Lakonisch Elegant

#35 Literaturjahr 2019: Männer erklären die Welt

Von Christine Watty und Katrin Rönicke · 06.06.2019
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Warum tun sich gerade renommierte Verlage so schwer damit, Frauen die wichtigen Titel des Herbstes schreiben zu lassen? Das fragen sich unter anderem Literaturwissenschaftlerin Berit Glanz und Verlegerin Zoë Beck. Ob Hanser-Chef Jo Lendle eine Antwort hat?
Es ist wieder so weit: Die Literaturwelt beglückt die werte Leser*innenschaft mit Vorschauen für die verschiedenen Verlagsprogramme für den Herbst 2019. Und während die Feuilleton-Redakteur*innen sich mit Neon-Markern und bunten Markierstreifen besonders spannende Werke vormerken, vielleicht schon einmal bei den Verlagen um Interviews bitten und sich für die kommende Buchmesse wappnen, gibt es ein Ritual, das vor allem Frauen vor Jahren begonnen haben: Sie zählen.
Und zwar zählen sie, wie viele Frauen und wie viele Männer bei den großen Verlagen unter den Autor*innen der Hardcover, Sachbücher und Taschenbücher zu finden sind.

Wenn es ernst wird: Frauenmangel

Ein besonderes Augenmerk liegt dabei einerseits auf den Hardcover-Erscheinungen der prestigereichen großen Verlage und andererseits auch auf den verschiedenen Genres der Literatur. So sind zum Beispiel "Politik und Zeitgeschichte" oder "Sachbuch" allgemein ein guter Gradmesser, denn hier findet sich die Literatur, die breit rezipiert, kanonisiert und besprochen wird.
Die Zahlen, die dabei zum Vorschein kommen, sind ernüchternd. Etwa bei Rowohlt: 13 Hardcover, davon nur eine Autorin. Oder bei Suhrkamp: 26 Autoren mit neuen Büchern vs. 15 Autorinnen. Oder bei C.H.Beck: 15 Sachbücher von Männern und drei von Frauen.
Oder wie fühlt sich – bei Hanser - das Verhältnis 22 zu 2 so an? Nicht so richtig gut, oder? Immerhin schreiben wir das Jahr 2019. Lakonisch Elegant, der Kulturpodcast fragt deswegen: Was ist los in der Welt der Bücher und Literaten?

Warum dürfen Frauen Männern nicht die Welt erklären?

Berit Glanz ist Literaturwissenschaftlerin, selbst Autorin und genervt von der miesen Repräsentation der Autorinnen. Sie startet deswegen die Diskussionen rund um die Gendergerechtigkeit im Literaturmarkt immer wieder neu, zum Beispiel auf Twitter. Glanz wünscht sich konkrete Schritte der Verlage, die alten Strukturen zu durchbrechen. Einer der Verlage, die Berit Glanz besonders kritisiert, ist Hanser.
Jo Lendle ist Chef von Hanser. Auch er beteiligte sich an der Diskussion über Frauenmangel im Literaturbetrieb auf Twitter. Zunächst versuchte er es mit Gegenzahlen und zeigte, wie man seiner Ansicht nach zu differenzieren habe. Dass ein Problem hinsichtlich einer Geschlechterausgewogenheit besteht, bestreitet er nicht. Nur mit der Lösung tut er sich ein bisschen schwer.
Wir haben die beiden eingeladen und sie diskutieren lassen.
Außerdem haben wir die Autorin, Verlegerin und Übersetzerin Zoë Beck getroffen und sie gefragt, warum es eigentlich ein Problem sei, wenn in bestimmten Genres die Bücher von Autorinnen nicht die gleiche Aufmerksamkeit bekommen wie die von Männern. Und woher es eigentlich komme, dass Frauen in der Literatur immer noch weniger zugetraut wird.