Wohnraum für Flüchtlinge

Konzepte für eine menschenwürdige Architektur

Neu angekommene Flüchtlinge in der Auffangeinrichtung für Asylbegehrende (AfA) in Trier-West
Für eine Unterbringung von Flüchtlingen in Innenstädten statt am Stadtrand haben Studenten ein Konzept entwickelt. © picture alliance/dpa/Harald Tittel
Jörg Friedrich im Gespräch mit Max Oppel · 13.08.2015
Der Strom von Flüchtlingen stellt Stadtentwickler vor große Herausforderungen. Ein ganz neues Konzept hat der Architekt Jörg Friedrich entwickelt: Sie sollen nicht an der Peripherie, sondern zentrumsnah untergebracht werden - in deutschen Innenstädten gibt es erstaunlich viel Platz.
Flüchtlinge sollen nicht an der Peripherie, sondern möglichst im Zentrumsbereich deutscher Städte untergebracht werden. Dieses Konzept hat der Architekt Jörg Friedrich, Professor an der Leibniz Universität Hannover, gemeinsam mit Studierenden entwickelt.
Dieser Ansatz einer zentrumsnahen Unterbringung von Flüchtlingen habe etwa für die Stadt Hannover zu verblüffenden Lösungen geführt, sagte Friedrich im Deutschlandradio Kultur:
"Es kamen Lösungen heraus, dass Flachbauten der fünfziger und sechziger Jahre aufgestockt werden und Mischnutzungen stattfinden. Es kamen Lösungen heraus, dass man auf ausgedehnten Eisenbahnhöfen plötzlich neue Flächen generieren konnte. Es wurden Parkhäuser analysiert, die zu über 40 Prozent Leerstand über das Jahr haben und die dann verdichtet werden können."
Umstrukturierung leer stehender Messehallen
Aus dieser Bestandsaufnahme heraus seien 15 Wohnkonzepte zur Lösung des Wohnproblems von Flüchtlingen entworfen worden, so Friedrich. Sie seien baulich umsetzbar und auch finanzierbar. Man habe darüber hinaus auch Pläne für die Benutzung und Umstrukturierung von oft leer stehenden Messehallen in Hannover und anderen großen Städten entwickelt. Am Anfang sei man dafür noch belächelt worden, jetzt habe sich aber die Haltung dazu angesichts des Stroms von Flüchtlingen geändert:
"Interessant ist, dass sich jetzt die Stadt Hamburg und die Stadt Hannover unter diesem Druck tatsächlich in den letzten Tagen für dieses Messehallen-Modell entschieden haben. Es scheint also, dass das realistische Gedankengänge gewesen sind."
Lernen aus der europäischen Stadtbaugeschichte
Bei der Planung von Wohnräumen für Flüchtlinge müsse man an städtebauliche Entwicklungen in Erinnerung behalten, meinte Friedrich. Dieses Thema habe es in der europäischen Stadtbaugeschichte schon häufig gegeben, etwa im 16. Und 17. Jahrhundert:
"Und wir haben damals – und da können wir aus der Geschichte lernen – ganze Städte für Flüchtlinge gebaut, zum Beispiel die Friedrichstadt oder den Gendarmenmarkt in Berlin als Flüchtlingsstadtteil für die Hugenotten. Man kann aus der Geschichte eines lernen: Weg von diesen temporären Lösungen, hin zu einer verstetigten Architektur, zu einer sich verstetigenden Stadt der Flüchtlingsarchitekturen."
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