450 Jahre Staatskapelle Berlin

Ein unvergesslicher Klang mit langer Tradition

08:33 Minuten
Ein Mann mit grauen Haaren steht inmitten eines Orchesters auf einem Pult und dirigiert.
Seit 1991 ist Daniel Barenboim Chefdirigent der Staatskapelle und Generalmusikdirektor der Staatsoper. © Imago / POP-EYE / Christina Kratsch
Matthias Schulz im Gespräch mit Mathias Mauersberger · 10.09.2020
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Nah an der Macht war die Staatskapelle in Berlin immer schon, doch blieb sie im Geiste unabhängig, sagt Intendant Matthias Schulz. Nun begeht das Orchester seinen 450. Geburtstag mit einem Festkonzert, das Daniel Barenboim dirigiert.
Mit einem Festprogramm feiert die Staatskapelle Berlin ihr 450-jähriges Bestehen. Auf dem Programm des Festkonzerts steht auch die Uraufführung einer Komposition von Jörg Widmann: "Zeitensprünge - 450 Takte für Orchester" ist ein Auftragswerk zum Jubiläum.
Intendant Matthias Schulz war bei einer Probe dabei. Für ihn sei Widmann ein Forscher, der neue Klänge erzeugen und den Klangkörper herausfordern wolle. Das Orchester zeichne sich aber auch durch seine Neugier und Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem aus.

Nähe zur Macht

Beim Festakt sind auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller mit Grußworten angekündigt. Die Nähe zur Politik nutze das Orchester immer wieder, um zu betonen, wie wichtig Kultur für die Gesellschaft ist. Die Staatskapelle habe immer eine unglaubliche Nähe zur Macht gehabt, sagt Schulz. Alle Beteiligten bewahrten sich dennoch ihren unabhängigen Geist.
"Die Staatskapelle musste alle möglichen Krisen durchleben", erzählt Schulz. Sie hat mehrere politische und gesellschaftliche Umwälzungen überstanden, darunter den Dreißigjähriger Krieg, den Einmarsch Napoleons und zwei Weltkriege.
Gegründet wurde sie 1570 mit nur sechs Musikern als Hofkapelle. Insofern spiegele sich in ihr auch die Entwicklung der bürgerlichen Kultur und eine lange Musikgeschichte wider. Die Sinfonik, wie wir sie heute kennen, habe damals noch nicht existiert.
Guckkastenblatt mit Kupferstich der Berliner Staatsoper Unter den Linden um 1750.
Seit 1742 residiert die Staatskapelle Berlin in der Staatsoper Under den Linden, hier auf einem Guckkastenblatt um 1750.© Picture Alliance / akg-images / Georg Balthasar Probst
In den vergangenen Jahrhunderten habe sich die Staatskapelle Berlin stets ihren Charakter bewahrt, meint Schulz. "Ich glaube fest daran, dass der Klang eines Orchesters nichts vergisst und alle Einflüsse da hängen bleiben." Der dunkle Klang, das dichte Spiel, die Legatokultur, wenn man dies höre, wisse man sofort: Das ist die Staatskapelle Berlin.

Eigener Klang

Der Umstand, dass es sich bei der Staatskapelle einerseits um ein Symphonie- und andererseits um ein Opernorchester handele, habe sehr zu diesem charakteristischen Klang beigetragen, so Schulz. Das Orchester sei in beiden Bereichen zu Hause. Dadurch, dass es Teil des singenden Spiels an der Oper sei und auf Gesang reagieren müsse, habe das Orchester weder etwas Schrilles noch sei zu laut, meint der Intendant.
Vogelperspektive des Bebelplatzes mit Publikum vor einer Open-Air-Bühne.
Die Open-Air-Reihe "Staatsoper für alle" findet seit 2007 auf dem Bebelplatz statt.© Imago / POP-EYE / Christina Kratsch
Seit 30 Jahren prägt mittlerweile Daniel Barenboim als Generalmusikdirektor das Orchester. Anfang der 1990er-Jahre übernahm er das Orchester und machte es auch im Ausland bekannter. Er ist Dirigent auf Lebenszeit und hat großen Einfluss auf die Entwicklung der Staatskapelle gehabt. Schulz betont, Barenboim habe das Orchester in besonderer Weise geformt und die Neugier auf neue Kompositionen gefördert.
Doch Barenboim ist nicht unumstritten. Musiker sprachen immer wieder von einem Klima der Angst im Orchester und von Wutausbrüchen des Dirigenten.
"Ich glaube, so ein Orchester ist wie eine Familie. Da gibt es Konflikte, da gibt es Streit. Wichtig ist, dass man direkt damit umgeht. Das geschieht auch", sagt Schulz abschließend knapp.
(nis)
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