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Eierstockkrebs
Krebs-Medikamente: Gemeinsam sind sie stark

Krebsforscher vom Dana-Farber Cancer Institute kombinieren im Kampf gegen den Eierstockkrebs zwei neuartige Wirkstoffe miteinander. Die Mittel nutzen gezielt Schwachstellen der Tumorzellen aus, scheinen aber erst gemeinsam ihre volle Wirkung zu entfalten. Die ersten Ergebnisse ihrer Studie haben die Mediziner auf einer Konferenz in Chicago vorgestellt.

Von Katrin Zöfel | 11.06.2014
    Ein Haufen gemischert, bunter Tabletten
    Sollte sich die Wirkstoffkombi bewähren, könnte man sie in Tablettenform verabreichen. (dpa / picture alliance / Klaus Rose)
    Krebszellen teilen sich schnell. Sie brauchen deshalb ständig Nachschub an Sauerstoff und Nährstoffen. Für sie fallen außerdem selbst winzige Schäden im Genom sofort ins Gewicht. Krebsforscher versuchen solche Besonderheiten auszunutzen und sprechen dann von sogenannter gezielter Therapie. Einige solcher Wirkstoffe sind schon auf dem Markt. Viele weitere aber sind noch mitten in der Entwicklung. Ihr Erfolg ist ungewiss. Die Onkologin Joyce Liu vom Dana-Farber-Cancer-Institute in Boston, arbeitet mit zwei solchen "experimentellen" Wirkstoffen:
    "Der eine, Cediranib, hemmt das Wachstum von Blutgefäßen und schneidet so dem Tumor den Nachschub ab. Der zweite, Olaparib, hemmt einen bestimmten Mechanismus, mit dem Zellen Fehler in der DNA reparieren."
    Joyce Liu vermutet, dass beide Wirkstoffe im Paket stärker wirken, als ein Wirkstoff allein:
    "Versuche mit Mäusen zeigten, dass beide Wirkstoffe einen Synergieeffekt haben, sich also gegenseitig verstärken. Unsere Frage war jetzt, ob das auch bei unseren Patientinnen mit Eierstockkrebs funktionieren würde."
    Einzeln angewendet nur mäßiger Erfolg
    Beide Wirkstoffe werden zurzeit in klinischen Studien auf ihre Wirkung bei verschiedenen Krebserkrankungen getestet. Doch kombiniert hat sie bisher noch keiner. Joyce Liu behandelte in ihrer Studie insgesamt 90 Patientinnen mit Eierstockkrebs. Eine Gruppe bekam beide Wirkstoffe gleichzeitig für insgesamt vier Wochen, eine Gruppe bekam nur Olaparib. Cediranib allein war schon bei Eierstockkrebs getestet worden, mit für sich allein betrachtet nur mäßigen Ergebnissen, daher ließ die Forscherin diese Variante von vorneherein weg. Joyce Liu traf noch eine weitere Vorauswahl:
    "Wir nahmen nur Patientinnen in die Studie auf, bei denen der Tumor nach einem ersten Therapieerfolg zurückgekehrt war, und zwar nach mehr als sechs Monaten."
    Diese Patientinnen haben heute schon wirksame Behandlungsoptionen, wie platin-basierte Chemotherapie, andere Medikamente aus der gezielten Krebstherapie und, wenn es nicht anders geht, eine Operation. Doch all diese Therapiemöglichkeiten haben Nachteile: starke Nebenwirkungen und negative Folgen für Fruchtbarkeit und Hormonaushalt, außerdem sterben immer noch zu viele Frauen trotz der Behandlung an ihren Tumoren.
    Die Kombination aus beiden Wirkstoffen wirkte deutlich besser
    Das Ziel von Joyce Liu und ihren Kollegen war es, herauszufinden, ob die neue Kombination erstens besser wirkt als einer der Wirkstoffe allein, und zweitens ob er genauso gut oder besser wirkt als Chemotherapie. Liu beobachtete daher ihre Patientinnen nach Ende der Medikamentengabe noch für weiter 23 Monate. Das Ergebnis:
    "Die Kombination aus beiden Wirkstoffen wirkte deutlich besser. Bei Olaparib allein dauerte es im Schnitt neun Monate, bis der Tumor zurückkehrte. Für die Kombination dagegen dauerte das immerhin fast 18 Monate, also doppelt so lange. Platin-basierte Chemotherapie erreicht in anderen Studien acht bis 13 Monate. Es sieht also so aus, als wäre die neue Kombination der Chemotherapie überlegen."
    Zur langfristigen Überlebensrate kann die Studie noch keine Zahlen liefern, dafür ist der Studienzeitraum zu kurz. Außerdem ist die Zahl der Probandinnen sehr klein. Auch fehlt der direkte Vergleich mit der heute üblichen Chemotherapie innerhalb ein und desselben Studiendesigns. Der Onkologe Don Dizon vom Massachusetts General Hospital in Boston hält die Daten der Kollegin für vielversprechend genug, um im nächsten Schritt eine große und teure Studie anzugehen:
    "Für Frauen mit dieser Art Krebs gibt es ja heute schon viele Möglichkeiten. Die neue Kombination ist aber nach Joyce Lius Ergebnissen in den Nebenwirkungen milder und wirkt entweder gleich gut oder sogar besser. Außerdem muss sie nicht per Infusion gegeben werden, die Patientinnen könnten sie zu Hause als Tabletten schlucken."
    Das wären echte Vorteile gegenüber den Therapien, die es heute gibt. Ob das Konzept in puncto Wirkung tatsächlich hält, was es verspricht, muss sich aber eben erst zeigen.