Wirklich alles zu bunt?

09.04.2009
Die Frage "Wer denn nun bei fünf Parteien regiert?" bewegte in den vergangenen Wochen die Politik und die Medien, möglicherweise sogar auch manchen Wähler. Die Diskussion ist noch nicht ausgestanden, diverse Landtagswahlen stehen ins Haus, die Bundestagswahl ist ebenfalls angesetzt.
Stimmt also die Gleichung: Fünf Parteien im Landtag gleich machtlose Regierung plus zerstrittenes Parlament? Wie nun also gehen Regierung und Opposition miteinander um? Der Länderreport fragt in Hessen, Niedersachsen sowie in Sachsen, da sind ja gleich sechs Parteien im Landtag, nach.

Das Beispiel Hessen
Von Anke Petemann

Ahle Worscht ist eine Rohwurst aus Schweinefleisch, eine nordhessische Spezialität. In Hessen ist die Traditionswurst ein schützenswertes Gut, zumindest darin ist sich die Opposition aus SPD, Grünen und Linken mit der schwarzgelben Regierung und deren Verbraucherministerin von der CDU einig. Konsens besteht auch darüber, dass man Ahle Worscht als hessischer Landespolitiker gerne isst oder zumindest so tun muss als ob. Damit ist aber auch das Ende der Wurst erreicht, denn darin erschöpft sich die Übereinstimmung in Wiesbaden auch schon.

Zahm waren politische Debatten hier noch nie. Doch seit Anfang 2008 die Linke in den Hessischen Landtag einzog, geht es richtig heiß her. Wie bei der Debatte um den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr. Da wirft der Linken-Fraktionschef den anderen Parteien Schießwut vor. Beim Versuch, sich zu erklären, macht Willi van Ooyen alles noch schlimmer:

"Es ging darum, die Schießwütigkeit der CDU und auch der anderen Parteien zu … (Zwischenrufe, Tumult) Wer die Kriege in Afghanistan und Irak unterstützt, wer die Kriege in aller Welt unterstützt, der kann sich natürlich als Schreibtischtäter zurückhalten." (Tumult) "

Zum Zeitpunkt dieser Tumulte regierte der Christdemokrat Roland Koch in Hessen noch geschäftsführend gegen eine Mehrheit aus SPD, Grünen und Linken an. Eine Opposition, die zweimal vergeblich versuchte, ihre Mehrheit in ein Regierungsbündnis mit der Sozialdemokratin Andrea Ypsilanti an der Spitze zu gießen. Eine Opposition, die linke Politik durchsetzte, in dem sie die Studiengebühren wieder abschaffte. Seit der vorgezogenen Neuwahl Anfang 2009 ist Roland Koch wieder gewählter Regierungschef, diesmal an der Spitze einer schwarzgelben Koalition. SPD, Grüne und Linke haben es daher aufgegeben, gemeinsam an die Macht zu streben, sie profilieren sich stärker gegeneinander. Günther Rudolph, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion:

" "In der Opposition gibt es keine Koalition, das ist eine alte Regel seit vielen Jahren. Das beherzigen wir, denn unser Ziel bleibt, 2014 die Regierungsverantwortung zu übernehmen, und deshalb muss die SPD wahrgenommen, deswegen interessieren uns andere Parteien nicht."

Willi van Ooyen beobachtet, dass sich seine Linksfraktion verändert hat, seit sie sich nicht mehr ständig als möglicher Tolerierungspartner einer rot-grünen Minderheitsregierung warmläuft.

Ooyen: "Dadurch, dass der Gebrauchswert in der Frage der Mehrheitsbeschaffung durch die Linken nicht mehr so groß ist, haben wir natürlich viel mehr Bewegungsspielraum, auch die außerparlamentarischen Aktivitäten in den Vordergrund zu stellen, was wir auch tun."

Keine Demonstration gegen den Frankfurter Flughafenausbau oder gegen Globalisierung, bei der Landtagsabgeordnete der Hessischen Linken nicht an der Spitze marschieren würden. Da sehen die Grünen manchmal richtig blass aus. Die regierende CDU pflegt der gesamten Opposition Sozial- und Multikulti-Romantik zu unterstellen. Der Linken reibt sie stets genüsslich die SED-Vergangenheit unter die Nase. Kaum eine Rede, in der CDU-Fraktionschef Christian Wagner nicht daran erinnert, dass der Vorsitzende der Linksfraktion Mitte der achtziger Jahre Bundesgeschäftsführer der SED-finanzierten Deutschen Friedensunion war.
Wagner: "Wer als Honeckers verlängerter Arm bis 1989 für die DDR und den Sieg des Warschauer Paktes gekämpft hat, ist auch heute kein Freund der NATO, das verstehen wir, Herr van Ooyen."

Willi van Ooyen, Linksfraktion, und Günther Rudolph, SPD halten dagegen.

Ooyen: "Die CDU hier in Hessen ist hier immer noch die Stahlhelmfraktion, die im Kalten Krieg verharrt und nicht sieht, dass die gesellschaftliche Realität sich verändert hat. Das wird in dieser Polarisierung deutlich."

Rudolph: "Insbesondere CDU und FDP können überhaupt noch nicht mit den Linken umgehen. Die bringen die zu oft in die Rolle des Märtyrers. Sie ist zum großen Teil Protestpartei, aber man muss sich mit ihnen auseinandersetzen."

"Im vergangenen Vierteljahr sind wir mit dreifach verstärkter Oppositionskritik beispielsweise an den Patzern bei den Abituraufgaben ganz gut fertig geworden" - bilanziert für die schwarzgelbe Regierung Jörg-Uwe Hahn. Diese Panne habe die Regierung übrigens selbst eingeräumt, betont der stellvertretende Ministerpräsident von der FDP. Dass der Hessische Landtag nach wie vor als "Brüllparlament" verschrien ist, sei allerdings nicht den Linken anzulasten, meint der liberale Justizminister gnädig. Den Ursprung dieser Tradition sieht Hahn eher bei den Grünen und deren ehemaligem Frontmann Fischer. Dem verweigert er übrigens konsequent den Kosenamen Joschka:

"Joseph-Martin Fischer hat Walter Wallmann dauernd angebrüllt. Ich gebe zu, dass Roland Koch und Jörg-Uwe Hahn auch nicht ganz ungeübt darin waren, als Hans Eichel und Joseph-Martin Fischer Minister hier waren. Ministerpräsident Roland Koch hat vor einigen Jahren vorgeschlagen, wir sollten jetzt mal wieder kleinere Trommeln benutzen. Viele halten sich auch dran, aber andere werden immer noch rückfällig."

Das Beispiel Niedersachsen
Von Susanne Schrammar

Seit dem 27. Januar 2008 sitzen auch im niedersächsischen Parlament fünf Fraktionen. Neben der CDU, der FDP, der SPD und den Grünen gelang mit 7,1 Prozent der Wählerstimmen erstmals in der Geschichte Niedersachsens der Linkspartei der Einzug ins Leineschloss. Die Reaktionen auf die neue Fraktion im Landtag sind bei den etablierten Parteien unterschiedlich, reichen von Kopfschütteln über Ignoranz bis hin zur Zusammenarbeit. Doch nach einem Jahr Parlamentsarbeit ist inzwischen so was wie politischer Alltag in Niedersachsen eingekehrt.

Hannover, 26. Februar 2008. Zur konstituierenden Sitzung des niedersächsischen Landtags singen alle neuen Abgeordneten das Deutschlandlied. Alle Abgeordneten? Nein, ganz links im Plenarsaal des Leinesschlosses brummt Manfred Sohn, einer der beiden Fraktionsvorsitzenden der Linken, einen anderen Text bei gleicher Melodie:

"Ich habe die Kinderhymne von Bertold Brecht gesungen, weil ich die textlich einfach viel toller finde. Wir sind ein Volk wie jedes andere. Das ist die Kernaussage dieser Hymne. Anmut sparet nicht noch Mühe, Leidenschaft, nicht noch Verstand. Dass ein gutes Deutschland blühe wie ein anderes gutes Land. Dass die Völker nicht erbleichen. Wie vor einer Räuberin. Sondern ihre Hände reichen uns wie anderen Völkern hin."

Der bekennende Marxist, der in seinem Abgeordnetenbüro gerne mal Birkenstockpuschen trägt und auf Dienstreisen in Jugendherbergen übernachtet, liebt die Provokation. Der 53-Jährige ist einer von zehn Fraktionsmitgliedern der Linken im niedersächsischen Landtag. Ursprünglich waren es elf. Doch nachdem DKP-Aktivistin Christel Wegner in einem Interview die Mauer und die Stasi gelobt hatte, musste sie als Fraktionslose auf der hintersten Bank des holzgetäfelten Plenarsaals Platz nehmen. Sie alle sitzen weit weg von David McAllister, dem Chef der stärksten Landtagsfraktion, der CDU. Genau wie sein Koalitionspartner, die FDP, möchte der 38-Jährige am liebsten gar nichts mit den Linken zu tun haben.

McAllister: "Die Linke besteht in Niedersachsen zur einen Hälfte aus ehemaligen Sozialdemokraten und Grünen, denen ich grundsätzlich auch eine demokratische Einstellung unterstellen würde. Sie besteht aber auf der anderen Seite aus strammen Kommunisten und Marxisten, alten DKP-Kadern und mit diesem Teil der Linken jede Form der politischen Zusammenarbeit grundsätzlich ab."

Wer David McAllister beobachtet, wird den Eindruck nicht los, es bereite ihm Vergnügen, wenn er den Linken zum Beispiel den gesetzlich zustehenden Sitz im Verfassungsausschuss verwehren will oder sie als "Feinde der Demokratie" beschimpft. Denn ums Regieren muss sich McAllister eigentlich keine Sorgen machen. Die Mehrheit für die CDU-FDP-Koalition ist auch nach dem Einzug der Linken mit 81 der insgesamt 152 Parlamentssitze stabil. Doch die politische Auseinandersetzung hat sich verändert und das fordert auch die Regierung heraus, sagt Landtagspräsident Hermann Dinkla, CDU. Mitunter haben die Linken in ihrem ersten Jahr im Parlament auch für Tumulte gesorgt. Eine Auseinandersetzung über eine Schülerdemonstration wurde so hitzig, dass Ministerpräsident Christian Wulff erbost aus dem Plenarsaal stürmte.

Landtagspräsident Dinkla: "Das ist schon eine lebendigere Debatte geworden durch das Anwachsen der Fraktionen. Hinzu kommen natürlich, dass durch die Präsenz der Fraktion die Linke auch mehr Potenzial für Auseinandersetzungen da ist. Es hat ja in der ersten Phase bewusste politische Provokationen auch gegeben in der Parlamentsarbeit, die zum Teil auf Unwissenheit beruhten, zum Teil aber durchaus darauf abgezielt haben, sich bemerkbar zu machen. Aber ich glaube, nach der ersten Phase ist da, was Parlamentsarbeit angeht, ein Stück weit Normalität eingekehrt."

Soll heißen: Die Linke fügt sich ins Alltagsgeschäft ein und CDU und FDP gehen nicht mehr ab wie ein HB-Männchen. Was die Oppositionsfraktionen im Landtag angeht, gilt auch in Niedersachsen das alte Motto: Konkurrenz belebt das Geschäft. So sind die Grünen plötzlich nicht mehr die einzigen, die sich gegen Atomkraft einsetzen - in Niedersachsen, wo es gleich drei potenzielle atomare Endlager gibt, ein wichtiges Thema. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen Stefan Wenzel nimmt den Wettbewerb mit den Linken jedoch gelassen:

"Die Linke ist im Bereich Atompolitik durchaus aktiv, und das ist im Landtag manchmal auch eine hilfreiche Unterstützung, wenn da kritische Stimmen aus mehreren Ecken kommen. Aber das Thema ist in der Partei längst nicht so stark verankert wie bei den Grünen."

Die SPD hingegen tut sich noch immer schwer mit der neuen Konkurrenz, die Sozialstaat pur predigt ohne Rücksicht auf Kassenlage und Marktwirtschaft. Vor allem die guten Kontakte der niedersächsischen Linksfraktion zu den Gewerkschaften gefallen den Sozialdemokraten gar nicht.

SPD-Fraktionsvorsitzender Wolfgang Jüttner: "Für uns ist es so, dass wir quasi chancenlos sind, mit den Linken um Fundamentalismus zu kämpfen. Die Linke kann immer etwas mehr fordern, sie kann immer etwas unberechenbarer sein und illusionärer, aber auch einige Anträge, die die Linken hier einreichen, sind ja im Kern fern jener Praxistauglichkeit."

Manfred Sohn, der linke Fraktionsvorsitzende, der vor ein paar Jahren noch zur Unterwanderung von Parteien aufgerufen hat, hat sich nach eigenen Angaben in seinem ersten Jahr im niedersächsischen Landtag zum begeisterten Parlamentarier entwickelt. Und das will er auch noch in der nächsten Legislaturperiode sein:

"Wir sind nicht nur gekommen, um zu bleiben. Wir sind gekommen, um zu bleiben und dieses Land zu verändern."

Das Beispiel Sachsen
Von Alexandra Gerlach

Seit der Landtagswahl im September 2004 ist es vorbei mit der Alleinregierung der CDU im Freistaat Sachsen. Sie musste sich nach einem dramatischen Einbruch bei den Wählerstimmen erstmals nach der Wende einen Regierungspartner suchen. Und: Aus 1 wurden 6. Die Zahl der Parteien im Landesparlament hatte sich verdoppelt. Statt der bislang der 3 Parteien, CDU, PDS und SPD zogen nun auch FDP und Bündnisgrüne sowie die rechtextreme NPD in den Landtag ein. Eine Zeitenwende an der Elbe, die zunächst nicht ohne Blessuren abging.

Als sei es gestern gewesen, erinnert sich die Fraktionschefin der Bündnisgrünen, Antje Hermenau, noch heute an die ersten Tage im Sechsparteien-Parlament in Dresden.

Zuspielung Parlamentspräsident: "Meine Damen und Herren, die Tagesordnung liegt Ihnen vor. Folgende Redezeiten hat das Präsidium festgelegt."

Für ihre eigene Partei bedeutete der Einzug in den Landtag einen Triumph, doch dann sei es für alle eine äußerst ungewöhnliche Situation gewesen, sagt sie in der Rückschau:

"Das war ein harter Weg. Die drei Alteingesessenen, die CDU, die Linke und die SPD, dachten ja, das Parlament gehört ihnen. Die hatten sich ja in ihren Gräben eingerichtet, hatten da jahrelang ihren Stellungskrieg gemacht, mussten nicht viel arbeiten, Hauptsache, sie waren im richtigen Graben verankert, und haben dann gedacht, das ist Politik. Und dann haben natürlich andere Parteien wie zum Beispiel wir oder die FDP den Laden ein bisschen aufgemischt."

Doch vor dem Aufmischen stand der Zwang zu einer Einigung. CDU, PDS, SPD, FDP und Bündnisgrüne suchten gemeinsam eine Strategie zum Umgang mit der rechtsextremen NPD. Als besonderes Hindernis sollte sich dabei die gewachsene, tiefe Feindschaft zwischen CDU und der sich damals noch PDS nennenden Linkspartei erweisen. Ein Pakt der demokratischen Parteien, Seite an Seite mit der PDS, schien manchen Christdemokraten undenkbar. Der heutige CDU-Fraktionsvorsitzende Steffen Flath erklärt:

"Wir sind im Umgang mit der NPD im Parlament sicherer geworden. Anfangs war das wirklich eine Katastrophe, eine völlig neue Situation, wo wir auch erst lernen mussten."

Katastrophal für die CDU-Fraktion sollte sich jedoch zunächst die Wahl des Ministerpräsidenten erweisen. Erst im zweiten Durchgang schafft es Georg Milbradt, nachdem beim ersten Wahlgang die NPD zwei Stimmen mehr erhielt als die Zahl ihrer Sitze im Landtag betrug. Nie wurde geklärt, wer die Abtrünnigen waren, Gerüchte schossen ins Kraut, Klarheit brachten sie nicht. Deutlich wurde daraus nur, dass die demokratischen Parteien sich künftig besser würden absprechen müssen, um dem braunen Spektrum im Landtag Grenzen zu setzen. Die vielen Parteien in einem Landtag seien hierbei ein Vorteil, meint Antje Hermenau von den Bündnisgrünen:

"Ja, man kann dadurch Überraschungsmomente schaffen. Die NPD kann sich da taktisch nicht einstellen, sie weiß nicht, ob jemand von der CDU oder von der SPD oder von den Grünen, der FDP oder den Linken sprechen wird. Das können die nicht einschätzen. Und sie wissen nicht, wie die Argumentation sein wird, sie wissen nicht, ob jemand von der Staatsregierung sprechen wird oder ob gar keiner sprechen wird, auch das wissen sie nicht."

Aus Sicht des Fraktionsvorsitzenden der Linksfraktion, André Hahn, hat die veränderte Parteienkonstellation im Landesparlament aber auch herbe Nachteile:

"Ich habe nach der Wahl 2004 gesagt, dass es vielleicht ganz gut ist, wenn frischer Wind in den Landtag kommt, da meine ich jetzt speziell die Grünen, partiell auch die FDP. Das Parlament ist interessanter geworden, aber es ist auch schwieriger für diejenigen geworden, die dem Landtag bislang angehörten."

Hahn beklagt vor allen Dingen, dass es für seine Partei in der Opposition deutlich schwieriger geworden sei, in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden:

"Wenn es dann Berichte gibt, dann greift man eben mal gern auf die Grünen zurück oder auf die FDP, die ja auch in der Opposition sind gegenwärtig. Und die Rolle, die wir vorher hatten, als klare Oppositionsführerin, die ist natürlich, wenn es dann drei Oppositionsfraktionen gibt, auch etwas anders geworden. Die Leute durchschauen natürlich auch nicht mehr so richtig, wer welche Position vertritt, und das ist dann natürlich auch in der medialen Widerspiegelung häufig problematisch."

Der Dresdner Politologe Werner Patzelt zählt die Linksfraktion neben der NPD gar zu den Verlierern des Sechs-Parteien–Parlaments in Sachsen:

"Verloren hat auch die PDS, die lange Zeit ja die markanteste Oppositionspartei im Landtag gewesen ist, die aber jetzt den ja nicht größer werdenden Anteil an öffentlicher Aufmerksamkeit und an massenmedialer Berichterstattung mit anderen Oppositionsparteien teilen muss und anscheinend noch nicht die Strategie gefunden hat, um verlässlich in der Konkurrenz mit den anderen Oppositionsparteien durchzudringen."

In der sogenannten Aktenaffäre um mutmaßliche mafiose Strukturen im Freistaat, die im Mai 2007 begann und das Land über ein Jahr in Atem hielt, versuchte die Links-Fraktion sich als Aufklärer zu profilieren. Doch selbst dies half nicht wirklich, die Popularität zu steigern. Es führte allenfalls zu heftigen Debatten im Landtag.

Da hat es sogar die SPD leichter. Obwohl sie bei der letzten Landtagswahl mit knapp unter zehn Prozent das schlechteste Landtagswahlergebnis aller Zeiten einfuhr, darf sie als Juniorpartner der großen Koalition in Sachsen auch im Landtag als Gewinner gelten. Aufmerksamkeit ist ihr gewiss. Aus Sicht des Politologen Werner Partzelt ist darüber hinaus vor allem der Bürger im Vorteil:

"Als demokratischen Gewinner könnte man die sächsische Bevölkerung bezeichnen, weil es nun auch im Freistaat Sachsen so ist, dass nicht eine Partei die politische Willensbildung gleichsam mit sich selbst erledigen kann, sondern sie ihre politischen Positionen zunächst mit einem Koalitionspartner abstimmen muss und einen wesentlich vielfältiger und folglich auch punktgenauer argumentierenden Chor von Oppositionsparteien sich anhören muss."