Abschiedskonzert von Tugan Sokhiev beim DSO

Margarethe wird gerettet

Deutsches Symphonie-Orchester Berlin (DSO) mit Dirigenten Tugan Sokhiev / Kai Bienert, 2014
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin mit Dirigenten Tugan Sokhiev © Kai Bienert
26.06.2016
Mit einem monumentalen Werk beschließt der Dirigent Tugan Sokhiev seine vier Jahre als Chefdirigent des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin: mit „La Damnation de Faust“ von Hector Berlioz, einer „Dramatischen Legende“ frei nach Goethe. In der Titelrolle: der Tenor Paul Groves.
Eigentlich hätte Mozart seinen "Faust" vertonen müssen, seufzte der Dichterfürst Goethe einmal. Doch der war 1808, als der erste Teil des Dramas erschien, schon längst tot. Die "Huit Scènes de Faust", die der französische Komponist Hector Berlioz in den Jahren 1828/29 schrieb, fanden hingegen bei Goethe keine positive Resonanz. Das überbordend Romantische in Berlioz‘ Musik entsprach nicht dem konservativen Musikgeschmack des Dichterfürsten.
Zwei Jahrzehnte später erweiterte Berlioz die Faust-Szenen zu einem abendfüllenden Werk, das merkwürdig zwischen Konzertsaal und Oper changiert. Von einer "Symphonie descriptive" ist die Rede, später nennt Berlioz sein Werk eine "Légende dramatique". Aber unverkennbar spukt auch die Große Oper des 19. Jahrhunderts im Hintergrund. Wenn schon nicht auf der Bühne, so entstehen vor dem inneren Auge des Hörers höchst plastische Szenen.
Mit Goethe haben diese Bilder allerdings nicht unbedingt etwas zu tun. Um den äußerst populären Rákóczy-Marsch unterzubringen, verlegt Berlioz die erste Szene nach Ungarn. Und auch sonst schöpft Berlioz musikalisch aus dem Vollen. Entstanden ist so ein prächtiges musikalisches Panorama, das mit aller kompositorischer Raffinesse das Schicksal des auf Abwege geratenen Genies Faust schildert – bis hin zu seiner letztendlichen Verdammnis, die aber die Rettung Margarethens mit sich bringt.
Für Tugan Sokhiev, der neben der russischen vor allem die französische Musik als Herzensangelegenheit begreift, ist diese "Légende dramatique" die perfekte Gelegenheit, noch einmal mit "seinem" Orchester alle Register der Orchester-Klangkunst zu ziehen. Unterstützt wird er dabei gleich von zwei Chören, dem Rundfunkchor Berlin und dem Staats- und Domchor Berlin, sowie einer illustren Riege von Vokalsolisten, unter denen der Tenor Piotr Beczala in der "Titelrolle" herausragt.

Philharmonie Berlin
Aufzeichnung vom 25. Juni 2016
Hector Berlioz
"La Damnation de Faust"
Légende dramatique op.24 für Soli Chor, Kinderchor und Orchester
Faust - Paul Groves, Tenor
Marguerite - Agunda Kulaeva, Mezzosopran
Méphistophélès - Ildebrando d'Arcangelo, Bass
Brander - José Fardilha, Bassbariton
Rundfunkchor Berlin
Staats- und Domchor Berlin
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Leitung: Tugan Sokhiev