20. Magdeburger Telemann-Festtage

15.05.2010
Unter dem Motto "spielräume. HofMusikStadt" fanden vom 12. bis zum 21. März 2010 in Magdeburg die 20. Telemann-Festtage statt. Diese Jubiläumsfesttage widmeten sich Telemanns Wirken im Spannungsfeld zwischen höfischer Musikkultur und städtischem Musikleben.
Das beginnende 18. Jahrhundert war nicht zuletzt aufgrund neuer, dem Gedankengut der Aufklärung verpflichteter Denkmodelle von großen Veränderungen gezeichnet, die sich unmittelbar auch auf das Musik- und Geistesleben auswirkten. Wie andere Künstler und Zeitgenossen erkannten und nutzten auch Komponisten die Zeichen der neuen Zeit in unterschiedlicher Weise.

Aus einem ersten Lebensrückblick Telemanns (Autobiographie 1718) wissen wir, dass er diesen Prozess sehr bewusst wahrnahm. Aus seinem Wirken wird deutlich, dass er sich aufmerksam den Veränderungen stellte und beträchtlich dazu beitrug, Strukturen mit zu formen bzw. weiterzuentwickeln, die bis in unsere Zeit hinein Bestand haben (z.B. bürgerliches Konzertwesen, Notendruck und Musikverlagssystem, Mitwirkung in Societäten, bürgerliche Oper). Zeitweilig scheint Telemann der Ansicht gewesen zu sein, dass man in einer Residenz die zur musikalisch-kompositorischen Weiterentwicklung notwendige Ruhe finden könnte, doch spürte er wohl auch, dass Hofhaltung und insbesondere musikalischer Geschmack eines einzelnen Herrschers auch Grenzen setzten.

Sein sehr erfolgreiches, langes Wirken in einer freien Reichs- und Hansestadt und das aktive Gestalten des bürgerlichen Musik- und Konzertbetriebes könnte ihm bestätigt haben, was er einst gehört zu haben angab: "Wer Zeit Lebens fest sitzen wolle, müsse sich in einer Republick niederlassen" (Autobiographie 1740).

Telemann prägte mehrere Jahrzehnte lang das künstlerische Profil der beiden berühmtesten bürgerlichen Opernhäuser Deutschlands in Leipzig und Hamburg. In der sächsischen Messestadt hatte er, wie er mitteilt, bereits 1702 die "Direction über die Opern"übernommen und "auch noch [später] von Sorau und Franckfurt aus, etliche und zwantzig" Werke für das Leipziger Operntheater komponiert. Von diesen Opern waren lange Zeit nur ein paar wenige Arien bekannt. Vor ein paar Jahren jedoch gelang es dem Musikwissenschaftler Michael Maul, die Leipziger Telemann-Oper "Germanicus" zu rekonstruieren. Sie liefert ein unschätzbares Dokument zur frühen deutschen Operngeschichte und bietet in der Interpretation sowohl spannungsvolle als auch heitere Unterhaltung.

Die Oper wird konzertant aufgeführt, wobei die Rezitative (deren Musik nicht erhalten blieb) in Prosa erzählt und vom Schauspieler Dieter Bellmann gesprochen werden.


20. Magdeburger Telemann-Festtage
Altes Theater am Jerichower Platz
Aufzeichnung vom 19.3.10

Georg Philipp Telemann
"Germanicus", Oper in drei Akten
Libretto: Christine Dorothea Lachs nach einer Vorlage von Giulio Cesare Corradi
(konzertante Aufführung)

Germanicus - Henryk Böhm, Bass
Agrippina - Elisabeth Scholl, Sopran
Caligula - Friedrich Praetorius, Knabensopran
Florus/Lucius - Matthias Rexroth, Altus
Segestes - Albrecht Sack, Tenor
Claudia - Olivia Stahn, Sopran
Arminius - Tobias Berndt, Bass
Sächsisches Barockorchester
Sprecher: Dieter Bellmann
Leitung: Gotthold Schwarz


ca. 20:15 Pause mit Nachrichten
"Der junge Telemann und sein Germanicus"
Von Michael Maul