Wie informieren sich Flüchtlinge?

Radio und Fernsehen zu festen Zeiten

Flüchtlinge sitzen in einer Notunterkunft in einer Turnhalle auf Feldbetten.
Flüchtlinge in einer Notunterkunft in einer Turnhalle © picture alliance / dpa / Andreas Gebert
Von Kemal Hür · 08.01.2016
Für viele Flüchtlinge in deutschen Notunterkünften ist das Smartphone der einzige Zugang zu Nachrichten aus ihrer Heimat. Doch das ist oft teuer. Ein Besuch in einer Berliner Turnhalle zeigt: Aller Anfang ist schwer. Aber es soll besser werden.
Die Turnhalle in der Kreuzberger Lobeckstraße sieht von außen aus wie schon immer. Betritt man aber die Halle, erinnert nichts mehr an eine Sportstätte. Dreiviertel der Fläche ist mit weißen Stellwänden abgetrennt. Dahinter befinden sich Etagenbetten für 180 Frauen, Männer und Kinder. Es sind Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan, Pakistan, Eritrea, Iran und dem Irak. Seit Mitte November leben sie in dieser Notunterkunft. Sie haben keinen Fernseher und kein Radio. Es ist nicht leicht, sich über die Situation in ihren Heimatländern zu informieren.
Eine 21-jährige Syrerin zuckt mit den Schultern. Sie habe nicht mal mehr ein funktionierendes Smartphone, sagt sie auf Arabisch, würde aber gerne Nachrichten hören oder sehen; denn sie habe viele Verwandte in Syrien.
Die junge Frau mit dem knöchellangen schwarzen Kleid und dem hellgrauen Kopftuch ist mit ihrem Ehemann und vier Kindern vor anderthalb Monaten nach Deutschland geflüchtet und hat seitdem nichts mehr von ihren Verwandten gehört. Die meisten anderen Bewohner der Flüchtlingsunterkunft bekommen Informationen auf telefonischem Wege von Familienmitgliedern oder Freunden, so auch dieser 44-jährige Palästinenser aus Syrien:
"Ich weiß gar nicht, wie ich auf meinem Handy Fernseh- oder Radioprogramme empfangen kann. Ich schreibe meine Familie und Freunde über WhatsApp an. Und sie erzählen mir, wie es ihnen geht."
Kioske mit arabischen Zeitungen
So geht es den meisten Bewohnern der Flüchtlingsunterkunft. Der Mann ist mit seiner Frau und den gemeinsamen zwei Kindern vor zwei Monaten nach Berlin gekommen. Das Handy ist seine einzige Verbindung in die Heimat. Aber es ist für ihn sehr kostspielig. Denn in dieser Notunterkunft gibt es noch keinen freien Internetzugang. Ein Fernseher wäre gut, sagt der palästinensische Flüchtling. Er könnte im Speiseraum aufgestellt werden. Die Leiterin der Unterkunft, Jeannette Eichner, kann sich mit dieser Idee gut anfreunden. Aber bislang habe sich niemand mit diesem Wunsch an sie gewandt, sagt sie. Dennoch gebe es konkrete Planungen.
"Wir haben hier auch einen Anschluss, dass dann Zugang ist und Radio laufen kann. Allerdings nicht diese 24-Stunden-Beschallung, sondern wirklich zu festen Zeiten. Und das mit dem Fernsehen wäre dann entsprechend, also dass man feste Uhrzeiten festlegt. In diesem mittleren Bereich, so garagenähnlich, war die Überlegung, diesen Internetraum einzurichten. Das Konzept steht im Grunde schon, wo die Bewohner sich informieren können."
Es könne nicht mehr lange dauern, versichert Eichner, dann könnten sich die Bewohner auch über ihren neuen Wohnort informieren. Noch seien sie fast ausschließlich damit beschäftigt, ihren Aufenthalt in Berlin zu organisieren. Die Flüchtlinge geben auch selbst zu, dass sie so gut wie gar nichts über die Stadt wissen. Doch sie besuchen alle schon Deutschkurse – einige in der Notunterkunft, andere an Sprachschulen. Wenn sie dann selbständig die Stadt auskundschaften, werden sie auch die Kioske finden, wo sie arabische Zeitungen kaufen können.
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