Yvonne Hofstetter: "Das Ende der Demokratie"

Big Data in der Politik

Blick in die Zukunft? - Was kann künstliche Intelligenz
Blick in die Zukunft? - Was kann künstliche Intelligenz © dpa
Von Meike Laaff · 24.09.2016
Die Big Data-Unternehmerin Yvonne Hofstetter warnt in ihrem neuen Buch davor, welche Konsequenzen künstliche Intelligenz für die Politik haben könnte: Es drohe das "Ende der Demokratie". Und sie zeigt Auswege an, wie eine digitale Zukunft human gestaltet werden kann.
Maschinen, die die Kontrolle übernehmen, die uns unterjochen und entmündigen, sind ein gängiges Motiv in Science-Fiction-Dystopien. Allerdings eines, das meist ganz ohne Erklärungen auskommt, wie sie eigentlich funktionieren, diese Künstliche Intelligenzen, die uns überflügeln, die schneller und treffsicherer als jeder Mensch kalkulieren, was zu tun wäre.
Die Juristin und IT-Unternehmerin Yvonne Hofstetter lässt ihre Leser in ihrem neuen Buch "Das Ende der Demokratie: Wie die künstliche Intelligenz die Politik übernimmt und uns entmündigt" ein wenig unter die Motorhaube der klugen Maschinen schauen: Gut verständlich erklärt sie, wie diese ominösen Künstlichen Intelligenzen eigentlich aufgebaut sind, was sie zu leisten im Stande sind. Und sie seziert en detail, welche Konsequenzen das für Gesellschaft, Wirtschaft und Politik hat.

Die technische Lösung wird zur Gefahr

Hofstetter macht sich Sorgen. Die Digitalisierung der Welt, in der auf Schritt und Tritt Daten über uns gesammelt, Geräte vernetzt und Prognosen darüber aufgestellt werden, was wir als nächstes tun und wollen – diese Digitalisierung knabbere nicht nur unsere persönlichen Freiheiten als Individuum an, indem sie uns die Entscheidungsmacht abnehme und so entmündige. Sie gefährde auch unser politisches System als Ganzes, schreibt Hofstetter, denn "wer die Selbstbestimmung des Bürgers infrage stellt, braucht auch keine Demokratie mehr."
Damit all das gut lesbar bleibt, entwirft Hofstetter ein fiktionales Szenario. Es beruht jedoch, wie sie bereits im Vorwort betont, auf Gestalten des wirklichen Lebens: Angesichts der multiplen Krisen, in denen die EU steckt, lässt sie zwei Wissenschaftler eine Künstliche Intelligenz aufsetzen, die die EU vor der Implosion bewahren soll, indem sie den Zustand der Gesellschaft analysiert, verschiedene Szenarien durchrechnet und die Bürger dann zu Handlungen motiviert, die den Kollaps der EU abwenden sollen. So könnte die Maschine etwa versuchen, datengestützt Wahlen zu beeinflussen, was Hofstetter - man ahnt es schon - als hochproblematisch und schlicht illegal beschreibt.

Vorschläge gegen die technologische Dystopie

Um die vielen Vorzüge des Buches schätzen zu können, muss man Hofstetters skeptische Haltung gegenüber dem Silicon Valley nicht teilen, ebensowenig den Ton des Buches, der mitunter etwas alarmistisch gerät. Es ist Hofstetters Verdienst, ihr technischen Know-How nicht nur in eine Sprache zu übersetzten, die auch außerhalb der Fachwelt verstanden werden kann. Sie gehört auch zu den wenigen Technik-Unternehmern in Deutschland, die gesellschaftliche und politische Folgen ihres Wirkens zuende denken.
Und: Anders als die meisten Science-Fiction-Dystopien bleibt Hofstetter nicht bei düsteren Szenarien stehen, sondern skizziert Auswege, wie eine digitale Zukunft human gestaltet und die Demokratie bewahrt werden kann. Darunter sind vor allem solche Ideen, die in Programmcode und Architektur der Systeme verankert sind. Das wundert nicht, verdient doch auch die Firma, der Hofstetter als Geschäftsführerin vorsteht, mit jenen Künstlichen Intelligenzen ihr Geld, die genau diesen Anspruch erfüllen sollen. Das jedoch mindert weder die Relevanz des Themas und noch die Überzeugungskraft von Hofstetters Argumentation.
Cover: "Das Ende Demokratie" von Yvonne Hofstetter
Cover: "Das Ende Demokratie" von Yvonne Hofstetter© Cover: C. Bertelsmann

Yvonne Hofstetter: Das Ende der Demokratie. Wie künstliche Intelligenz die Politik übernimmt und uns entmündigt
C. Bertelsmann, Gütersloh 2016
512 Seiten, Hardcover: 22,99 Euro, Ebook: 18,99 Euro

Mehr zum Thema