Zwischen Dodekaphonie und Pampa

Von Björn Gottstein · 17.01.2012
Die Harfe war lange kein beliebtes Soloinstrument. Zu sehr war sie mit der Harmlosigkeit des Galanten behaftet, als dass sich Komponisten ernsthaft mit ihr auseinandersetzten. Erst infolge der Erweiterung der Klangpalette durch Komponisten der französischen Moderne kam die Harfe im 20. Jahrhundert zu ihrem Recht.
Dass Alberto Ginastera 1956 ein Harfenkonzert schrieb, hat aber darüber hinaus noch einen anderen, ganz banalen Grund. Ginastera war 1946 als Guggenheim-Stipendiat durch die USA gereist und hatte damals wichtige Kontakte geknüpft. Der Auftrag für das Harfenkonzert geht auf diese Reise zurück, bei der er die Harfenistin des Philadelphia Orchestra, Edna Philips, kennengelernt hatte, der er die Partitur auch widmete. Uraufgeführt hat das Werk allerdings ein anderer Harfenspieler, nämlich Nicanor Zabaleta, mit dem Ginastera befreundet war und den er beim Komponieren wiederholt konsultierte.

Seine Liebe zur argentinischen Folklore entstand, glaubt man dem Komponisten, beim Hören des Allegro barbaro von Béla Bartók, weil es Bartók gelungen sei, Themen und Tonfall der ungarischen Volksmusik in die eigene Klangsprache zu integrieren. Ginastera prägte in diesem Zusammenhang den Begriff der "imaginären Folklore", einer Musik, die der Volksmusik im Geiste nachempfunden wurde, aber eine genuine Schöpfung bleibt.