50 Jahre "Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band"

Ein Monument des Pop

Das Cover des Beatles-Albums "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band"
Das Cover des Beatles-Albums "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band" © Imago
Von Florian Ehrich · 01.06.2017
Am 1. Juni 1967 erschien "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band" von den Beatles offiziell in Großbritannien. Voller Stilwechsel, ideenreich und hervorragend produziert - ein Meisterwerk der Popmusik und zugleich eines der ersten Konzeptalben der Geschichte.
"Ich dachte, es wäre doch ganz nett, unsere Identitäten zu verlieren, unterzutauchen in den Figuren einer erfundenen Band. Es könnten also Songs sein, die nicht wir schreiben, sondern andere Charaktere."
Paul McCartneys konzeptuelle Idee für eine neue Platte verriet, dass die alte Beatles-Identität in der Krise war. Bereits im August 1966 hatte sich die Band aus Liverpool von den strapaziösen Tourneen verabschiedet, weil die Massenhysterie der Fans an ihren Nerven zerrte und sich neue, komplexere Stücke nicht mehr auf der Bühne umsetzen ließen.

Schattenseiten des Ruhms

Der Schattenseite des Ruhms längst gewahr, waren sie ihrem Image als freundliche Pilzköpfe in kragenlosen Anzügen überdrüssig. Der Kunsthistoriker Walter Grasskamp meint:

"Die Beatles waren diejenigen, die am gründlichsten mit diesem Problem sich auseinandergesetzt haben und die Folge war eben, dass sie mit 'Sgt. Pepper' sowohl in der Musik wie auch im Erscheinungsbild etwas völlig Neues machen wollten."
Die Aufnahmen zu dem neuen Album "Sgt. Peppers Lonely Hearts Club Band" begannen im November 1966.

Druck durch die Plattenfirma

Pauls jubilierend-melodisches "Penny Lane" und John Lennons visionäres "Strawberry Fields Forever" wurden jedoch auf Druck der Plattenfirma aus dem Zyklus herausgelöst und vorzeitig als Singles veröffentlicht.
Die beiden Popmeisterwerke gaben einen Vorgeschmack darauf, was die immens begabten Autodidakten mittlerweile mit Hilfe ihres klassisch ausgebildeten Produzenten George Martin im Studio zu leisten vermochten. Phil McDonald, Tontechniker in den Abbey Road-Studios, erinnerte sich:

"Eins haben sie immer wieder gesagt: Ein Wort wie 'Geht nicht' gibt es nicht. In ihrem Wortschatz war das einfach nicht vorgesehen. Wenn sie eine Idee hatten, irgendeine Idee, meinten sie auch, dass man sie verwirklichen könne."

Begegnungen mit Marihuana und LSD

Mitte der sechziger Jahre hatten die Beatles ihre Begegnung mit Marihuana und LSD als entgrenzend erlebt und Zugang zu surrealen Innenwelten gewonnen. Für die Hörer schlüpften sie in "Sgt. Pepper" nun in die Rolle eines psychedelischen Kurorchesters, eben der fiktiven "Lonely Hearts Club Band".
Mit dem prächtigen, von dem britischen Pop-Art-Künstler Peter Blake, seiner Frau Jann Haworth und dem früh verstorbenen Fotografen Michael Cooper entworfenen Cover setzte sich dieses ironische Spiel mit dem Publikum fort:
"Denn die Beatles stehen als Person zwischen den Fotos der Personen, die sie bewundert haben, und sie stehen als Foto vor den Personen, die die Platte kaufen und wiederum die Beatles ihrerseits bewundern."

Von sattem Rock bis zu Orchesterklängen

Das Album war eine in sich stimmige Collage unterschiedlichster Einflüsse und Perspektiven: Der satte Rock des Titelstücks wechselt ab mit fernöstlichen Sounds, donnernden Orchesterklängen, psychedelischen Melodien und Music Hall-Entertainment.
The Beatles im Jahr 1967: Paul McCartney, George Harrison, Ringo Starr, John Lennon (v.l.n.r.)
The Beatles: Paul McCartney, George Harrison, Ringo Starr, John Lennon (v.l.n.r.)© imago / United Archives
Und obwohl viele der musikalischen Innovationen bereits auf dem frischeren Vorgängeralbum "Revolver" zu hören waren, gilt "Sgt. Pepper" wegen des einzigartigen Zusammenhangs der Musik, der Lyrik und der visuellen Präsentation als ein überlebensgroßes Monument des Pop.
Während das Debütalbum der Beatles 1963 in einer einzigen, 13-stündigen Marathonsession aufgenommen wurde, arbeitete die Band an ihrem neuen Werk 400 Stunden lang. "Sgt. Pepper", veröffentlicht am 1. Juni 1967, wurde von Kritik und Publikum enthusiastisch begrüßt.

Konservative Revolutionäre

Später mehrten sich auch kritische Stimmen zu dem mitunter als prätentiös abgelehnten Werk. Gültig bleibt jedoch die Einschätzung des englischen Journalisten Ray Connolly:
"Die gesellschaftliche Bedeutung der Beatles beruht weniger darauf, dass sie irgendwelche neuen Positionen vertreten oder eine neue Bewegung in Gang gebracht hätten, sondern darauf, dass sie die Tendenzen des Tages aufnahmen und wiedergaben. Die Beatles waren Helden der lohnabhängigen Massen, konservative Revolutionäre und Pioniere, die dort den Surrealismus eingepflanzt haben, wo zuvor nur der Kitsch wucherte. Und sie unterminierten die ganze schwülstige Schlagerindustrie mit der Sprache des Alltags."
Mehr zum Thema