50. Weltwirtschaftsforum

Davos im Zeichen der Klimafrage

07:36 Minuten
Zwei Hubschrauber im Anflug auf Davos, im Hintergrund schneebedeckte Berge.
Der Klimawandel ist ein Hauptthema beim Weltwirtschaftsforum 2020 - US-Präsident Trump reist trotzdem per Helikopter an. © picture alliance / MAXPPP / Pierre Teyssot
21.01.2020
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Beim Weltwirtschaftsforum ist der Klimawandel das zentrale Thema. Für Greta Thunberg ist dagegen bisher nichts erreicht. Gibt es ein Umdenken bei den Mächtigen der Welt? Darüber haben wir mit Christoph Schwennicke und Johannes Wallacher gesprochen.
Beim Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Skiort Davos werden bis Freitag rund 2800 Teilnehmer erwartet - davon allein 53 Staats- und Regierungschefs. Das Motto zum 50. Jubiläum des Forums lautet "Stakeholder für eine solidarische und nachhaltige Welt": Klimawandel und nachhaltiger Kapitalismus stehen also ganz oben auf der Agenda.
Zu Beginn der Konferenz hatte die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg gesagt, das Klimathema sei derzeit sehr "heiß". Dennoch sei noch nichts erreicht, da die globalen Co2-Emissionen bisher nicht reduziert worden seien.
Aus Sicht von Christoph Schwennicke, Chefredakteur des "Cicero", hat Thunberg mit dieser Aussage nur teilweise Recht: Zwar sei weltweit betrachtet noch nicht viel passiert, in Deutschland seien die CO2-Emissionen zuletzt aber deutlich zurückgegangen. Die Energiewende sei zwar etwas "hopplahopp" beschlossen worden, zeige aber Wirkung.

Infantilisierung der Politik

Den Umgang der Politik mit den leidenschaftlichen Forderungen von Greta Thunberg kritisiert Schwennicke harsch: "Ich halte es für ein Privileg der Jugend, leidenschaftlich zu sein und mit heißem Herz zu agieren."
Zugleich schränkt der Journalist aber ein: "Jugendliche dürfen dieses heiße Herz haben, aber Politik braucht vor allem kühlen Verstand." Politik müsse kühl agieren und dürfe sich nicht von Emotionen fortreissen lassen. Die Gesinnungsethik scheine derzeit über die Verantwortungsethik zu siegen.
Schwennicke spricht von einer Infantilisierung der Politik. Diese Infantilisierung sei im Übrigen auch bei Erwachsenen zu finden, so Schwennicke mit Blick auf den US-Präsidenten Donald Trump. Dessen Politik-Stil und Twitterei trage ebenfalls stark infantile Züge.
Trump hatte das Weltwirtschaftstreffen in Davos am Dienstag mit einer Rede eröffnet, das zentrale Thema Klimawandel dabei aber weitgehend ausgespart. Stattdessen fokussierte er sich aufs Prahlen: Seine Präsidentschaft sei gut für die USA gewesen. Das Land erlebe einen Wirtschaftsboom, wie ihn die Welt noch nie gesehen habe.
Trotz dieser wenig zielführenden Rede hält der Ökonom und Philosoph Johannes Wallacher die Gespräche in Davos zwischen Politik und Wirtschaft für wichtig - auch wenn es bei solchen großen Events natürlich immer viele Ankündigungen und Rhetorik gebe. Doch die Chancen, dass es in Davos auch substanziell zugeht, sind Wallacher zufolge nicht schlecht - denn der Wirtschaftsethiker beobachtet ein Umdenken in der Wirtschaft.

"Der Korpsgeist in der Wirtschaft bricht auf"

Wenn große Finanzinvestoren wie Blackrock mehr Engagement gegen den Klimawandel anmahnten, dann sei die kurzfristige Gewinnorientierung, die lange die Shareholder-Doktrin bestimmt habe, offenbar nicht mehr das Maß der Dinge, so Wallacher. "Hier beginnt momentan ein Umdenkungsprozess. Der ist noch lange nicht so weit, dass das morgen zum Ziel führt. Aber wir sehen, dass der Korpsgeist innerhalb der Wirtschaft aufbricht und einige anfangen, nachzudenken und neue Wege zu gehen."
Entsprechend optimistisch ist Wallacher, was den Kampf gegen den Klimawandel angeht. "Wir brauchen eine kritische Allianz von Willigen, die mutig vorangeht. Und das können zehn bis 15 Prozent von Unternehmen, von Investoren, aber auch von Staaten sein. Wenn diese kritische Allianz vorangeht, kann das eine Dynamik in Gang setzen", so der Professor für Sozialwissenschaften und Wirtschaftsethik.

Druck von Aktionären, Mitarbeitern und Wählern

Zudem seien die Konzerne zusätzlichem Druck von Aktionären und Mitarbeitern ausgesetzt, gleichzeitig wirkten Wähler und Zivilgesellschaft auf die Staaten ein. "Die Frage ist, wie stark diese kritische Allianz der Willigen hier auftritt", so der Präsident der Hochschule für Philosophie München.
Die Organisatoren des Weltwirtschaftsforums wollen in diesem Jahr den Umweltaspekt stärker betonen. So wurden Wegwerfprodukte aus dem Kongresszentrum verbannt, an den Buffets sind mehr fleischlose Nahrungsmittel zu finden. Erstmals sollen darüber hinaus für das Kongresszentrum Solarenergie und Geothermie zum Einsatz kommen.
Außerdem baute die Gemeinde Davos einen neuen Bahnhof, damit die Gäste des Forums per Shuttlezug zum Ort des Geschehens gelangen können. Im vergangenen Jahr hatten die vielen mit Privatjets anreisenden Teilnehmer für Kritik gesorgt.
Christoph Schwennicke vom Magazin "Cicero" geht davon aus, dass aktuell dennoch viele Privatjets auf dem kleinen Flughafen von Klosters stehen. Es liege schon "eine gewisse Groteske oder Komik" in dem Umstand, dass man mit Jets anreise und "sich dann von Greta Thunberg die Leviten lesen" lasse.
(mak)
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