Zum 80. Geburtstag von Mario Vargas Llosa

Der autoritäre Vater als Auslöser

Der Autor und Nobelpreisträger Mario Vargas Llosa
Mario Vargas Llosa orientiert sich bei seinen Romanen oft an eigenen Erlebnissen. © AFP / Jewel Samad
Von Tobias Wenzel · 27.03.2016
Mario Vargas Llosa ist einer der bedeutendsten Autoren Lateinamerikas. Sein Debüt "Die Stadt und die Hunde" wurde in Lima noch öffentlich verbrannt. Mit "Das grüne Haus" wurde er dann international bekannt. Heute feiert der Literaturnobelpreisträger seinen 80. Geburtstag.
Nobelpreise haben schon manche Schriftsteller eitler und überheblicher werden lassen. Nachdem Mario Vargas Llosa 2010 der Nobelpreis verliehen worden war, wirkte der peruanische Autor mit dem perfekt gelegten Seitenscheitel in Interviews aber professionell und freundlich wie immer:
"Ein Vorteil ist: Wenn man diesen Preis erst im hohen Alter bekommt, dann ist es eigentlich schon zu spät, um sich noch zu verändern. Natürlich hat der Nobelpreis auch mich zu einer öffentlichen Person gemacht. Aber im Wesentlichen, in meiner Arbeit als Schriftsteller, verändert mich der Preis überhaupt nicht."
Mario Vargas Llosa wurde am 28. März 1936 im peruanischen Arequipa geboren. Da hatten sich schon seine Eltern getrennt. Er wuchs in Peru und Bolivien auf. Erst mit zehn Jahren lernte er seinen Vater kennen:
"Das war ein sehr schwieriges Verhältnis. Mein Vater ist mir immer wie ein Fremder vorgekommen, der mich mit seiner Autorität niederschmetterte. Da bin ich vor der verhassten Wirklichkeit ins Reich der Fantasie geflüchtet und habe mir eine Ersatzwelt geschaffen. So lässt sich vielleicht am besten erklären, wie ich zum Schriftsteller geworden bin."
Sein Vater zwang ihn, eine Militärschule zu besuchen. Die dortigen Erfahrungen verarbeitete der Sohn, der anfangs vor allem Journalist war, 1963 in seinem Debütroman "Die Stadt und die Hunde". Das Buch wurde ein Jahr später öffentlich in Lima verbrannt. Mit dem folgenden Roman "Das grüne Haus" wurde er gleich zum Autor von Weltrang.

1990 scheiterte Llosa bei den Präsidentschaftswahlen in Peru

Seine Doktorarbeit schrieb er Anfang der 70er Jahre über seinen kolumbianischen Kollegen Gabriel García Márquez. Die beiden wurden Freunde, bis Vargas Llosa ihm 1976 ein blaues Auge schlug. Wegen einer Privatangelegenheit, heißt es, und nicht etwa, weil sich der Peruaner im Gegensatz zum Kolumbianer von der Idee des Kommunismus losgesagt und politisch rechts orientiert hatte.
1990 scheiterte Mario Vargas Llosa bei den peruanischen Präsidentschaftswahlen gegen Alberto Fujimori.
"Unter mir hätte es keine zehnjährige Diktatur gegeben wie unter Fujimori, sondern eine Demokratie ohne Wenn und Aber. Wir hätten, hoffe ich, die Korruption effektiver bekämpft und die großen sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheiten verringert. Aber wer sich in der hypothetischen Welt bewegen will, der sollte lieber Romane schreiben: Die Fiktion gehört nicht in die Geschichte, sondern in die Literatur."
Rein fiktiv war seine eigene Literatur allerdings selten, sondern oft autobiographisch geprägt. In seinem äußerst unterhaltsamen Roman "Tante Julia und der Kunstschreiber" heiratet ein junger Mann namens Mario seine deutlich ältere Tante. Auch der Autor hatte eine ältere Frau aus der Verwandtschaft geheiratet. Später führte er fünfzig Jahre lang eine Ehe mit seiner Cousine, von der er drei Kinder bekam. 2015 dann gab er die Trennung bekannt: Mit 79 Jahren hatte er sich neu verliebt.
"Liebe ist eine Erfahrung, die unser Leben auf den Kopf stellt. Alles verändert sich um uns herum. Und in dem gleichen Maße, in dem sie die Menschen glücklich macht, die sie erfahren, macht sie andere unglücklich. Aber ohne Liebe wäre das Leben doch unendlich grau und langweilig!"

Llosas großes Thema: das Lob der Freiheit

Über die Liebe schrieb der Autor 2006 mit "Das böse Mädchen" einen Roman. Mit seinem folgenden Buch "Der Traum des Kelten" erinnerte er an Roger Casement. Der irische Freiheitskämpfer hatte sich gegen die Unterdrückung der einheimischen Bevölkerung im Kongo und im peruanischen Amazonasgebiet stark gemacht. Damit kehrte Vargas Llosa, einer der bedeutendsten Autoren Lateinamerikas, zu seinen großen Themen zurück: dem Widerstand gegen jede Form der Unterdrückung und dem Lob der Freiheit. Sich selbst bezeichnet er politisch dann auch als liberal. "Neoliberal" nennen ihn seine Kritiker.
Seine letzten Romane haben zwar nicht mehr die Wucht der frühen Werke. Aber trotzdem ist es Mario Vargas Llosa auch hier gelungen, mit seinen Figuren zu berühren. Ganz besonders, wenn seine Kindheitserinnerungen durchschimmern. Zum Beispiel im Roman "Das böse Mädchen". Der beginnt mit einer Hommage auf den Mambo:
"Diese Musik hat eine regelrechte Revolution bei den Jugendlichen meiner Generation ausgelöst. Als Jugendlicher war ich – auch wenn Sie das jetzt nicht glauben – ein guter Mambo-Tänzer!"
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