60 Jahre deutsche Länder

Von Harald Selke und Andreas Kampa · 02.10.2006
20. Oktober 1946. Aus den freien und geheimen Wahlen im Land gehen die Liberalen und die Christdemokraten als Sieger hervor. Gemeinsam erreichen sie die Mehrheit im Landtag. Diese Konstellation gibt es in keinem anderen der Länder in der Sowjetischen Besatzungszone. Am 4. Dezember 1946 wird Erhard Hübener zum Ministerpräsidenten gewählt und zugleich Justizminister.
Die Amerikaner hatten ihn bereits im Mai 1945 als Landeshauptmann, die Sowjets zwei Monate danach als Präsidenten der Provinzialverwaltung eingesetzt. Damit steht ein bekannter Politiker der Weimarer Republik und Mitbegründer der LDP in Halle an der Spitze des Landes. Ministerpräsident Hübener ist in den Nachkriegsjahren der Hoffnungsträger für demokratisch legitimierte Politik in Sachsen-Anhalt. Aber nicht nur dort stößt er an Grenzen. Juni 1947. München. Hübener nimmt als einziger Politiker, der nicht der SED angehört, für die Sowjetische Besatzungszone an der Ministerpräsidenten-Konferenz teil. Sein Enkel berichtet: "Er hatte seinerzeit die Teilnahme der Ost-Ministerpräsidenten dem Marschall Sokolowski mit der Androhung seines Rücktritts abgetrotzt und musste dann in München erleben, dass einige der Ministerpräsidenten - nicht nur die aus Ost-, sondern auch die aus Westdeutschland - die Einheit Deutschlands gar nicht wollten oder nicht auf sie hinarbeiten durften. Das hat ihn grenzenlos enttäuscht."

Am 25. April 1945 beginnt bei Torgau die Nachkriegszeit. Amerikanische und sowjetische Soldaten begegnen sich auf den Trümmern der zerstörten Elbbrücke.

Alexander Silwaschko: "Wir haben getanzt, wir haben Wodka und Champagner getrunken. Es war ein großes Fest. Das war der Sieg."

Das einen Tag später nachgestellte Foto geht um die Welt – Russen und Amerikaner strecken sich die Hände entgegen.

Delbert Philpott: "Wir fühlten uns als Waffenbrüder, und wir schlossen uns in die Arme. Wir ließen unseren Gefühlen und unserer Freude freien Lauf, wie glücklich wir darüber waren, unser Ziel erreicht zu haben. Wir hatten nicht die leiseste Ahnung, dass sich die Dinge so verschlechtern würden!"

Das Ende des Krieges steht auch hier am Beginn einer neuen Geschichte.
Noch 1944 war die Provinz Sachsen von den Nationalsozialisten in die Provinzen Magdeburg und Halle-Merseburg aufgeteilt worden, der Regierungsbezirk Erfurt an Thüringen gefallen. Nach dem vereinbarten Rückzug der Amerikaner, die als Gegenleistung in Berlin West-Sektoren erhalten, fasst die sowjetische Militärverwaltung im Juli 1945 beide Gebiete und den Freistaat Anhalt unter dem Namen "Provinz Sachsen" zusammen. Nach den ersten freien Landtagswahlen 1946 wird sie zunächst in "Provinz Sachsen-Anhalt", mit den Regierungsbezirken Magdeburg, Halle-Merseburg und Dessau, umbenannt. Mit Inkrafttreten der Landesverfassung vom 10. Januar 1947 gilt die Provinz Sachsen-Anhalt auf sowjetischen Befehl staatsrechtlich als Land.

20. Oktober 1946. Jeder wahlberechtigte Bürger kann an den freien und geheimen Wahlen im Land teilnehmen. Aus ihnen gehen die Liberalen und die Christdemokraten als Sieger hervor. Gemeinsam erreichen sie die Mehrheit im Landtag. Diese Konstellation gibt es in keinem anderen der Länder in der Sowjetischen Besatzungszone.

Erhard Hübener wird am 4. Dezember 1946 zum Ministerpräsidenten gewählt und zugleich Justizminister. Die Amerikaner hatten ihn bereits im Mai 1945 als Landeshauptmann, die Sowjets zwei Monate danach als Präsidenten der Provinzialverwaltung eingesetzt. Damit steht ein bekannter Politiker der Weimarer Republik und Mitbegründer der LDP in Halle an der Spitze des Landes.
Sein Enkel, Dr. Erhard Hübener aus Kiel, über die Probleme, vor denen sein Großvater stand:

"So wollten die Sowjets unbedingt die Bodereform von 1945 durchsetzen, und sie haben sie auch erreicht. Sie haben erreicht, dass das Präsidium der Provinz Sachsen sie beschlossen hat. Mein Großvater hat als Präsident der Provinz Sachsen als Einziger gegen sie gestimmt, aber er konnte sie gleichwohl nicht verhindern."

Der hoch geachtete und in der Bevölkerung beliebte Politiker nutzt jeden noch so kleinen Spielraum, hält an seinem Demokratieverständnis fest.

"Spielräume gab es in dem Bereich der Bekämpfung der unmittelbaren Not, der Wiederherstellung einer einigermaßen funktionierenden Infrastruktur und dann in dem Aufbau der Verwaltung, die ja nebenbei auch noch von nationalsozialistischen Amtsträgern gesäubert werden musste. Vielleicht so ein kleines Beispiel: In allen ostdeutschen Ländern erhielten die so genannten ‚nicht arbeitenden Hausfrauen’ keine Lebensmittelmarken für Fett oder Fleisch – außer in Sachsen-Anhalt! Da hat es mein Großvater erreicht, dass diese Ungerechtigkeit beseitigt wurde."

Ministerpräsident Erhard Hübener ist in den Nachkriegsjahren der Hoffnungsträger für demokratisch legitimierte Politik in Sachsen-Anhalt. Aber nicht nur dort stößt er an Grenzen.

"Seine Maxime war zu dieser Zeit damals, dass alle Entscheidungen gut waren, wenn sie der Einheit Deutschlands dienten, und umgekehrt alle Entscheidungen schlecht, wenn sie der Einheit Deutschlands nicht dienten. Und auf diesem Weg hat er zum Teil herbe Enttäuschungen erleben müssen. Die schlimmste davon war sicherlich die Münchener Ministerpräsidenten-Konferenz von 1947."

Juni 1947. München. Hübener nimmt als einziger Politiker, der nicht der SED angehört, für die Sowjetische Besatzungszone an der Ministerpräsidenten-Konferenz teil.

"Er hatte seinerzeit die Teilnahme der Ost-Ministerpräsidenten dem Marschall Sokolowski mit der Androhung seines Rücktritts abgetrotzt und musste dann in München erleben, dass einige der Ministerpräsidenten – nicht nur die aus Ost-, sondern auch die aus Westdeutschland – die Einheit Deutschlands gar nicht wollten oder nicht auf sie hinarbeiten durften. Das hat ihn grenzenlos enttäuscht."

1948 schließlich das politische Ende. Minister der Landesregierung werden verhaftet. Hübener protestiert mit seinem Rücktritt als Justizminister gegen die Repressalien und gegen die entschädigungslose Enteignung von Großgrundbesitzern. Im Januar 1949 erklärt er als Ministerpräsident seinen Rücktritt zum Ende der Legislaturperiode – offiziell aus "altersbedingten" Gründen. Noch im Oktober geht er als Professor für Verwaltungskunde in den Universitätsbetrieb Halle und wird publizistisch tätig.
Sachsen-Anhalt wird ein Land der DDR.

Am 23. Juli 1952 beschließt der Landtag die formale Auflösung des Landes. Sachsen-Anhalt wird in die Bezirke Magdeburg und Halle aufgegliedert. Hauptstädte der gleichnamigen Bezirke sind Halle und Magdeburg. Teile des ehemaligen Landes fallen den Bezirken Leipzig und Cottbus zu. Mit der Verwaltungsreform soll der "demokratischen Zentralismus" in den Städten und vor allem auf dem Lande durchgesetzt werden.

Vielen Kleinbauern mit wenig Ackerfläche sind die LPG eine wirkliche Alternative, andere sehen rasch auch wirtschaftliche Vorteile. So Bauer Hubert Lübke aus dem Ohre-Kreis:

"Ich weiß nicht mehr genau, wie die Getreideabgabe war, aber bedeutend geringer als bei uns zu Hause privat. Also konnte man da schon ne Menge Viehzeug mehr halten oder besser füttern, also das war damals schon ne enorme Sache!"

Schon bis 1948 werden im Zuge der Bodenreform 54 Betriebe in große Volkseigene Güter umgewandelt. Die Kollektivierung schreitet voran.

"Wir haben uns sehr oft unterhalten, da bei uns in unserer Gemeinde noch keine Produktionsgenossenschaft war und wir nun doch eingesehen haben, dass die Großraumwirtschaft einen besseren und mehr Ertrag bringt als wie die Einzelwirtschaft. Und wir wollen es auch unseren Frauen leichter machen als wie bisher."

Doch es regt sich auch Widerstand gegen den stärker werdenden Druck.

"Ich bin alleine übrig geblieben, dann habe ich mir gesagt, ich muss die Flucht vorbereiten oder werd ich verschleppt. Und diesem Schicksal wollte ich aus dem Weg gehen."

Große Jugendobjekte sollen neuen Boden für die Landwirtschaft gewinnen. Die Trockenlegung der Wische in der östlichen Altmark von 1958 bis 1962 ist das Beispiel dafür.

Die meisten Bauern sind skeptisch, aber sie ändern ihre Meinungen rasch. Ein Dorfschullehrer aus Wendemark über die Stimmung im Ort:

"Die ganze Bevölkerung nimmt daran Anteil. Überhaupt diese Jugendlichen, die doch eine andere Atmosphäre in unser Dorf getragen haben, wenn sie morgens durchs Dorf fahren zu ihrer Arbeitsstelle, wenn sie abends heim kommen, da ist einerseits Unruhe für die Schulspeisungsküche, aber doch auch wieder sehr schön, denn man spürt, wir sind hier im Wischedreck nicht allein gelassen, sondern die Jugend aus den Städten, aus den Fabriken, aus dem ganzen Bezirk kommt und hilft uns, endlich mal einen entscheidenden Schritt vorwärts zu kommen."

1964 dreht der Deutsche Fernsehfunk der DDR darüber den heiteren Fernsehfilm: "Egon und das achte Weltwunder".

"Wische-Lied": "Mit Spaten und Hacke und Schaufeln geht’s ran, die Gräben sind Adern zum Leben. Bei uns gibt’s kein Hadern, wie scheuen kein Mühn, wir schaffen der Wische die Gräben! Wische, Wische, viele hundert Gräben geben dir ein neues Gesicht. Wische, Wische, tausendfaches Leben und wir alle, alle helfen mit"

Die industriellen Voraussetzungen Sachsen-Anhalts, so für den Schwermaschinenbau im Raum Magdeburg-Schönebeck und insbesondere im Chemiedreieck Halle/Merseburg/Bitterfeld, sind bei Kriegsende mehr als ernüchternd. Karl Becker, letzter Forschungsdirektor in Leuna, erinnert sich:

"Es ist ja völlig klar, dass Leuna eine kriegswichtige, vielleicht sogar kriegsentscheidende Einrichtung gewesen ist. Und es war zu erwarten, dass irgendwann die angloamerikanischen Bomber hier versuchen werden, diese Einrichtung zu zerstören. Es begann dann auch im Jahre 1944. Ich habe alle Angriffe miterlebt."

Leuna wird wieder aufgebaut. Durch die traditionelle Großchemie wird der Bezirk Halle Ende der fünfziger Jahre besser gefördert als der Bezirk Magdeburg. Anfang November 1958 beschließt die Chemiekonferenz der SED das Chemieprogramm für die DDR. Die chemische Produktion ist bis 1965 zu verdoppeln, die DDR-Chemie mit der Wirtschaft der RGW-Staaten zu vernetzen. Der Chemieindustrie im Raum Halle-Leuna-Bitterfeld kommt eine besondere Bedeutung zu. Treibstoffe werden aus sowjetischem Erdöl gewonnen. Leuna wird zum Petrolchemischen Zentrum der DDR. Karl Becker ist auch dabei, als das für Millionen DDR-Bürger "anziehendste" Produkt Leunas auf den Markt kommt.

"Die Amerikaner hatten ihr patentrechtlich geschütztes Nylon. Das Pendant dafür ist in Leuna entwickelt worden auf der Basis von Caprolactam, was dann letztendlich mündete in das Produkt, was unter dem Namen ‚Perlon’ bekannt geworden ist."

Arbeiten und leben. Wohnraum in Mitteldeutschland ist knapp. Der Wiederaufbau Magdeburgs zu einer sozialistischen Großstadt wird beschlossen. Am 10. Mai 1953 erfolgt die Grundsteinlegung.

Walter Ulbricht: "Ich wünsche gute Erfolge beim Neuaufbau von Magdeburg und spreche den Wunsch aus, dass es der Bevölkerung unter der Führung unseres Präsidenten Wilhelm Pieck und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik gelingt, die Umgestaltung von Magdeburg mit Erfolg durchzuführen."

Magdeburgs Innenstadt wird - nach dem Vorbild der Berliner Stalinallee - mit großflächigen Wohnbauten im typischen so genannten Zuckerbäckerstil bebaut. Und das große Wohnungsbauprogramm soll insbesondere in Halle seine schnelle Entsprechung finden. Am 15. Juli 1964 erfolgt unweit der Chemiegiganten Leuna und Buna die Grundsteinlegung für die Chemiearbeiterstadt Halle-West durch den 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung. Er heißt Horst Sindermann.

"Manche sagen uns, ihr habt es recht eilig mit dem Abriss der alten Häuser. Wir haben Ihnen geantwortet: Ja, das stimmt, wir haben es wirklich eilig, weil wir großzügige Baufreiheit für die Erbauer von Halle-West brauchen, aber auch deshalb, weil es unseren Vorstellungen vom Sozialismus entspricht, wenn diese und andere Zeugen kapitalistischer Vergangenheit so schnell als möglich getilgt und statt ihrer solche Wohnverhältnisse geschaffen werden, in denen sich der Mensch wohl fühlen kann."

Halle Neustadt, Ha-Neu, wird zum Schlagwort und Synonym für die Plattenbauweise. Dabei ist der Wohnungsbau zugleich politisches, soziales und kulturelles Programm. In der Praxis führt dies jedoch zur Reduzierung der Wohnflächen und zur Vernachlässigung der Pflege historischer Bauten. Einmalige historische Bauten von überragender Bedeutung für die deutsche Geschichte zerfallen mehr und mehr. Die Umweltbelastung durch die chemische Industrie wird unerträglich.

"Wir sind ein Volk! Wir sind ein Volk! Wir sind ein Volk!"

Stagnation, Wirtschaftskrise, Glaubwürdigkeitskrise; außenpolitische Isolierung, Ausreisewelle, die gewaltlose Wende, Runde Tische - Herbst 1989. Diskussionen in der Volkskammer der DDR. Reinhard Höppner, später Ministerpräsident, erinnert sich an Entwürfe des Runden Tisches in Berlin. Noch Anfang 1990 liegt die neue Verfassung für eine eigenständige DDR vor.

"Übrigens eine ganz originelle Lektüre, wenn man mal nachsieht, was da alles drin stand … Und dann haben uns einfach die Ereignisse überholt. Also, es war so wenig Zeit, dass wir das gar nicht mehr geschafft hätten. Wir waren ja da angetreten und dachten, na ja, drei, vier Jahre DDR wirds schon noch geben mit Volkskammer und dergleichen mehr, und dann warens nur Monate."

Mit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik verschwinden die Bezirke Halle und Magdeburg von der politischen Landkarte. Am 3. Oktober 1990 wird es wiederbegründet, das Land Sachsen-Anhalt. Volksabstimmungen in strittigen Gebieten sollen über die neue Landeszugehörigkeit entscheiden. Der Kreis Artern, der sich zum größeren Teil aus Gebieten sachsen-anhaltischer Kreise zusammensetzt, bekennt sich zu Thüringen. Der Kreis Jessen entscheidet sich als einziger der nicht zu den Bezirken Magdeburg und Halle gehörenden Kreise für Sachsen-Anhalt.

Bei allem Tempo – Sachsen-Anhalt gerät in der öffentlichen Wahrnehmung zum "Aschenputtel unter den fünf neuen Bundesländern".

Bürger: "Sag mir ein Bundesland, wo der Umbruch nach der Wende so tief wie bei uns war? Die Fischköppe haben Natur, Sachsen Industrie, Fleiß, Thüringen Kultur … Wir haben industrielles Brachland und rechtsradikale Schläger, nirgends gibt’s schlimmere ökologische Erblasten aus DDR-Zeiten als in Wolfen und Bitterfeld! Wir haben Rekordarbeitslosigkeit trotz höchster Auslandsinvestition! Da stimmt doch was nicht!"

Häufiger Wechsel der Landesregierungen prägt sie. Am 14. Oktober 1990 war der Landtag gewählt worden, zehn Monate später ist die CDU/FDP-Regierung unter Gerd Gies heillose zerstritten:

Gies: ""Aus diesem Grunde habe ich heute vor der Fraktion die Vertrauensfrage gestellt. Das Ergebnis ergab, dass ich mich nicht auf das uneingeschränkte Vertrauen der Fraktion stützen kann. Aus diesem Grunde werde ich den Rücktritt meiner Regierung erklären."

Den Kabinetten der Christdemokraten Werner Münch und Christoph Bergner ergeht es nicht anders. Drei Regierungen innerhalb von nur vier Jahren zerschlissen.
Dann, am 4. Juli 1994, kommt es zu einer von der PDS tolerierten Landesregierung von SPD und Bündnis 90/Grüne. Ministerpräsident wird Reinhard Höppner, Schöpfer des rot-roten Magdeburger Modells:

Höppner: "Immerhin, das Land haben wir acht Jahre lang stabil regiert und durchaus auch erfolgreich, und das wäre nicht möglich gewesen ohne diese Konstellation, und die hat gut funktioniert."

In kaum einem ostdeutschen Bundesland sind der Zusammenbruch der industriellen Basis und der Bevölkerungsverlust, insbesondere durch die Abwanderung vor allem junger Leute, nach der deutschen Wiedervereinigung so ausgeprägt. Höppner wird der Vorwurf nicht erspart, das Bild des "Jammer-Ossis" zu pflegen. Er wehrt sich dagegen, obwohl Sachsen-Anhalt die "Rote Laterne" unter den neuen Bundesländern bleibt. Dann die Wahlen 1998.
Höppner: "’98 war ja noch ein besonderes Problem, das vergessen manche. ’98 zog die DVU mit 13 Prozent in den Landtag ein. Das war eigentlich für mich die größte Herausforderung, wie man damit umzugehen hatte. Daran sind ja dann auch die Gespräche mit der CDU gescheitert, die ja zur Fortführung dieser Minderheitsregierung geführt haben."

Das Wahljahr 2002. Die Minderheitsregierung unter Höppner wird deutlich abgewählt. Schon im Jahr zuvor hat die CDU unter Wolfgang Böhmer einen "Rote Laterne"-Wahlkampf begonnen. Es kommt zu den für Sachsen-Anhalt typischen erdrutschartigen Wählerbewegungen. Höppners Analyse der Niederlage:

"Es gibt fast keine Stammwähler, es gibt nur ganz wenige, die, egal wie die Stimmungslage ist, die ihrer jeweiligen Partei treu bleiben; es gibt sehr viele, die sich da auch von Stimmungen leiten lassen."

Am 16. Mai 2002 tritt der Christdemokrat Wolfgang Böhmer die Nachfolge des Sozialdemokraten Reinhard Höppner an. Der Erwartungsdruck ist hoch.

Böhmer: "Also ein solcher Erwartungsdruck ist Chance und Belastung zugleich. Wenn man die Belastung sieht, könnte man Angst davor haben, wenn man die Chancen sieht, könnte man ihn als Vorteil betrachten."

Sachsen-Anhalt – Land der Grenzen, des Übergangs und der Extreme.

16 Jahre nach der Wiederbegründung des Landes Sachsen-Anhalt gehört sein Innovationspotential wieder zu den Stärken des Landes. Und das auf der Grundlage einer beachtlichen Forschungslandschaft und des engen Zusammenwirkens von Wissenschaft und Wirtschaft.

Das Land des ersten Sachsenkaisers Otto, des Reformators Martin Luther und die Heimat Georg Friedrich Händels, das Land von Burgen, Bauhaus und Brocken, von Wörlitzer Park, Rotkäppchen-Sekt und Nordhäuser Korn:
Deutschlands Mitte – sie steht noch am Rand.