Wladimir Kaminer über die Provinz

"Jedes 30-Seelen-Dorf hat einen Künstler"

Der Autor Wladimir Kaminer legt im Rahmen seiner Partyreihe "Russendisko" in einem Lokal in Berlin ukrainische Hits auf.
Der russisch-stämmige Autor Wladimir Kaminer hat nicht nur den Roman "Russendisko" geschrieben, sondern ist auch bekannt für seine gleichnamige Partyreihe. © picture alliance / dpa / Jörg Carstensen
Wladimir Kaminer im Gespräch mit Christine Watty · 24.08.2015
Eine Heavy-Metal-Band, die sich vom Wald inspirieren lässt, und Enthusiasten, die aus einer Garage ein Theater bauen: Der Autor Wladimir Kaminer findet, dass die kulturelle Vielfalt in Deutschland schier endlos sei - und spricht gar von einem neuen Europa.
Wladimir Kaminer, Berliner Autor mit russischen Wurzeln, hat die Kultur in der deutschen Provinz erkundet. Was er dabei erlebt hat, ist von heute an in einer Reportage-Reihe auf 3sat zu sehen: "Kulturlandschaften".
Im Deutschlandradio berichtet Kaminer noch immer begeistert: etwa von "Menschen, die enthusiastisch wie Anfang der neunziger Jahre in Berlin neue Theaterhäuser gegründet haben". So geschehen in Freiburg, wo aus einer Garage ein erfolgreiches Theater entstand. Oder von einer Heavy-Metal-Band, mit der er nachts in den Wald ging - zum Würstchengrillen. Die Musiker erzählten ihm, die Urigkeit des Waldes habe sie zu ihren "schwermütigen Songs" inspiriert. Sogar die Eifel stecke voller Kultur, so Kaminer: "In jedem 30-Seelen-Dorf finden Sie immer einen Künstler - oder zwei." Das Interessanteste seiner Erkundung, sagt der Schriftsteller, sei diese Erkenntnis:
"Zwischen Mecklenburg-Vorpommern und dem Schwarzwald liegen Welten, und trotzdem gehört es auf eine beinahe schon mystische Weise zusammen. Da sehe ich das neue Europa aufstehen - an dieser Vielfalt und Einheit gleichzeitig."
Bei aller Begeisterung - selber in die Provinz ziehen möchte Kaminer aber nicht. Berlin sei genau jener Rückzugsort für ihn, an dem er sich vor der Öffentlichkeit gut verstecken könne.
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