Zum Tod von Stéphane Audran

Sie hat das französische Frauenbild geprägt

Die französische Schauspielerin Stéphane Audran (AFP / Miguel Medina)
Die französische Schauspielerin Stéphane Audran (AFP / Miguel Medina) © AFP / MIGUEL MEDINA
Marcus Rothe im Gespräch mit Sigrid Brinkmann · 27.03.2018
Karl Lagerfeld entwarf für sie Kleidung und Anfang März diente Stéphane Audran der Modemarke Chloé noch einmal als Inspirationsquelle. Neben Jeanne Moreau zählt sie zu den ausdrucksstärksten französischen Schauspielerinnen. Nun ist sie im Alter von 85 Jahren gestorben.
Auf keinen Fall dürfe man Stéphane Audran auf die Rolle der Muse von Claude Chabrol reduzieren, meint Filmkritiker Marcus Rothe, so wie es in diesen Tagen kurz nach ihrem Tod so oft getan würde.
Michel Piccoli und Stéphane Audran in "Blutige Hochzeit" (Regie: Claude Chabrol)  (United Archives)
Michel Piccoli und Stéphane Audran in Claude Chabrols "Blutige Hochzeit"© imago stock&people
"Auch wenn Chabrol selber in Interviews, auch in Gesprächen, die ich mit ihm geführt habe, ihren Einfluss zurückgestellt und runtergespielt hat, weil das war so eine Macho-Attitude von ihm, muss man sagen, dass Stéphane Audran sein Kino maßgeblich geprägt hat", so Rothe.

Ein Gesamtkunstwerk

Immerhin hätten die beiden 24 Filme zusammen gedreht. Und dass Verständnis, dass Chabrol durch die gemeinsame Arbeit und die Beziehung und Ehe mit Audran erfahren habe, habe sich auch in späteren Filmen niedergeschlagen.
"Also kann man nur sagen: Das ist ein Gesamtkunstwerk, dass die beiden in über 30 Jahren zusammen geschaffen haben".

Außerdem sie im Schaffen Chabrols eine Vorläuferin für die Schauspielerin Isabelle Huppert gewesen, meint Rothe. Huppert habe später ihren Platz in Chabrols Filmen quasi eingenommen.

Verkörperung der eigenständigen französischen Frau

Sie habe die französische Frau der späten 60er verkörpert, sehr eigenständig, sehr unabhängig. Ihre besondere Stimme sei jetzt in den Nachrufen in Frankreich immer wieder beschworen worden, so Rothe: "Das ist eine laszive, etwas schleppende Stimme, so spöttisch, so erotisch, eigentlich hundertprozentig pariserisch."
Gepaart mit ihrem Aussehen habe sie den Typus der etwas kühlen Bürgerlichen geprägt. Dessen habe sich Chabrol bedient wie Hitchcock sich des kühlen Äußeren von Grace Kelly bedient habe, urteilt Rothe.
Ihre größten Rollen habe sie, so Rothe, in einem Zeitraum von fünf Jahren gespielt, wobei "Der diskrete Charme der Bourgeoisie" von Luis Bunuel wohl der Höhepunkt gewesen sei. Dieser Film habe das Kino Chabrols, also das Sezieren der Bürgerlichkeit, auf surreale Weise zusammengefasst und dort habe sie mit ihrer Unergründlichkeit und Unfassbarkeit diesen Typus sehr geprägt.

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