"360"

Von Hannelore Heider · 15.08.2012
Im Mittelpunkt des Films "360" stehen die Liebe und Beziehungsgeflechte. Da ist die Romanze auf einem Zahnarztstuhl in Paris, ein Krimi in Osteuropa, eine Dreiecksgeschichte mit Erpressertouch in London und Wien und am Ende auch ein Thriller.
Tom Waits und Musiker aus aller Welt gestalteten den Soundtrack für einen Film, der wirklich international ist. Gedreht in sieben Sprachen in Paris und London, in Wien und Bratislava, Phönix, Denver und Rio de Janiero mit einem Starensemble, das wahrscheinlich in diesem Kinojahr seinesgleichen sucht: Jude Law und Rachel Weisz, Antony Hopkins und Moritz Bleibtreu, die Brasilianerin Maria Flor, die Russin Dinara Drukarova, Ben Foster, und die Britin Marianne Jean-Baptiste. Sie bilden einen von Arthur Schnitzler inspirierten modernen Reigen ineinander verflochtener Beziehungen von Menschen in unserer globalisierten Welt.

Schlicht 360, wie die Gradzahl des Kreises, heißt dann auch der Film des brasilianischen Starregisseurs Fernando Meirelles und das Drehbuch des mit Filmen wie "The Queen" und "Frost/Nixon" erfolgreichen britischen Autors Peter Morgan zeichnet die Figuren so präzise wie menschlich und ganz ohne Zynismus. Sie sind Getriebene und versuchen doch, die richtigen Entscheidungen treffen.

Genau an diesem Punkt lernen wir sie kennen auf Flughäfen, an Telefonen und in Autos, die Grenzen überfahren, nur den Computer braucht es nicht, um die Menschen zusammen zu führen. Sie gehen ihrer Arbeit nach und verlieben sich wie Rose (Rachel Weisz) in ihre Neuentdeckung, einen jungen brasilianischen Fotografen. Sie sind einsam auf Dienstreisen wie Rachels Mann Jude Law und hoffen auf ein bisschen Abenteuer bei den Damen des Escortservice. Eine von ihnen ist Mirka (Lucia Siposova), die aus Bratislava kommt, um sich im reichen Wien ihre Träume zu erfüllen.

Die Liebe in all ihren Facetten war schon bei Arthur Schnitzler das verbindende, alles vorantreibende Element, die Sehnsucht nach Gemeinsamkeit oder Ausbruch, nach Erotik und Sex. Aber es gibt auch den älteren Mann (Anthony Hopkins) auf der Suche nach seiner verschwundenen Tochter, der mit seiner jungen Nachbarin aus dem Flugzeug (Maria Flor) im Schneesturm in Denver strandet. Es ist faszinierend, wie der große Charakterdarsteller und die Brasilianerin Maria Flor ihre Gespräche in der spiegelkalten Halle zu intensiver Intimität verdichten.

Hier kriegt der Film, der sich gern auch mal Splitscreens bedient, um alle Akteure im Auge zu behalten und Filmmusik eher effektvoll einsetzt, seine großen Momente. Er ist zarte Liebesgeschichte auf einem Zahnarztstuhl in Paris, ein Krimi in Osteuropa, Dreiecksgeschichte mit Erpressertouch in London und Wien und am Ende auch Thriller.

Fernando Meireilles hat mit "City of God" und der Literaturverfilmung "Der ewige Gärtner" kraftvolle Filme auf die Leinwand gebracht. Mit diesem eleganten Episodenwerk wird er seine Fans jetzt eher überraschen. Überraschungen gibt es auch in diesem modernes Lebensgefühl atmenden Puzzle, aber so neu sind die Irrungen und Wirrungen der Liebe nicht. Wer sich den neuen alten Geschichten hingeben will, erlebt Schauspieler in Höchstform.

Frankreich, GB, Österreich, Brasilien 2011. Regie: Fernando Meirelles. Darteller: Rachel Weisz, Jude Law, Anthony Hopkins, Ben Foster, Maria Flor, Lucia Siposova, Moritz Bleibtreu, Vladimir. 110 Minuten, ab 12 Jahren.

Filmhomepage "360"
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