Zur Novelle des Kulturgutschutzgesetzes

Längst überfällige Kulturgutsicherungen

Bilder des Museums Gotisches Haus werden für eine Ausstellung verpackt
Das Ausführen von Kunstschätzen wird nun durch das Kulturschutzgesetz stärker reglementiert © imago / Michael Schick
Von Christiane Habermalz · 23.06.2016
Herausragende Kunstschätze zu schützen und für Kulturgüter klare Handelsregeln aufstellen - das ist das Ziel des Kulturgutschutzgesetzes. Längst überfällig und ein wichtiges und richtiges Signal für den Kunsthandel sei das, meint Christiane Habermalz.
Man kann schon fast von einer erbitterten Abwehrschlacht sprechen, die von Teilen des Kunsthandels und deren Lobbyisten in den vergangenen Monaten geführt wurde. Im Namen der Kunst und des freien Eigentums wurde eine beispiellose Kampagne gefahren gegen einen Staat, der vermeintlich wie eine Tentakel nach den Kunstwerken der Sammler greift, um sich die besten Stücke zu angeln.
Kulturgutschutz als staatliches Enteignungsinstrument - mit solchen Polemiken erweisen sich Künstler und der Handel selbst einen Bärendienst, wenn am Ende des Dauerbeschusses tatsächlich Sammler, zutiefst verunsichert, ihre Richters und Picassos ins Ausland schaffen. Die aber können ihre Sammlungen nun getrost zurückholen. Denn was der Bundestag heute verabschiedet hat, stellt nicht den Untergang des Abendlandes dar, sondern die – moderate - Umsetzung des legitimen Anliegens eines jeden Landes, herausragende Kulturgüter, die wichtig für die eigene Identität und Geschichte sind, vor dem Verkauf ins Ausland zu schützen.

Es geht nicht um Baselitz-Werke, sondern um die Gutenberg-Bibel

Und es geht dabei gerade nicht um zeitgenössische oder Nachkriegskunst, die immer noch 90 Prozent des deutschen Kunsthandels ausmachen. Es geht nicht um Baselitz, sondern um die Gutenberg-Bibel – allenfalls um Holbein. Zwei wichtige Änderungen zugunsten des Kunsthandels haben die Parlamentarier noch eingebracht: Sollte ein Kulturgut wegen seiner nationalen Bedeutung tatsächlich nicht ausgeführt werden dürfen, ist die Kulturstiftung der Länder angehalten, ein faires Kaufangebot zu unterbreiten. Vielleicht nicht ganz zu den Spitzenpreisen, die internationale Auktionen aufrufen – doch wer einzigartige nationale Kulturgüter wie etwa die Humboldttagebücher in seinem Besitz hat, der muss damit leben, dass damit auch eine Verantwortung für das Gemeinwesen verbunden ist.
Kulturgut ist auch, aber nicht nur Ware. Und in vielen Fällen in der Vergangenheit hat der Ankauf eines von Versteigerung bedrohten Kunstwerks für ein Museum durchaus reibungslos geklappt. Übrigens immer auch mit Hilfe auch von privaten Spendern.

"National nicht wertvoll" - mit diesem Prädikat ist Handel problemlos möglich

Die zweite Änderung: Wer sich sicher sein will, dass sein Kunstbesitz frei international verkäuflich ist, kann sich ein sogenanntes "Negativattest" ausstellen lassen, dass sein Gemälde auf keinen Fall national wertvoll ist. Das wird sowieso auf die allermeisten Fälle zutreffen.
Die wichtigsten Passagen des neuen Gesetzes aber betreffen nicht die Abwanderung, sondern die Einfuhr von Kulturgütern. Endlich nach beschämenden 46 Jahren hat Deutschland Regularien verabschiedet, mit denen der blühende illegale Handel mit archäologischen Objekten in Deutschland massiv erschwert wird - nicht nur über die künftig verlangten Ausfuhrgenehmigungen der Herkunftsländer beim Zoll.
Dem Kunsthandel wird nun auch erstmals auferlegt, dem Käufer gegenüber Rechenschaft darüber abzulegen, dass seine angebotenen Antiken aus legaler Quelle stammen. Was in anderen Branchen eine Selbstverständlichkeit ist, war es im Antikenhandel bislang nicht. Da erscheint die Klage, man werde in Nachweispflichten und Bürokratie ersticken, wie ein Hohn. Es wird Zeit, dass sich Deutschland seiner internationalen Verantwortung stellt – auch im Kulturgutschutz.
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