70 Jahre Grundgesetz

Wehrhafter müsste es sein

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Das Bild zeigt das Grundgesetz im großen Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichtes.
Das Grundgesetz im großen Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts: Es wäre gut, dessen Aufgabe in der deutschen Verfassung zu beschreiben. © imago images / Carmele / tmc-fotografie.de
Anna von Notz und Stephan Detjen im Gespräch mit Anke Schaefer · 23.05.2019
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Das Grundgesetz ist in Deutschland populär. Doch ist es auch stark genug? Kann es uns gegen Angriffe auf die Demokratie schützen? Experten haben "weiche Stellen" ausgemacht - und raten dazu, nachzubessern.
Angesichts von antidemokratischen Tendenzen in Europa fordern Experten, das deutsche Grundgesetz krisensicherer und wehrhafter zu gestalten.
Die Juristin Anna von Notz, Redakteurin beim Verfassungsblog, sagte im Deutschlandfunk Kultur, der Blick nach Polen und Ungarn zeige, dass Machtverhältnisse relativ einfach und effektiv über die Regeln des Wahlrechts beeinflusst werden könnten. Ungarn habe es beispielsweise geschafft, ein Wahlrecht zu schaffen, mit dem der Ausgang der Wahl quasi vorprogrammiert sei.
Für Deutschland müsse man sich klarmachen: "Im Grundgesetz stehen die Wahlrechtsgrundsätze - die Wahl ist allgemein, gleich, frei und geheim - aber alles Andere steht im einfachen Recht, im Bundeswahlgesetz." Und das könne man mit einfacher Mehrheit ändern, warnte sie.

Einfache Gesetze, einfache Mehrheit

Die Beispiele Ungarn und Polen müssten Anlass für die Frage sein, wie sicher die grundgesetzliche Ordnung sei, pflichtete Stephan Detjen bei. Der Jurist und Leiter unseres Hauptstadtbüros sagte, das Grundgesetz habe noch eine "zweite weiche Stelle" - und das seien die Bestimmungen zum Bundesverfassungsgericht.
Dessen Aufgabe werde in der deutschen Verfassung nur "rudimentär" geregelt, kritisierte er. Auch die Funktionsweise des Verfassungsgerichts sei nur in einem einfachen Gesetz festgehalten - und auch hier reiche eine einfache Mehrheit, diese zu verändern.
So lasse sich beim Wahlrecht als auch beim Verfassungsgericht Sand ins Getriebe streuen, warnte Detjen: "Wir sehen zur Zeit, wie das in Demokratien passiert, wie genau mit diesen Instrumenten Demokratien zerstört werden." Noch habe Deutschland die Möglichkeit, sich davor zu schützen.
(ahe)
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