60 Jahre Lego-Patent

Warum die bunten Steine auch Erwachsene faszinieren

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Lego-Blogger Andres Lehmann © Andres Lehmann
Andres Lehmann im Gespräch mit Katrin Heise  · 27.01.2018
Vor 60 Jahren wurde Lego patentiert. Noch heute ist die Fangemeinde groß, auch unter Erwachsenen. Der Lego-Blogger Andres Lehmann ist dem Griff nach den bunten Steinen so erlegen, dass er seinen Job als Stadtplaner an den Nagel gehängt hat.
Vor 60 Jahren meldete die dänische Familie Christiansen ihre Erfindung zum Patent an: den Lego-Stein mit Steckverbindung. Seither erlebten die bunten Steine eine beispiellose Erfolgsgeschichte. Nicht nur Kinder und Jugendliche verbringen ihre Zeit gerne mit Lego, sondern auch zahlreiche Erwachsene.

Entspannen mit Lego

Der Blogger Andres Lehmann schreibt tagsüber Artikel über Lego und entspannt am Abend mit Lego. Der frühere Stadftplaner entwirft gerne eigene Kreationen und teilt seine Liebe zu den bunten Steinen inzwischen mit seiner älteren Tochter. Seine Faszination begründete Lehmann im Deutschlandfunk Kultur damit, dass man mit Lego-Steinen wirklich alles bauen könne, was einem in den Sinn komme. "Man kommt an sich ganz selten an seine Grenzen, wo man denkt, das ist nicht mehr möglich", sagt er. Sein Blog "zusammengebaut.com" sei unabhängig und werde nicht von der Spielzeugfirma bezahlt, sagt Lehmann.

Das Interview im Wortlaut:

Katrin Heise: Ich glaube, bei uns zu Hause liegen noch Lego-Steine der ersten Generation herum! Die sind knapp 60 Jahre alt und ehrlich gesagt kann man mit ihnen nicht mehr so richtig spielen, die sind so viel bebaut worden, dass sie ein bisschen ausgeleiert sind, das sind vor allem Erinnerungsstücke. Aber Lego-Steine lassen die Augen von Erwachsenen nicht nur leuchten, wenn sie sich in ihre Kinderjahre versetzt fühlen, es gibt auch die AFOL, die Adult Fans of Lego, die erwachsenen Lego-Fans. Einer von ihnen ist Andres Lehmann, der mit seinem Lego-Blog zusammengebaut.com sein Geld verdient als Fachjournalist. Und ich erreiche ihn auf dem Handy, denn er ist auf dem Weg zu einer Lego-Ausstellung, natürlich! Guten Morgen, Herr Lehmann!
Andres Lehmann: Schönen guten Morgen, Frau Heise, ich grüße Sie aus Hamburg!
Heise: Von wegen Spielzeug! Wie teuer ist der teuerste Legostein, gibt es da so einen Preis?
Lehmann: Ja, das ist ganz schwer zu sagen. Natürlich gibt es dann auch Fans, die Lego-Steine vergoldet haben und aus Platin, da gibt es die ganz verrücktesten Geschichten! Aber gerade ältere Sets und ältere Steine haben natürlich ihren Wert.
Heise: Hat Ihre Beschäftigung mit Lego eigentlich noch irgendetwas Spielerisches?
Lehmann: Ja, hat sie. Und zwar dann, wenn die Arbeitszeit zu Ende ist. Denn tagsüber schreibe ich natürlich Artikel, bearbeite Bilder, schneide Videos, und dann abends setze ich mich gerne hin und baue Lego-Sets. Insofern, das hat dann wirklich was Spielerisches, oder ich entwerfe eine eigene Kreation.
Handwerker aus Lego-Klötzchen.
Handwerker aus Lego-Klötzchen.© imago
Heise: Das ist ja der Traum eines jeden kleinen Lego-Spielers, Lego erfinden! Wird das dann auch umgesetzt?
Lehmann: Also bei mir ist es so, wenn ich irgendwas sehe, was mir wirklich gut gefällt, dann greife ich zu den Lego-Steinen und versuche, es nachzubauen. Das gelingt mir nicht immer, aber oft hat man dann gerade bei so einer schönen Hausfassade oder so dann doch die richtigen Steine zur Hand, um das dann wirklich so gut wie möglich zu realisieren.

"Man kommt selten an Grenzen"

Heise: Sagen Sie, um das mal hier zu klären für alle: Sie werden nicht von Lego bezahlt, oder?
Lehmann: Nein, nein, ich bin ein völlig unabhängiger Blog und das hat sich so in den Jahren immer weiter entwickelt. Und dann wurde die Arbeit irgendwann so viel, dass es nicht mehr anders ging. Ich bin eigentlich Stadtplaner, diplomiert, und habe schon während des Studiums sehr gerne geschrieben und habe dann einen neuen Blog gestartet, und da war Lego ein Bestandteil von. Und das wurde dann immer mehr, immer mehr, und irgendwann war dann für mich die Entscheidung klar: Wenn ich das wirklich noch weiter in dieser Intention fahren möchte, dann muss es wirklich hauptberuflich sein.
Heise: Aber ich meine, gut, Stadtplaner und Lego liegt ja auch nah, kann man die Städte ja auch alle wunderbar schon mal vorplanen. Hat die Faszination in der Kindheit begonnen, nehme ich aber an, dass Sie schon, seit Sie drei sind, Lego-Steine aufeinander bauen?
Lehmann: Oh ja, da können meine Eltern ein Lied von singen, meine Schwester auch. Ich hatte im Zimmer wirklich eine große Spanplatte und darauf stand dann wirklich meine Lego-City. Da kreiste der Zug, damals war ja noch viel Licht im Spiel, ich hatte viele Lampen verbaut und dergleichen. Und da konnte ich stundenlang sitzen und bauen und tüfteln, das hat mir schon als Kind wirklich große Freude bereitet. Und die Faszination hat mich dann vor ein paar Jahren wieder eingeholt.
Heise: Ich entwickele bei Lego-Steinen ein bisschen was Zwanghaftes, ich muss die immer sortieren! Mein Sohn schmeißt immer alles durcheinander und kann trotzdem viel schneller und viel besser bauen. Was ist bei Erwachsenen eigentlich der Kick bei Lego?
Lehmann: Dass man mit Lego-Steinen wirklich alles bauen kann, was man im Sinn hat. Man kommt an sich ganz selten an seine Grenzen, wo man denkt, das ist nicht mehr möglich. Wobei, Sie sprechen da was Lustiges an. Meine größere Tochter hat natürlich auch schon viele Lego-Steine und sie sagt immer: Papa, bei dir ist es einfacher zu spielen, weil alles so schön sortiert ist! Als ich ein Kind war, hatte ich auch meine drei großen Kisten, da waren die Steine drin, das gehört so als Kind, und später, als AFOL darf man dann anfangen, die Steine nach Farben und Größe und Element zu sortieren. Aber als Kind geht wirklich vor allem natürlich der Spaß ganz vorne weg und man muss dann wirklich in Kisten wühlen, das gehört dazu!

Markt für erwachsene Fans

Heise: Was ich jetzt aber gerade heraushöre, was nicht bei Ihnen dazugehört, ist, dass Sie und Ihre Tochter das Lego zusammenschmeißen! Sie haben getrennte Kisten?
Lehmann: Ja, es gibt da wirklich die Regel, sie darf auch bei mir bauen und sie darf sich auch mal einen Stein ausleihen, und natürlich kommt auch mein Stein zu ihr in die Sammlung. Aber prinzipiell ist wirklich die Regel, weil es ja auch mein Beruf: Papas Lego bleibt in Papas Raum und das Lego meiner Tochter bleibt in ihrem Zimmer.
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Der frühere Stadtplaner widmet sich mit Vorliebe dem Aufbau von Häuserfassaden © Andres Lehmann
Heise: Sie darf sich mal einen Stein ausleihen, sehr hübsch gesagt! Gibt es eigentlich Bausätze für Erwachsene?
Lehmann: Ja, die gibt es. Denn mittlerweile ist es ja so, dass Lego da erkannt hat, dass der Markt der erwachsenen Lego-Fans sehr, sehr groß geworden ist. Und es gibt Wall Building, also Big Ben, Tower Bridge, es gibt Lego-Architecture-Modelle, also richtige Skyline-Sets, wo man so die wichtigsten Gebäude von großen Metropolen nachbauen kann, und es gibt die Lego-Ideas-Reihe, bei der Lego-Fans ihre Ideen einreichen können.
Und wenn die dann 10.000 Unterstützer-Stimmen haben, könnte es sein, dass Lego sagt, wir realisieren die Idee als Lego-Set. Es ist mittlerweile ein großer Markt, weil auch die Preise natürlich entsprechend sind. Es gibt zum Beispiel einen Lego-Star-Wars-Millenium-Falcon, der kostet dann auch mal 800 Euro. Das kann man dann halt dem Nachwuchs nicht mal so eben zum Bauen fürs Wochenende schenken.

"Den Reiz machen die bunten Steine aus"

Heise: Nee, aber wünschen würden die sich den schon! Manchmal könnte man ja vielleicht vermuten, dass der insgesamt auch irgendwie eher in die Erwachsenenwelt geht, weil die vielleicht das Analoge dann noch benutzen, um sich zu entspannen, während Kinder vielleicht dann auf dem Tablet mit animiertem Lego spielen! Können Sie sich das vorstellen?
Lehmann: Ja, es gibt natürlich da auch etliche Verknüpfungen. Es gibt das Lego-Boost-System, dass wirklich Kinder einen kleinen Roboter bauen und den dann auch mit dem Tablet steuern können, man kann auch Lego-Sets am PC entwerfen mit entsprechenden Tools. Bei mir persönlich ist die Faszination wirklich so, dass ich am liebsten zu den Steinen greife.
Aber Kinder können natürlich auch hergehen und sagen, wir entwerfen eine Idee am Rechner oder wir nehmen halt einen kleinen Roboter zur Hand und steuern den. Da gibt es schon Verknüpfungen, aber die Faszination als solche, den Reiz machen wirklich die bunten Steine aus. Das merke ich zumindest bei mir jeden Tag bei der Arbeit und auch bei den Kommentaren und Rückmeldungen, das ist immer noch das, wovon Lego hauptsächlich lebt.
Heise: Also immer noch das, was man anfassen kann. Andres Lehmann, Chefredakteur von zusammengebaut.com, einem Lego-Blog im Netz! Danke und viel Vergnügen bei der Ausstellung!
Lehmann:!! Vielen Dank!
Heise: Morgen ist es also 60 Jahre her, dass der Lego-Stein patentiert wurde, aber man kann übrigens trotzdem immer noch auch mit Holzklötzen spielen!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandfunk Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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