Wirtschaftsminister Gabriel im Iran

Neue Deals nach dem Atomdeal

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) wird am 19.07.2015 am Flughafen in Teheran vom Vize Ölminister Amir Hossein Zamaninia (r) begrüsst. Gabriel befindet sich auf einer dreitägigen Reise durch den Iran, um nach dem Abschluss der Atomverhandlungen über mögliche Wirtschaftsbeziehungen zu sprechen.
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel ist für drei Tage zu Besuch im Iran. © dpa/Michael Kappeler
Von Reinhard Baumgarten  · 20.07.2015
Kaum ist die Tinte unter dem Atomabkommen mit dem Iran getrocknet, macht sich Wirtschaftsminister Gabriel auf nach Teheran, um die Handelsbeziehungen zu erneuern. Es geht um Geschäfte in Höhe von mehreren Milliarden Euro.
Vor der Revolution von 1979 war Deutschland Irans wichtigster Handelspartner. Die Zeiten seien lange vorbei, stellte der Präsident des Deutschen Industrie und Handelskammertages, Eric Schweitzer, nüchtern fest. Deutschland habe vor zehn Jahren ein Handelsvolumen von fünf Milliarden Euro und China eins von drei Milliarden Euro gehabt:
"Wir haben jetzt noch eins von 2,5 Milliarden und China eins von 15 Milliarden."
China habe die Lücken gefüllt, die durch den sanktionsbedingten Rückzug europäischer Unternehmen entstanden seien. Doch Schweitzer gibt sich zuversichtlich:
"Wir werden einem starken Wettbewerb begegnen. Deutsche Unternehmen haben sich noch nie dadurch ausgezeichnet, dass sie billige Produkte liefern, sie liefern aber technologisch, qualitativ sehr hochwertige Güter. Die sind gefragt und wir werden uns im Wettbewerb durchsetzen müssen."
Zuversicht in der Bevölkerung
Die Voraussetzungen dazu sind günstig. Deutsche Anlagen, Maschinen, Autos und Dienstleistungen werden im Iran geschätzt. "Es wird qualitativ bessere Ersatzteile geben, die bestimmt viel besser sind als diese chinesischen Sachen", glaubt der Taxifahrer Mehrdad in Teherans Norden.
"Nach der Vereinbarung hoffen alle Iraner auf bessere Zeiten vor allem mit den Deutschen, weil wir früher gute Beziehungen miteinander hatten", erinnert sich der Rentner Ismael. Der deutsche Minister komme genau zum richtigen Zeitpunkt, freut sich der 64-Jährige.
Wirtschaftliche Vorteile für beide Seiten
Vizekanzler Sigmar Gabriel ist der erste hochrangige westliche Politiker nach der Wiener Vereinbarung:
"Das Abkommen ist ja auch im Iran nicht unumstritten. Zu zeigen, dass die Regierung Erfolg hat, hilft ja auch, den Gegnern einer internationalen Verständigung ein bisschen den Wind aus den Segeln zu nehmen."
Der Iran hat in vielen Bereichen einen gewaltigen Nachhol- und Investitionsbedarf: Verkehr, Öl- und Gasindustrie, Landwirtschaft, Telekommunikation, Auto- und Schwerindustrie. Es geht um Hunderte von Milliarden Euro. Deutschland will Flagge zeigen und ein Stück vom Kuchen abbekommen.
Wirtschaft als Türöffner?
Doch natürlich, sagt Minister Gabriel, gehe es nicht nur um Geschäfte und Profite:
"Immer wenn wir mit einem Land nachhaltige wirtschaftliche Kontakte pflegen wollen, sollte es immer auch dazu dienen, das Thema Öffnung der Gesellschaft, Meinungsfreiheit, Demokratisierung zu anzusprechen."
Menschenrechte? Ja, gewiss, auch die würden angesprochen, betont der Vizekanzler in einem Nebensatz. Auch Israel werde ein Thema sein:
"Das ist für uns ganz wichtig, wir wollen sozusagen auch eine Mittlerrolle spielen bei einem besseren Verhältnis zu Israel. Man kann, glaube ich, auf Dauer keine guten wirtschaftlichen Verhältnisse nachhaltig zu Deutschland aufbauen, wenn wir nicht auch solche Themen mit besprechen und versuchen, zu bewegen."
Zwar ist Israel für die iranische Führung häufiges Thema - doch für die einfache Bevölkerung sind Inflation, Korruption, und Arbeitslosigkeit wichtigere Themen. Deutsche Unternehmen sollen kommen, sagt beispielsweise Nazanin, Inhaberin eines Friseurladens:
"Sie sollen viele iranische Arbeitskräfte einstellen. Wenn sie nur ihre eigenen Leute einsetzen, werden sie weniger Erfolg haben. Stellen sie auch Iraner ein, ist das für alle gut."
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