Acht-Brücken-Festival in Köln

Lautmalerei auf der Treppe

Performance "LANXESS Tower" von Studierenden der Hochschule für Musik und Tanz Köln
Performance "LANXESS Tower" von Studierenden der Hochschule für Musik und Tanz Köln © Jörg Hejkal / Acht Brücken Festival
Von Jan Tengeler · 01.05.2017
Seit sieben Jahren versucht das "Acht Brücken Festival" in Köln, Neue Musik einem breiteren Publikum näher zu bringen - und das an ungewöhnlichen Orten. Außerdem will es den Nachwuchs fördern und stellt deshalb Werke junger Künstler vor.
"Treppe Absatz Himmel" nannte sich diese Performance zwischen Lautmalerei und Tanzeinlagen, mit der das Acht Brücken Festival eröffnet wurde. Studierende der Hochschule für Musik und Tanz in Köln zeichneten dafür verantwortlich, dem Titel entsprechend unter freiem Himmel auf den Treppen zu Füßen eines Hochhauses am Rhein.
Für ungewöhnlich-urbane Spielorte ist das Festival genauso bekannt wie für die Förderung des Nachwuchses. Unter dem Titel "Response 2017" präsentieren 100 Schüler aus Köln und Umgebung ihre selbstkomponierten Stücke. Denn "Neue Musik" will vermittelt und ausprobiert werden, wie die junge Geigerin Franziska Babilon erläutert. Ihre Komposition "Unendlich" wurde bereits auf der großen Bühne der Philharmonie gespielt.
Franziska Babilon: "In diesem Projekte haben wir uns in unseren Schulen damit auseinandergesetzt, was Neue Musik heißt, wie man Instrumente anders klingen lassen kann. Das war sehr frei, was wir gemacht haben, keinerlei Vorgaben."
"Unendlich" - eine Komposition für Geige, elektrische Zither, Akkordeon, Cello und Vibraphon - kaum zu erraten, dass hier nicht erfahrene Musiker, sondern junge Schüler ein selbstkomponiertes Avantgarde-Stück zum Besten geben.

Das Publikum kommt mit - mit 50 Jahren Verzögerung

Für Louwrens Langevoort, dem Gründungsintendanten des "8 Brücken Festivals" und Chef der Kölner Philharmonie, ist der Bildungsaspekt wesentlich. Es genüge nicht, klassische Musik in ihrer musealen Funktion darzubieten. Man brauche keine Angst vor ungewohnten Klängen zu haben, auch, wenn es nachvollziehbare historische Gründe für den "Schrecken vor der Moderne" gebe.
"Durch die Zwischenkriegszeit, den Nazismus, die einen Teil der Musik verboten hat, hat es in der Restaurierung nach dem Krieg nur zwei Pole gegeben: Einmal sind die altmodischen Sachen weitergegangen, ein anderer Pol, der radikal weitergegangen ist, mit Nono, Stockhausen oder Boulez. Die haben sich deutlich positioniert und gedacht: Das Publikum kommt mit. Das Publikum kommt auch mit, aber mit einer Verzögerung von 50 Jahren."
"Cantatrix Sopranica" ist ein Werk der südkoreanischen Komponistin Unsuk Chin. Darin thematisiert sie sängerische Befindlichkeiten, Tricks und Ticks vom Einsingen bis zur Selbstdarstellung auf der Bühne. Sie widmet sich mit einem Augenzwinkern den performativen Aspekten von Musik und Sprache, wie sie mit Louwrens Langevoort erklärt.
"Es ist eine sehr lustige, auch ironische Musik, da geht es auch um die Allüren, also, ich will ja keine Sängerinnen beleidigen, aber…"
Langevoort: "Eine Sängerin darf auch eine Diva sein."
"Genau."

Schwerpunkt mit Werken von Unsuk Chin

Humor und theatralische Aspekte sind Bestandteil vieler Werke von Unsuk Chin. Die Südkoreanerin lebt seit 1985 in Deutschland und hat bei György Ligeti gelernt. Ihr widmet das Acht Brücken Festival einen besonderen Schwerpunkt, auch weil die menschliche Stimme – mit oder ohne Text - oft im Zentrum ihres Schaffens steht.
Um Sprache und die Grenzen sprachlicher Verständigung ging es auch in einem Konzert des Kölner Willkommenschors. Der trifft sich seit zwei Jahren und versucht, Menschen insbesondere aus muslimischen Ländern mit der Kultur gemeinsamen Singens, die ja in Deutschland weit verbreitet ist, vertraut zu machen.
In einer Mischung aus live dargebotenen Gesang und elektronisch verarbeiteten Interviews haben die Choristen die Annäherung an die deutsche Sprache thematisiert.
"Mein Name ist… Was ich noch sagen wollte… erst Mal nichts."

Das Festival "Acht Brücken" läuft noch bis zum 7. Mai 2017.