfstaaten am Laufen gehalten wird, schreckte Sisi nicht vor Megaprojekten zurück. Im August 2014 wurde mit dem Ausbau des Suezkanals begonnen. Der 60-jährige Präsident gab den Baufirmen genau ein Jahr Zeit. In wenigen Wochen soll das Prestigeobjekt eingeweiht werden. Sisi, den militärische Weggefährten als scharfen Intellektuellen und gewieften Taktiker beschreiben, will binnen eines Jahrzehnts sogar eine neue Hauptstadt bauen lassen. Auf einem internationalen Wirtschaftsgipfel in Sharm el Sheikh ließ er nicht nur dies bekannt geben. Dort wurden auch Verträge über milliardenschwere Investitionen für Ägypten mit internationalen Partnern geschlossen, unter anderem auch mit Siemens. Alles Vorhaben, die schnellstmöglich umgesetzt werden sollen.
Ein Viertel der Ägypter ist arbeitslos
Bis 2017 ist ein Wirtschaftswachstum Ägyptens von sieben Prozent angepeilt, die Arbeitslosigkeit soll auf unter acht Prozent gedrückt werden. Derzeit ist rund ein Viertel der erwerbsfähigen Ägypter arbeitslos. Außenpolitisch plant Sisi, dass sein Land wieder zu einer Regionalmacht wird, deren Wort Gewicht hat in Nahost. Um das zu unterstreichen lässt Ägypten militärisch derzeit im Jemen-Konflikt die Muskeln spielen und hat sich auch für eine arabische Eingreiftruppe stark gemacht. Als Abdel Fattah al Sisi vor gut einem Jahr in einem Fernsehinterview gefragt wurde, wie er sich verhalten würde, wenn die Ägypter mit seiner Arbeit als Präsident unzufrieden wären, sagte er:
"Ich werde nicht warten, bis die Menschen ein drittes Mal auf die Straße gehen. Wenn die Menschen gegen mich auf die Straße gehen, werde ich mich ihrem Willen sofort beugen, denn anders kann ich nicht vorgehen. Ich bin ein Mensch, der sich um das Land und um seine Menschen kümmert."
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