Lakonisch Elegant

#27 Aktionskunst vs. Strafgesetzbuch: Wie weit soll Kunst gehen?

32:25 Minuten
Philipp Ruch mit einem Megafon
Kommt die Kunstfreiheit gestärkt oder doch angekratzt aus der Sache heraus? Künstler Philipp Ruch vom Zentrum für Politische Schönheit in Aktion © imago images / ZUMA Press / Sachelle Babbar
Von Christine Watty und Julius Stucke · 11.04.2019
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Die Ermittlungen gegen das Zentrum für Politische Schönheit wurden eingestellt. Ist damit alles wieder gut? Nein, sagen Künstlerinnen und andere Unterzeichner eines offenen Briefes und wehren sich gegen eine Kriminalisierung der Kunst.
Erst war die Aufregung ziemlich groß. "Türkische Verhältnisse" beklagten die Künstlerinnen und Künstler vom Zentrum für Politische Schönheit (ZPS). Weil eine Staatsanwaltschaft in Thüringen gegen sie ermittelte. Paragraf 129: Verdacht auf Bildung einer kriminellen Vereinigung . Und viele Menschen jenseits des ZPS waren besorgt, hier werde die Kunstfreiheit angegriffen.
Inzwischen ist die Sache vom Tisch, die Ermittlungen sind eingestellt – es bleiben aber viele Fragen und die Sorge um die Freiheit kritischer Kunst. Lakonisch Elegant will wissen: Kommt die Kunstfreiheit nun gestärkt oder doch angekratzt aus der Sache raus?
Peng! ein Kollektiv von Künstlern und Aktivisten in Berlin meint uns gegenüber, es sei einerseits extrem besorgniserregend. Andererseits habe es einen "skurrilen Touch", dass Künstler "angegangen werden", während wir rechte Netzwerke und ähnliches in der Bundeswehr hätten.

Ruf nach einer offiziellen Entschuldigung

Eine Reihe von Künstlerinnen, Künstlern und Kulturschaffenden fordert in einem offenen Brief und einer Petition eine "offizielle Entschuldigung der politisch Verantwortlichen". Shermin Langhoff, Intendantin des Maxim Gorki Theaters, Satiriker Jan Böhmermann und Schriftsteller Saša Stanišić sind nur 3 von mehr als 140 bekannten Erstunterzeichnerinnen und Erstunterzeichnern. Sie sehen eine "Tendenz zur politisch-ideologischen Kriminalisierung von Kunst". Auch das Peng! Kollektiv sagt "es ist eine besorgniserregende Entwicklung in unserer Gesellschaft insgesamt und nicht nur in der Frage der Kunst" – kritisches gesellschaftliches Engagement und linkes Engagement werde kriminalisiert.

Bewusstsein für die Kunstfreiheit immer wieder erneuern

Mit Ingo Arend, einem Präsidiumsmitglied der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst, - ein Berliner Kunstverein, der seine Wurzeln 1969 in der Studentenrevolte hat - wird’s kunsthistorisch. Wir sprechen mit ihm über die Geschichte der Aktionskunst und natürlich kommen wir dabei auch an Christoph Schlingensiefs Aktionen nicht vorbei. Ingo Arend sieht das Zentrum für Politische Schönheit an der Grenze zur Politik, "die wollen Politik machen", sagt er im Kulturpodcast. Die politische Kunst findet er wichtig als Bestandteil der Kunst, glaubt aber, "dass die eigentlich politische Sprengwirkung der Kunst in der Ambivalenz liegt, mit der sie auftritt, und nicht darin, sich im Vorneherein zu eindeutig zu positionieren".

Auf der Suche nach etwas schlicht Schönem

Und weil auch die Lakonisch-Elegant-Hosts am Ende etwas erschöpft von all der Politik durchs Studio seufzen, schicken wir unseren Kollegen Thorsten Jantschek auf die Art Cologne. Gibt es da was einfach Schönes, Unpolitisches gegen Geld zu tauschen? Gar nicht so leicht. Einen Platz für das Zentrum für Politische Schönheit jedenfalls findet er dort nicht. Der Galerist Rupert Pfab, ist nicht sicher, ob diese Gruppe bei aller Sympathie, "sich so korrumpieren lassen darf um marktgängig zu werden".
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