10 Jahre FAUST-Theaterpreis

Schweigeminute in Saarbrücken

Im Saarländischen Staatstheater in Saarbrücken wird am 14.11.2015 der Theaterpreises des Deutschen Bühnenvereins DER FAUST verliehen.
Verleihung des Theaterpreises des Deutschen Bühnenvereins DER FAUST 2015 im Saarländischen Staatstheater © picture-alliance / dpa / Oliver Dietze
Von Susanne Burkhardt · 14.11.2015
Die Anschläge in Paris waren auch hier das große Thema: bei der zehnten Auflage des Theaterpreises DER FAUST in Saarbrücken. Man habe kurz überlegt, die Verleihung ausfallen zu lassen: Dies wäre aber ein falsches Signal gewesen, sagte Bühnenvereinschefin Barbara Kisseler.
Auch bei der feierlichen Preisverleihung im Staatstheater Saarbrücken, blieben die Terroranschläge in Frankreich nicht unbeachtet. Hier – in der Brückenstadt zwischen Deutschland und Frankreich, waren die Terrorakte im nahen Paris natürlich ein Thema. Hamburgs Kultursenatorin und neue Präsidentin des Deutschen Bühnenvereins, Barbara Kisseler und die Generalintendantin des Saarbrückener Staatstheaters, Dagmar Schlingmann, traten vor Beginn der Preisverleihung vor das Publikum und teilten ihre Bedenken mit, den Abend aufgrund der aktuellen Situation vielleicht ausfallen zu lassen. Aber – so Kisseler – ein Verzicht auf die Preisverleihung wäre "resignativ, defensiv, das falsche Signal" und rief das anwesende Publikum zu einer Schweigeminute auf. Der vielleicht berührendste Moment dieses Abends, bei dem es der Schauspieler Bernd Moss schwer hatte, mit launigen Sprüchen die Stimmung zu heben.
Theater gegen die Radikalisierung der Welt
Wie kann man mit dem Theater gegen die Radikalisierung der Welt antreten – das fragten sich einige der Preisträger und Preisträgerinnen an diesem Abend: Bibiana Beglau, ausgezeichnet als "beste Schauspielerin", grotesker Weise gerade für ihre Rolle als Mephisto (Regie: Martin Kusej, Residenztheater München) mit dem FAUST geehrt – hielt eine Rede zum aktuellen Flüchtlingsstrom nach Europa: Dabei ging sie darauf ein, dass angesichts der großen Notlage vieler – die "Festung Goethe und Schiller kein Rückzugsort" mehr sei, sondern vielmehr die Theater sich auf neue Abenteuer einlassen sollten: "Wir müssen teilen" – so Beglau, "Texte, Bilder und Lieder".
Die Schauspielerin Bibiana Beglau posiert am 14.11.2015 nach der Verleihung des Theaterpreises des Deutschen Bühnenvereins "Der Faust" im Saarländischen Staatstheater in Saarbrücken mit ihrem Preis.
Die Schauspielerin Bibiana Beglau mit ihrem FAUST© Oliver Dietze / dpa
Auch die für die beste "Musiktheater-Regie" geehrte Andrea Breth (Wolfgang Rihm: "Jacob Lenz", Oper Stuttgart), nutzte ihre Dankesrede für kritische Worte und sprach von der Ohnmacht des Theaters angesichts der dramatischen Entwicklungen in Frankreich. Jette Steckel dagegen, die junge Regisseurin vom Thalia Theater Hamburg – ausgezeichnet für ihre Version von "Romeo und Julia", in dem sie den Shakespeare-Stoff neu befragt, endete ihre Dankesrede mit einem Blick aufs Theaterschaffen: "Ich hoffe, ineffizient bleiben zu können, marktuntauglich, aber frei."
Doppelerfolg für die Bayerische Saatsoper
Einen Doppelerfolg konnte die Bayerische Staatsoper in München verzeichnen: Die kanadische Sopranistin Barbara Hannigan erhielt ihren FAUST für die beste "Sängerdarstellung Musiktheater" für ihre Marie in Alois Zimmermanns "Soldaten" inszeniert von Andreas Kriegenburg an der Bayerischen Staatsoper München. Mit ihr freuen durfte sich der Bühnenbildner Harald B. Thor für seine kreuzförmig angeordneten Käfig-Kästen, die er für die archaische Inszenierung auf die Bühne stellte – um die komplexe Handlung parallel verfolgen zu können. Für Thor die "größte Produktion" seiner Laufbahn.
Für das Kinder-und Jugendtheater freute sich das Team des Berliner Theaters an der Parkaue über einen FAUST: Tim Etchels und Robin Arthur – Mitglieder des freien britischen Kollektivs "Forced Entertainment" - holten mit "Das unmöglich mögliche Haus" den FAUST nach Berlin. Die beiden Briten waren nicht da – dafür lobe das Darstellerteam die gelungene Kooperation von freier Gruppe und Stadttheater.
Weitere Gewinner des FAUST-Theaterpreises: Die amerikanische Choreografin Bridget Breiner – Beste Choreografin für "Charlotte Salomon: Der Tod und die Malerin", Musiktheater im Revier Gelsenkirchen. Alicia Amatriain für ihre Rolle als Teufel in "Die Geschichte vom Soldaten" am Stuttgarter Ballett.
Bassbariton Franz Mazura für Lebenswerk geehrt
Den Preis für sein Lebenswerk erhielt der österreichische Bassbariton Franz Mazura. Der 91jährige hat alle wichtigen Wagner-Rollen gesungen, war mehr als 40 Jahre der Oper in Mannheim treu – mehr als 20 Jahre Bayreuth und hat an allen großen Häusern der Welt gesungen. Ein Ausnahmesänger – mit einer Ausnahmekarriere, wie sie heute nicht mehr denkbar ist, einer der sich immer wieder auf Neues einlässt. Gerührt dankte Franz Mazura in Saarbrücken für die Laudatio der Regisseurin Andrea Moses, die ihn eines der "größten Sängertalente" nannte, die ihr "je begegnet" sei - und in deren Inszenierung der "Meistersinger" Franz Mazura derzeit auch in der Berliner Staatsoper im Schillertheater zu sehen ist. Nach einem lang anhaltenden Applaus bedankte sich Mazura beim Publikum – und betonte, er "verdanke Wagner seine Weltkarriere".
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