Abschiedstour des US-Präsidenten in Berlin

Merkel und Obama inszenieren Nostalgie

Barack Obama und Angela Merkel begrüßen sich mit Wangenküsschen.
In Nostalgie vereint - US-Präsident Barack Obama bei seiner Abschiedstour in Berlin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel © dpa/AP/Michael Sohn
Christina Landbrecht im Gespräch mit Timo Grampes · 18.11.2016
Sie sind das meistfotografierte politische Doppel dieser Tage. Die Bilder von US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel aus Berlin sollten Nostalgie und Wehmut vermitteln, sagt die Kunsthistorikerin Christina Landbrecht.
Barack Obama geht und es seufzt von vielen Titelseiten: "Verliebt in Berlin", "Ein schwerer Abschied", "Ain’t no sunshine when he’s gone". Dazu sehen wir Obama und Angela Merkel vorm Bundeskanzleramt im Gegenlicht, sich unendlich vertraut in die Augen schauend. Oder beim Rendezvous im holzvertäfelten Esszimmer des Hotel Adlon, das Licht fast schummrig, vor dem Fenster die Nacht.

Gute alte Zeit

Mit Obamas Abschied von Merkel, Deutschland, Europa, geht etwas Großes zu Ende, sagen die Titel und Bilder. Die Gegenwart wird dabei inszeniert, als ob sie schon Vergangenheit wäre – als gute alte Zeit, nach der man sich schon heute sehen kann. Dramatisch an der Grenze zum Komischen. Was bewirken diese nostalgischen Bilder beim Zuschauer?

Tradition der Abschiedsbilder von US-Präsidenten

"Generell ist es so, dass sich alle US-Präsidenten der letzten Jahrzehnte mit mehr oder weniger kitschigen Fotos verabschiedet haben", sagte die Kunsthistorikerin Christine Landbrecht im Deutschlandradio Kultur. Von Ronald und Nancy Reagan habe es ein Bild gegeben, auf dem das Präsidentenpaar die Treppe des Weißen Hauses heruntergeht. Darauf winke die scheidende Präsidentengattin im roten Mantel den Bushs zu. "Bei Bill Clinton ist es etwas anders", sagte Landbrecht. "Das ist nicht so getragen, sondern das ist eher ironisch aufgezogen." Diverse Hollywood-Stars hätten einen Film gedreht, der zeige, dass der Politrentner nicht gewusst habe, was er mit seiner ganzen Zeit anfangen solle. Bei Obama habe sie das Gefühl, dass er bereits ein Image als "Elder Statesman" vorbereite, sagte Landbrecht.

Wie in einer Burg verschanzt

Die Bilder von Obama mit Merkel hätten so etwas Getragenes, sagte die Kunsthistorikerin. Sie sollten symbolisieren, dass Politik eigentlich mehr als ein Job sei, sondern auch eine demokratische Haltung. "Die ganze Aufnahme zeigt uns so ein bisschen, dass sie sich so als Gralshüter der Demokratie inszenieren." Einige Bilder wirkten so, als hätten sich die beiden Politiker wie in einer Burg verschanzt, um die Lage der Welt zu sondieren und ein stillschweigendes Bündnis zu vereinbaren. Merkel und Obama kämen sich dabei sehr nahe. Es werde Freundschaft und Nähe inszeniert.

Wehmut beim Betrachter

"Es gibt ja auch Bilder, wo man fast das Gefühl hat, sie setzen jetzt zum Kuss an obwohl es ja eigentlich ein freundschaftlicher Wangenkuss sein sollte." Bei Betrachter komme dadurch Wehmut und Nostalgie auf. "Diese Bilder, die sie uns geben, das zeigt nochmal so ein deutsch-amerikanisches Bündnis, mit dem wir großgeworden sind, dass auch immer spiegelt, wie sich Deutschland und Amerika zueinander positioniert haben, beide treten für Demokratie ein." Insofern seien die Bilder zutiefst nostalgisch und auch so gewollt.
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