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Peru
Das Nummernschild entscheidet, wer fahren darf

Um dem Verkehrschaos Herr zu werden, gelten in vielen südamerikanischen Großstädten radikale Fahrverbote für Privat-Pkw. Seit Neuestem gilt das auch für die peruanische Hauptstadt Lima. Zwar weisen TV- und Radiosender auf die neuen Regeln hin, dennoch sorgen die Fahrverbote für Verwirrung.

Von Ivo Marusczyk | 27.07.2019
Stoßstange an Stoßstange stehen die Autos auf der Avenida Paulista in der brasilianischen Großstadt Sao Paulo (Aufnahme vom 11.01.2010).
Südamerikas Großstädte ersticken im Verkehrschaos (picture-alliance / dpa / Helmut Reuter)
Die Großstädte Südamerikas ersticken im Verkehr. Die Bevölkerung explodiert, die Straßen können nicht mithalten, außer Bussen gibt es oft keine öffentlichen Verkehrsmittel. In den Metropolen brauchen viele Menschen zwei, drei Stunden durch den Stau zur Arbeit. Deswegen verhängen immer mehr Städte Fahrverbote für Privatautos. Seit Neuestem gilt das auch in Lima, der Hauptstadt von Peru. Radio- und Fernsehsender versuchen, den Autofahrern die neuen Regeln zu erklären.
Neue Regeln sorgen für Verwirrung
"Ab sofort dürfen Autos mit Nummernschildern, die auf eine gerade Zahl oder auf Null enden immer montags und mittwochs zu bestimmten Zeiten nicht fahren. Nämlich von sechs bis zehn Uhr morgens und von fünf bis neun Uhr abends. Und was passiert mit Nummernschildern mit ungerader Endziffer, zum Beispiel drei? Die dürfen dienstags und donnerstags zu diesen Uhrzeiten nicht fahren."
Die neue Regel gilt zunächst für die drei wichtigsten Ein- und Ausfallstraßen der Zehn-Millionen-Metropole - sie soll aber nach und nach ausgeweitet werden. Allerdings sorgen die Details für Verwirrung.
"Sie dürfen heute erst ab zehn Uhr fahren." - "Warum?" - "Kennen Sie die neue Regel nicht?"- "Ich dachte, ich darf am Dienstag und Donnerstag nicht fahren - gerade Zahlen am Montag und Mittwoch." - "In der Zeitung stand das anders."
Die neue Regel bedeutet, zur Hauptverkehrszeit wird praktisch die Hälfte aller Privatautos aus der Stadt ausgesperrt. Und zwar alle Autos, nur Taxis sind ausgenommen. Auf den Ausweichrouten ist der Verkehr natürlich noch schlimmer geworden. Bürgermeister Jorge Muñoz äußert sich im Radiosender RPP sehr zufrieden.

"Ganz ehrlich, die Bilanz ist positiv. Schon am ersten Tag haben wir gesehen, dass der Verkehr auf den betroffenen Achsen wesentlich flüssiger läuft. Natürlich muss man noch einiges verbessern bei den Ausweichrouten, da arbeiten wir mit der Polizei zusammen. Mir hat jemand gesagt, dass er quer durch die Stadt nur 35 Minuten gebraucht hat. "
Wofür man in Lima eigentlich mindestens zwei Stunden rechnen sollte. Wobei die Bilanz des Bürgermeisters nicht ganz objektiv ist: Die Fahrverbote wurden ausgerechnet zum Beginn der Winterferien eingeführt.
Versuche, Fahrverbote zu umgehen
In Lima versuchen manche Autofahrer, den Fotofallen zu entgehen, indem sie einen Lappen über ihr Nummernschild hängen oder ihr Kennzeichen irgendwie anders verstecken. Im Internet werden sogar Tarnvorrichtungen verkauft, die per Fernsteuerung eine Plastikscheibe vor die Endziffer schieben.
Fahrverbote kein Einzelfall
Doch Lima hat diese Fahrverbote nicht erfunden. Schon seit langem gelten ähnliche Regeln in Bogotá und anderen Städten in Kolumbien. Auch in Quito in Ecuador gibt es solche wechselnden Fahrverbote nach Wochentag. In São Paulo, der größten Stadt Südamerikas, gilt schon seit 25 Jahren die Vorschrift, nach der jedes Auto zumindest an einem Werktag pro Woche stehen bleiben muss.