80 Jahre Gabi Luncă

Die letzte große Stimme des rumänischen Hochzeitsgesangs

Tanzende Frauen in bestickten Blusen und mit Kränzen in den Haaren
Auf vielen Festen wurde zu Gabi Luncăs Liedern getanzt. © imago stock&people
Von Grit Friedrich  · 16.10.2018
Ein armes rumänisches Dorfmädchen, das mit seiner Stimme die Menschen in ihrem Land begeisterte: Gabi Luncă blickt auf eine erfolgreiche Karriere als Volkssängerin zurück. Heute wird sie 80 Jahre alt.
Bukarest in den 80er-Jahren, da tönte vor allem Staatsfolklore aus dem Radio, absurde Lieder über die von Ceausescu ausgerufene goldene Epoche. Bei privaten Festen wurde dagegen vitale Vorstadtmusik gespielt, mit unzensierten Texten. Auch Gabi Luncă hat lange auf Hochzeiten gesungen.
Oft kopiert, aber unerreicht ist ihr silbriger Gesang und ihr weiches Vibrato. Obwohl Gabi Luncă "immer leicht neben dem Takt lag", wie sich der Akkordeonist Victor Gore erinnert. Und sie schrieb eigene Lieder, wie "Un parinte poate creste" über die Liebe von Kindern zu ihren Eltern. Hier soll sogar die Diktatorengattin Elena Ceaușescu Tränen vergossen haben.

Eine Kindheit in bitterer Armut

Gabi Luncă stammt aus Varbilau, einem Dorf im Prahovatal, wo Restaurantchefs seit Jahrzehnten Musiker engagieren. 1938 geboren, wuchs sie in bitterer Armut als Kind eines Geigers auf. Doch Mitte der 50er-Jahre gewann Gabi Luncă einen regionalen Musikwettbewerb für Amateure. Wenig später wollte der Dirigent Ionel Budisteanu mit ihr einige Lieder aus der Vorstadt aufnehmen.
Die kleinen Taraf genannten Romakapellen mit Geige, Tzimbalom, Kontrabass und Akkordeon dominierten bis in die späten 80er-Jahre die populäre Musikkultur Rumäniens. Die Meisten, die diese Melodien von Generation zu Generation weitergegeben haben, waren Roma wie Gabi Luncă. Heute hat sie, anders als viele ihrer früheren Kollegen, ein regelmäßiges Einkommen.
Die bestürzende Armut vieler Roma in Rumänien sieht sie trotzdem:

"Viele Dinge sind nicht in Ordnung und das schmerzt mich. Ceaușescu war wie er war, aber damals gab es bei uns niemanden ohne Wohnung, ohne Arbeit, ohne ein Stück Brot."

Keine Lust auf Konkurrenzkampf

Seit Anfang der 90er-Jahre singt Gabi Luncă nur noch bei Gottesdiensten der Pfingstgemeinde. Ihrem Mann war das Hochzeitsgeschäft zu anstrengend geworden und es tauchte ein neues Genre auf: Manele. Das ist orientalischer Pop mit Texten über Liebe, Geld oder die Mafia. Die hoch angesehene und tief religiöse Sängerin hatte keine Lust mit den neuen Stars dieser Maneleszene zu konkurrieren.
Jetzt wird die letzte große Stimme der "goldenen Generation" der Lautarikultur – zu der auch Romica Puceanu und Dona Dumitru Siminică gehörten, 80 Jahre alt. Höchste Zeit für eine Wiederentdeckung ihrer Aufnahmen aus den 60er- und 70er-Jahren - auch in Westeuropa.
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