Zum Tod von Wilfried Minks

Der Inszenierung die Richtung vorgeben

Szene mit Antigone und Ismene aus einer Inszenierung von Intendant Karl Hübner am Theater in Bremen im Jahr 1967 - vor einem Bühnenbild von Wilfried Minks
Szene mit Antigone und Ismene aus einer Inszenierung von Intendant Kurt Hübner am Theater in Bremen im Jahr 1967 - vor einem Bühnenbild von Wilfried Minks © picture-alliance/ dpa
Von Michael Laages · 13.02.2018
Kurz vor seinem 88. Geburtstag ist der Bühnenbildner und Regisseur Wilfried Minks gestorben. Er galt als großer Theater-Erneuerer und Erfinder des modernen Bühnenbilds. Ein Bühnenbildner, der sich immer auch als Regisseur begriff.
Bis in die letzten Tage hinein, erzählt Ulrike Maack, die Regisseurin an der Seite von Wilfried Minks, habe er "Bühnen geträumt"; und die Bühne verstehen zu lernen als freien Raum der Kunst im Theater – das ist das Credo des Bühnenbauers Minks gewesen.

Prägende Theater-Innovationen für die Nachkriegsmoderne

So frei war sie für ihn, dass über eine der letzten Bühnen jene bunten Hühner karriolten, an die er sich vom elterlichen Bauernhof her erinnerte. In Binai war das, einem Dorf unweit von Prag; Kunst studierte er, Malerei, in Leipzig und Berlin – und am Theater in Ulm wurde er 1959 im legendären Team des Intendanten Kurt Hübner zum wichtigsten Partner für den aus England zurückkehrenden Berliner Juden Peter Zadek. Gemeinsam entwickelten die beiden prägende Theater-Innovationen für die deutsche Nachkriegsmoderne.

Der "Bremer Stil" - das war vor allem Minks

Minks kreierte einen "Stil": kühl kalkuliert, offensiv in der Reduktion zeitgenössischer bildender Kunst - weiße Räume, verschiebbare Wände, nur das Allernotwendigste an Requisite; und oft nicht mal das. Auf der anderen Seite forciert der Raum-Gestalter die Kunst der Materialfindung: echte Bau-Details, gern "second hand" und nachbearbeitet.
In Bremen, mit Hübner ab 1962 für knapp zehn Jahre der wichtigste Theater-Ort in Deutschland, wurde die Arbeit von Minks derart markant, dass er selber gern zu Protokoll gab: Egal wer inszenierte, Hauptsache "…im Raum von Minks". Der "Bremer Stil" – das war vor allem er.

Späte Partnerschaft mit Rene Pollesch

Auch erste eigene Inszenierungen entstanden in Bremen - immer wieder Shakespeare, immer wieder Schiller, aber auch immer wieder Revue. Festlegen ließ Minks sich nicht. Im kleinen Hamburger St.-Pauli-Theater etwa arbeitete er sich ab an den amerikanischen Klassikern, Edward Albee oder Tennessee Williams.
Und mit Rene Pollesch fand Minks einen späten Partner unter dem durchaus nicht ganz ernst gemeinten Motto: "Ich kann nicht mehr, ich weiß nicht weiter." Die Hühner von Binai ließ er da über die Bühne paradieren ... und meinte: "Die Hühner probieren Aufstand."
Eine große Freiheit haben diese Tiere (Tiere überhaupt!) für Minks symbolisiert:
"Man muss sehr frei sein, um in die Welt zu fliegen, da hin zu scheißen und weiter zu fliegen. Da musst du eine große Freiheit haben."

Er brachte die Bildende Kunst ins Theater

Die Freiheit des Künstlers? So verspielt sich Minks auch gab kurz vor Schluss – er meinte es immer noch ernst; mit der Welt, mit dem Huhn, mit dem Theater. Minks-Bühnen geben Inszenierungen die Richtung vor, optisch und intellektuell; letztlich hat er die bildende Kunst ins Theater gebracht, etwa mit Ikonen wie dem legendären Roy-Lichtenstein-Bildzitat in großer Bremer Zeit.
Die Kraft des Theaters erschien Wilfried Minks ungebrochen über die Jahrhunderte hinweg:

"Das finde ich am Theater das Spannende: dass es nicht nur zeigt, was heute ist, sondern immer die Brücke schlägt zu anderen Gedanken, anderen Welten."
Von anderen Welten träumen, bis zum Schluss; von anderen Räumen der Freiheit – das ist das Vermächtnis von Wilfried Minks.

Regisseur Claus Peymann, hat lange mit Minks zusammengearbeitet und ist froh, ihn gekannt zu haben:
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