Zurück an Absender

Von Christel Blanke, Hauptstadtstudio · 09.11.2010
Das ist ja eine wunderbare Idee: Wir bringen unseren Atommüll nach Russland. Die Russen freuen sich. Sie verdienen Geld mit dem Dreck. Und wir sind ihn los. Ein eigenes Endlager brauchen wir dann auch nicht mehr zu suchen. Aber darum geht es nicht. Die Bundesregierung hat nicht vor, radioaktiven Abfall aus deutschen Kernkraftwerken ins Ausland zu bringen.
Die 951 Brennelemente, die in den Ural gebracht, dort entweder wieder aufgearbeitet oder endgelagert werden sollen, stammen aus der DDR-Kernforschungsanlage Rossendorf bei Dresden. Sie waren ursprünglich aus Russland geliefert worden und dorthin sollen sie nun auch zurück. Das Land Sachsen will schlicht Geld für die Zwischenlagerung sparen und hat ein altes Abkommen ausgegraben, das den Rücktransport erlaubt. Aber ist das in Ordnung? Müssen wir uns nicht um den Müll, der in deutschen Anlagen entsteht, auch selber kümmern? Können wir einfach sagen: die Brennstäbe kamen aus Russland, also sollen die Russen auch sehen, was sie mit dem Abfall machen?

Mit einer solchen Begründung müssten wir wohl auch Fernseher oder Handys nach Benutzung in die Länder zurückschicken, die sie uns geliefert haben. Die rot-grüne Regierung wollte den strahlenden Müll aus Rossendorf nicht nach Russland bringen. Sie hat 2005 beschlossen, ihn so lange in Ahaus zwischenzulagern, bis es ein Endlager in Deutschland dafür gibt. Nun spricht sicher nicht grundsätzlich etwas dagegen, Atommüll im Ausland zu entsorgen. Warum sollte sich Deutschland nicht mit der Schweiz oder Finnland zusammentun, wenn es sich anbietet?

Alles, was aus Russland über Atommüll bekannt ist, spricht aber eindeutig dagegen. Dort werden Behälter mit der strahlenden Fracht auf unbestimmte Zeit einfach auf irgendeiner Wiese stehen gelassen. Radioaktive Abfälle landen in Flüssen. Böden sind kontaminiert. Ganz abgesehen von Problemen wie Korruption, Terror oder ganz simpel die Gefahr von Waldbränden.

Wer verantwortlich mit Atommüll umgehen will, darf ihn ganz sicher nicht nach Russland bringen. Der muss selbst ein Endlager suchen. Und damit sind wir wieder beim eigentlichen Problem. Deutschland hat kein Endlager und bisher ist auch keines in Sicht. Der Salzstock in Gorleben soll weiter erkundet werden. Doch das Ergebnis ist offen. Gut möglich, dass in einigen Jahren auch konservative und liberale Politiker einsehen müssen, dass es dort nicht geht. Deshalb sollte die Regierung nicht abwarten und das Problem kommenden Politikergenerationen überlassen. Sie sollte parallel zu Gorleben auch in anderen Regionen und anderen Gesteinsformationen nach einem Endlager suchen.

Bayern und Baden-Württemberg produzieren den meisten Atomstrom und damit den meisten strahlenden Müll. Doch von Endlagersuche in ihren Ländern wollen sie nichts hören. Für sie ist Gorleben per se geeignet. Die Proteste der vergangenen Tage haben gezeigt, dass die Bevölkerung sich mit solchen Vorgaben nicht abfinden will. Sie will eine wirklich ergebnisoffene Suche, eine ehrliche und transparente Debatte. Und sie will ernst genommen werden. Wer nicht offen mit den Menschen spricht, muss sich nicht wundern, wenn die sich von der Politik abwenden.