10 Jahre Mohammed-Karikaturen

"Das Bild kann eine ungeheure Waffe sein"

Mit lauten Rufen protestieren Samstag (11.02.2006) in Berlin junge moslemische Männer vor der Dänischen Botschaft. Rund 1200 Muslime haben friedlich gegen die umstrittenen Mohammed-Karikaturen demonstriert.
Auch in Berlin demonstrierten Muslime gegen die Mohammed-Karikaturen wie hier vor der Dänischen Botschaft. © picture alliance / dpa / Stephanie Pilick
Christian Gasser im Gespräch mit Timo Grampes · 30.09.2015
Das gezeichnete Bild hat eine ungeheure Macht, sagt Christian Gasser vom Comic-Magazin "Strapazin" zehn Jahre nach Erscheinen der Mohammed-Karikaturen. In seiner Redaktion stelle man sich nicht die Frage, was Satire dürfe - relevant sei für die Autoren bei ihrer Arbeit etwas anderes.
Heute vor zehn Jahren erschienen in der dänischen Zeitung "Jyllands-Posten" zwölf Mohammed-Karikaturen. Sie waren in vielen Ländern Auslöser für Demonstrationen und gewalttätige Ausschreitungen. Anfang diesen Jahres kulminierte das Konfliktpotenzial von Karikaturen in dem Anschlag auf die Satire-Zeitschrift "Charlie Hebdo".
Christian Gasser, Mitherausgeber des Züricher Comic-Magazins "Strapazin", findet die damaligen dänischen Karikaturen eines Propheten "mit Bomben-Turban" eigentlich uninteressant. Die Zeichner hätten die falsche Zielscheibe gewählt:
"Sie haben nämlich den Propheten gewählt und nicht diejenigen, die den Propheten so interpretieren, wie wir das tagtäglich erleben. Das war ja der Ansatz vergleichbarer Karikaturen aus 'Charlie Hebdo', wo nicht der Prophet verunglimpft wurde, sondern die Fundamentalisten. Und das wäre die eigentliche Zielscheibe gewesen."
"Was kann Satire?"
Die für ihn wichtigste Botschaft der ganzen Mohammed-Karikaturen-Affäre bestehe in der Erkenntnis, wie mächtig das gezeichnete Bild immer noch sei, sagte Gasser:
"Was das für eine ungeheure Waffe sein kann. Was das eben auslösen kann an Emotionen, auch an Bewusstsein. Also das Bild hat nach wie vor eine ungeheure Wirkungsmacht, wenn es richtig eingesetzt wird."
Dieser Frage gehe man auch im Comic-Magazin "Strapazin" nach:
"Die Eingangsfrage ist eben nicht: Was darf Satire? Das ist die Frage, die viele Debatten geprägt hat. Und mit dem Wort 'dürfen' ist ja irgendwie schon ein Verbot mitgedacht. Und wir haben uns eher umgekehrt die Frage gestellt: Was kann Satire? Was kann Satire auslösen? Und was hat die Karikatur im Europa der sechziger und siebziger Jahre bewirkt?"
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